Voltigier-Trainer Looser und Memarian„Wir kämpfen um unsere Zukunft“

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Gold in North Carolina holte das Kölner Team Norka auf Danny Boy, hier mit Jana Zelesny (oben), Justin van Gerven und Corinna Knauf

Herr Looser, Herr Memarian, Sie waren im September mit Ihrem Kölner Voltigier-Team und  zwei Pferden bei den Weltreiterspielen in North Carolina. Haben die Tiere die Flugreisen gut überstanden?

Patrick Looser: Ja, sehr gut. Für Pferde ist es im Grunde besser zu fliegen als viele Stunden auf dem LKW zu stehen. Denn es ist ein viel ruhigeres Reisen.

Ihre Sportler aus Dünnwald haben drei Medaillen mitgebracht: Gold im Team und im Nationenpreis, Bronze im Herreneinzel. Entsprach das Ihren Erwartungen? Bamdad Memarian: Wir haben natürlich von Gold geträumt. Und es hat  geklappt, die Sportler waren mental so stark. Ich war mit jeder Runde zufrieden. Der Plan ist voll aufgegangen.

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Wie kamen Sie beim amerikanischen Publikum an? Memarian: Die Halle war zwar nicht bis auf den letzten Platz gefüllt, aber die Stimmung war gut. Unser Team Norka hatte in der Kür eine Filmmusik, „Now you see me“, „Die Unfassbaren“, die sehr gut ankam, echt Hollywood halt. Außerhalb der Halle wurden wir megaoft angesprochen, das war schon cool.

Voltigieren ist nicht besonders bekannt in Deutschland, viele halten es für einen Kindersport, falsch? Looser: Das ist falsch, ja. Viele denken, es ist nur eine Einstiegssportart fürs Reiten, eher für Mädchen. Es hat sich aber extrem gewandelt, vor allem seit den Weltreiterspielen 2006 in Aachen. Nach dem Erfolg, den das Voltigieren da beim Publikum hatte, ist es alles noch viel professioneller geworden. Wir waren früher innerhalb des Reitsports eine Randsportart, mittlerweile sind wir sehr etabliert und werden ernst genommen. Wir haben in unserer ersten Mannschaft ein 14-jähriges Mädchen, Jana Zelesny, sie ist quasi unser Flieger, sie wird in der Kür da oben im höchsten Stock herumgewirbelt. Alle anderen sind Erwachsene.

Zu den Personen

Patrick Looser, geboren 1984 in Gossau/Schweiz.  Weltmeister 2010.  Seit 2012 Trainer und Longenführer in Köln.

Bamdad Memarian, geboren 1988 in Siegen; Sportwissenschaftler. Doppel-Europameister 2009, seit 2016 Trainer in Köln. (cm)

Man muss als Voltigierer Turner sein und Reiter? Looser: Turner muss man sein und ein sehr gutes Gefühl für Pferde haben. Es ist aber nicht so, dass alle Voltigierer wirklich reiten können. Memarian: Sie können sich natürlich alle in einen Sattel setzen, sich oben halten und ein Ründchen durch die Halle galoppieren. Aber richtig Reiten, also arbeiten mit dem Pferd und es gymnastizieren, das ist eine ganz andere Sache. Nicht jeder Voltigierer kann das.

Und Voltigierpferde müssen groß und stark sein? Wie Ihr riesiger Oldenburger  Danny Boy mit einer Schulterhöhe von 1,83 m, auf dessen Rücken das Team Norka turnt? Looser: Groß ist so eine Sache, die Pferde müssen großrahmig sein. Uns ist lieber, dass das Pferd etwas kompakter und gut bemuskelt ist. Dazu ist viel dressurmäßige Reitarbeit notwendig, auch der ein oder kleine Gymnastik-Sprung. Also eine vielseitige Beschäftigung mit dem Pferd.

Wie fangen Sie an? Nicht jedem Pferd gefällt es, dass Leute auf seinem Rücken herumturnen. Looser: Wenn wir Pferde ausprobieren, merkt man sehr schnell, ob  sie daran Spaß haben. Manche sind ein bisschen kitzeliger hinten auf der Kuppe. Dann geht es schon mal hoch. Andere haben  vorn ein wenig Angst, wenn sie auf einmal einen Fuß oder eine Hand neben dem Kopf haben. Man merkt schnell, ob es das Pferd nicht mag, weil es das nicht kennt, sich aber daran gewöhnen kann. Oder weil es grundsätzlich Angst davor hat. Dann ist es nicht geeignet.  Als erfahrener Voltigierer findet man das schnell heraus.

Herr Looser, 2010 waren Sie Weltmeister. Kai Vorberg, Weltmeister von 2006 und inzwischen Disziplintrainer bei der deutschen  FN, gehört auch noch zum Verein Dünnwald.  Fühlen Sie sich Sie sich in Köln ausreichend gewürdigt? Looser: In dieser Woche haben wir einen Brief von OB Henriette Reker bekommen, in dem sie uns zu unseren Erfolgen bei den Weltreiterspielen gratuliert. Darüber haben wir uns natürlich gefreut, zum ersten Mal  haben wir so etwas gekriegt. Das erste, was wir aber gleich nach unserer Rückkehr erhielten, war ein Brief vom Liegenschaftsamt, das die Halle schließen will, in der wir unser Turntraining machen.

Warum das? Looser: Es ist eine Geschichte, die uns seit fünf Jahren begleitet. Wir kämpfen um unsere Zukunft, darum, unsere Vereinstätigkeit  für unsere 170 Mitglieder auf eine langfristige Basis zu stellen.  Aber das ist nicht möglich. Wir haben für unsere Anlage immer wieder Dreijahres-Verträge mit Bedingungen  bekommen, die wir versuchen  zu erfüllen. Mit viel Zeitaufwand, wir sind Ehrenamtler.

Worum geht es? Looser: Es geht einerseits um unsere Anlagen, die dem Liegenschaftsamt gehören. Sie stehen auf einer ehemaligen Mülldeponie aus den 50er Jahren, und man befürchtet in den geschlossenen Räumen eine zu hohe Belastung mit Gasen, die es aber nicht gibt, es ist oft geprüft worden. Bei keiner Messung bestand jemals Gefahr für Leib und Leben. Wenn es anders wäre, würden wir hier niemals Kinder trainieren lassen. Andererseits geht es um  Neubauten auf einem benachbarten Grundstück des Sportamtes, das uns unterschützt, wo es geht. Hier müssen diverse Umweltauflagen erfüllt, es gibt dort zum Beispiel Zauneidechsen, die geschützt werden müssen. Ständig wechseln die Ansprechpartner der Stadt. Ich würde mir wünschen, mich endlich mit allen beteiligten Ämtern, Sportamt, Umweltamt, Liegenschaftsamt und Unterer Landschaftsbehörde, an einen Tisch setzen zu können, um  eine Lösung zu finden.

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