Europa-Partie in BelgradSo will der FC auch ohne Fans gegen Partizan antreten

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FC Belgrad Training

Die Profis des 1. FC Köln im Stadion von Partizan

Belgrad – Die FC-Fans im Flugzeug zogen am Mittwochmorgen nach der Landung auf dem Belgrader Flughafen Nikola Tesla ihre roten Trikots vorsichtshalber gleich aus, als Kölner verhält man sich in Belgrad in diesen Tagen lieber unauffällig. Die Anhänger des FC Partizan sind berüchtigt, außerdem sind Kölner grundsätzlich unerwünscht. Zumindest, wenn es nach den Vorstellungen der Uefa geht. Der Verband verhängte nach den Ausschreitungen in Nizza (1:1) eine Auswärtssperre gegen den 1. FC Köln, am Donnerstagabend (18.45 Uhr/RTL+) wird der Bundesligist also ohne die Unterstützung seiner Fans versuchen müssen, besser gegen Partizan abzuschneiden als beim 0:1 vor einer Woche in Köln.

Den Kölnern wurde untersagt, ihre Anhänger mit Tickets für die Gruppenspiele in Belgrad und beim 1. FC Slovacko zu versorgen. Die Strafe der Uefa bezieht sich allerdings nur auf den Ticketverkauf. Reisebeschränkungen gibt es selbstverständlich weiterhin nicht.

So bleibt es jedem FC-Fan grundsätzlich selbst überlassen, die Reise nach Serbien anzutreten. Der Verein riet allerdings „aus Sicherheitsgründen mit großem Nachdruck allen Fans davon ab, Karten für die Partie in Belgrad beim Heimverein zu erwerben oder ohne Tickets nach Belgrad anzureisen“.

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Stadion wird nicht ausverkauft sein

Das Stadion wird nicht ausverkauft sein, obgleich nicht alle Plätze zur Verfügung stehen: Auch Partizan ist mit einer Sperre belegt, 6000 Plätze musste der Klub blockieren, weil sich serbische Fans beim Spiel gegen Nizza „diskriminierend“ verhalten hatten, wie die Uefa mitteilte. Abzüglich der 1500 Gästekarten, die Köln nicht abnahm, gingen rund 25000 Tickets in den Verkauf. 200 Karten hätten die Kölner als internes Kontingent der Uefa für Mitarbeiter und Funktionsträger erhalten, nur 50 nahmen sie ab.

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Training vor dem Spiel in Belgrad: Trainer Steffen Baumgart und seine Mannschaft.

„Es wären bestimmt fünf, sechstausend Kölner gekommen. Wir wollen alles daran setzen, mit unseren Fans noch ein Auswärtsspiel zu erleben. Damit fangen wir morgen an, daher machen wir uns nicht so viele Gedanken, dass sie morgen nicht bei uns sein können“, sagte Steffen Baumgart am Mittwoch.

 Der Ort jedenfalls hätte tatsächlich eine große Kulisse verdient: Das Stadion wurde im Jahr 1949 eröffnet und seitdem nur punktuell und eher oberflächlich renoviert. Das Flair ist sehr ursprünglich, in den Innenräumen riecht es nach feuchten Fußballschuhen und Zigaretten. Die Tribünen sind nicht überdacht, der Rasen ist wellig. Vier gewaltige und verblüffend rostige Flutlichtmasten erleuchten die Szenerie. „Das ist Tradition, das ist alter Fußball. Es macht Spaß, so etwas zu sehen. Es ist ehrwürdig, ich find’s hammer“, sagte Steffen Baumgart nach dem Abschlusstraining am Mittwochabend.

Wie viele Kölner tatsächlich die Reise antreten werden, ist offen. Die Ansetzungen waren veröffentlicht, bevor die Uefa ihr Urteil fällte. Viele Fans hatten daher bereits Flüge und Hotels gebucht, bevor sich herausstellte, dass sie keine Tickets würden kaufen können – jedenfalls nicht aus dem offiziellen Gästekontingent. Ihre Reise-Arrangements aufzugeben, dürfte vielen Fans schwerfallen – schwerer womöglich, als eine Reise ins Ungewisse anzutreten. Einige Hundert Kölner dürften es werden.

Der 1. FC Köln steht in der Conference League unter Druck

Die Kartensituation ist jedoch schwierig. Ticketbestellungen aus Deutschland sind gänzlich storniert. An den Schaltern am Stadion wurde am Mittwoch ausschließlich an Serben verkauft. Auch die Heimfans werden das Stadion nicht füllen, trotz einer Serie von nur einer Niederlage in 15 Pflichtspielen.

Sportlich hat sich die zuvor blendende Lage für den FC durch die Heimpleite gegen Partizan deutlich eingetrübt. Nach vier Punkten aus drei Spielen braucht Köln nun Siege. „Von den letzten drei Spielen sollten wir mindestens zwei gewinnen, um weiterzukommen. Das halte ich für möglich“, sagt Keller.

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Gewinnen die Kölner die drei ausstehenden Spiele, steht Baumgarts Mannschaft als Gruppensieger im Achtelfinale. Platz zwei bedeutete die Zwischenrunde gegen einen Gruppendritten der Europa League – und damit ein Bonusspiel, um das Fernweh der Kölner Fans zu stillen und die Kassenlage durch ein ausverkauftes Rhein-Energie-Stadion zu entspannen.

Jan Thielmann fehlt erkrankt

Der Kölner Kader ist ein wenig ausgedünnt. Jeff Chabot und Mathias Olesen sind nach Sprunggelenks-Verletzungen gerade erst wieder ins Einzeltraining eingestiegen. Jan Thielmann fehlt weiter krank, den Offensivmann plagt ein Virus, wenn auch nicht „das Virus“, wie Steffen Baumgart präzisierte. Sebastian Andersson fehlt nach Knie-OP und Tim Lemperle wegen Fußproblemen. Im Derby am vergangenen Sonntag bei Borussia Mönchengladbach kam noch Dejan Ljubicic hinzu, der Österreicher erlitt eine Knieverletzung und fällt lange aus, Steffen Baumgart sprach am Mittwochabend von „zehn bis zwölf Wochen Pause“, allerdings wird der Mittelfeldspieler zunächst nicht operiert.

Gute Stimmung trotz Derby-Pleite

Die Stimmung im Team sei auch nach dem 0:1 gegen Partizan und dem 2:5 im Derby in Mönchengladbach weiterhin gut, sagt Jonas Hector:  „Niederlagen gibt es im Fußball, wir haben das abgehakt“, erklärte der Kapitän nach dem Training am Mittwoch. Vor einer Woche war Belgrad in Köln früh in Führung gegangen und hatte sich anschließend als außerordentlich unbequemer Gegner erwiesen. „Ich hoffe, dass das Spiel ein bisschen offener wird und wir mehr Räume haben. Wir wollen versuchen, unseren Plan auf den Platz zu bringen und das Spiel zu gewinnen.“

Der Kapitän wird am Donnerstag auflaufen, wenngleich damit zu rechnen ist, dass Steffen Baumgart auch Leistungsträger schont. Hector befürwortet die Rotation. „Die Belastung ist schon knackig. Das ist für uns nicht alltäglich“, erklärt Hector, betont aber auch den Wert der Wechsel für die Chemie im Kader: „Jeder weiß, dass er seine Minuten bekommt. Das ist wichtig, und wir haben auch den Kader dafür.“

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