Kommentar zur Corona-PolitikDie Bund-Länder-Gipfel kennen keine Spielregeln

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Spahn und Merkel 070121

Angela Merkel (l.) und Jens Spahn im Kanzleramt

Das Spiel ist inzwischen bekannt: In der Woche vor einer Ministerpräsidentenkonferenz, in der über die weiteren Corona-Regeln entschieden werden soll, türmen die Länder Forderungen, Ideen und Hoffnungswerte auf, die sich aus der regionalen Sicht ergeben. Derweil blickt das Kanzleramt aus der Vogelperspektive auf die Infektionszahlen im gesamten Bundesgebiet und kommt zu ganz anderen Schlüssen.

Die Fronten bauen sich auf wie in dieser Woche das kalte Hochdruckgebiet und das warme Tiefdruckgebiet, die am Ende große Teile Deutschlands ins Schneechaos gestürzt haben. Erschwerend kommt hinzu, dass den Landesregierungen Wirtschafts- und Sozialverbände, Lehrer und Eltern, Kulturschaffende und viele andere auf den Füßen stehen und für die jeweilige Gruppe Hilfe oder Lockerungen fordern.

Ganz zu schweigen von jenen Landesregierungen, die sich in diesem Jahr einer Wahl stellen müssen und unpopuläre Entscheidungen vermeiden wollen. Im Kanzleramt hingegen sitzen mit der Kanzlerin und ihrem Kanzleramtsminister zwei Naturwissenschaftler, die nüchtern auf Kurven schauen und den Rat weiterer Wissenschaftler dazu einholen.

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Komplizierte Konflikte

So geht das schon ein ganzes Pandemie-Jahr lang. Die Interessenkonflikte zwischen Bund und Ländern sind vielschichtig und inhaltlich nachvollziehbar. Diese Frontstellung allein ist schon schwierig genug. Das Dickicht des deutschen Föderalismus und seine mangelnde Praktikabilität auf vielen Feldern macht die Lage zudem unnötig kompliziert.

Die Ministerpräsidentenkonferenz bestimmt inzwischen das öffentliche Leben. In der Verfassung findet sie neben Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat allerdings keine Erwähnung. Nun könnte man sich auf den Standpunkt stellen: Not kennt kein Gebot. Der große Nachteil dieser Ministerpräsidentenkonferenz aber ist, dass sie anders als die verfassungsmäßigen Gremien keinen Spielregeln unterliegt. Ihre Beschlüsse können umgesetzt werden oder nicht. Wer das Sagen hat, wird bei jedem Treffen neu ausgekämpft. Aus diesem Grund können diese Runden, die zu allem Überfluss auch noch stets als vertraulich eingestuft werden, es aber niemals bleiben, nicht zu befriedigenden Ergebnissen führen.

Dieses Agieren zwischen den Regierungen von Bund und Ländern ist typisch für die Organisation des Föderalismus. Obwohl das Verhältnis zwischen Bund und Ländern ein Dauerbrenner auf der politischen Tagesordnung ist, gibt es keine zufriedenstellende Regelung. Gleichgültig, ob es um die Bekämpfung einer historischen Krise wie der Corona-Pandemie geht, ob das Bildungssystem verbessert, die Krankenhauslandschaft neu organisiert, Datenschutz gewährleistet werden soll oder das Land vor Terror geschützt werden muss, immer sind Bund-Länder-Zuständigkeiten im Weg, schnelle, praktikable und sinnvolle Lösungen zu finden. Das muss sich grundlegend ändern.

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