Grüne sind unzufriedenNach der Einigung über das Sondervermögen herrscht Streit

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Ein Teilnehmer des Hamburger Ostermarschs hält ein Transparent mit der Aufschrift „Kein 100 Milliarden Euro Sondervermögen, kein neues Wettrüsten!“

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat sich am späten Sonntagabend mit der Union darauf verständigt, das Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro im Grundgesetz zu verankern. Doch während sich die FDP zufrieden zeigte, reagierten Sozialdemokraten und Grüne weniger begeistert. Die Zustimmung der Union ist notwendig, weil für eine Verfassungsänderung zwei Drittel der Stimmen in Bundestag und Bundesrat gebraucht werden.

Die Vereinbarung sieht im Kern vor, die volle Summe ausschließlich der Bundeswehr zukommen zu lassen. Diese Forderung hatten CDU und CSU für ihr Ja zur Bedingung gemacht. Langfristig soll das Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung zu investieren, „im mehrjährigen Durchschnitt erreicht“ werden – jeweils entsprechend den Anforderungen der Nato. Anders als von den Grünen gewünscht, wird von den 100 Milliarden Euro kein Geld in Cybersicherheit oder Zivilschutz fließen. Man gehe deshalb „nicht als Sieger vom Platz“, hieß es dort.

Baerbock brauchte 30 Minuten zur Bekanntgabe in den eigenen Reihen

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) brauchte Berichten zufolge am Sonntagabend mehr als die vereinbarten 30 Minuten Zeit, um das Verhandlungsergebnis vor der Bekanntgabe in die eigenen Reihen zu vermitteln; Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), unter dessen Leitung die mehrwöchigen Verhandlungen stattfanden, sprach von 20 Minuten zusätzlich.

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Der Verteidigungshaushalt seit 2012

Lindner sagte am Montag, die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) drei Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in Aussicht gestellte „Zeitenwende“ werde man nun „mit Taten unterlegen“. Er sagte weiter: „Eine lange Zeit der Vernachlässigung der Streitkräfte wird damit beendet.“ Da es sich um ein Sondervermögen handele, werde es zur Finanzierung weder Steuererhöhungen geben noch werde die Schuldenbremse angetastet. Bei zusätzlichen Ausgaben für Cybersicherheit und Zivilschutz gelte die Schuldenbremse hingegen – sprich: sie stehen unter Vorbehalt und müssen an anderen Stellen eingespart werden.

SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich: „Vollkommen falsch“

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich sprach im Deutschlandfunk mit Blick auf das Zwei-Prozent-Ziel von einer Unionsforderung, „eine vollkommen abstruse Kennziffer ins Grundgesetz festzuschreiben, um nachfolgenden Generationen aufzuerlegen, immer zwei Prozent zu erreichen“ - dies sei „vollkommen falsch“.

Bei den Grünen herrscht ebenfalls Unmut. Fraktionschefin Katharina Dröge sagte, es sei „gut, dass wir zu einer Einigung gekommen sind“. Aber „natürlich ist das Ganze ein Kompromiss“. Bei ihrer Weigerung, einen Teil des Sondervermögens in Cybersicherheit zu investieren, hätten CDU und CSU „nicht an der Sache orientiert“ verhandelt. Nun müsse Lindner Geld aus anderen Quellen bereitstellen; Dröge sprach von einem zweistelligen Milliardenbetrag.

„Zeitenwende nicht wirklich verstanden“

Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Agnieszka Brugger, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Es ist bitter und verschlechtert den ursprünglichen Gesetzesentwurf, dass Cybersicherheit, Zivilschutz und Ertüchtigung aufgrund des ideologischen Widerstands aus der Union jetzt nicht im Sondervermögen verankert werden konnten. Gerade mit Blick auf den IT-Raum und die Defizite beim Zivilschutz gibt es konkrete Gefahren, denen wir schnell und effektiv begegnen müssen.“ Für die Zeitenwende sei es „elementar, dass wir auch in diesen Bereichen liefern. Wer Zivilschutz und Cybersicherheit stiefmütterlich behandelt, hat die Zeitenwende nicht wirklich verstanden.“

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Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler, stellte die Einigung indirekt unter Vorbehalt. „Das Zwei-Prozent-Ziel kommt nicht ins Grundgesetz und steht auch im einfachen Gesetz nur maximal unkonkret drin“, sagte er dem RND. „Hier konnte sich die Union nicht durchsetzen.“ Das Sondervermögen habe überdies „kein Enddatum, und es ist realistisch nicht davon auszugehen, dass für sinnvolle Projekte in nur fünf Jahren das gesamte Geld abfließt“. Am Ende werde ohnehin „der Haushaltsausschuss über die konkreten Projekte der Bundeswehr beschließen und dabei sehr genau auf die Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit achten“. (rnd)

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