Deutsche-Reihenhaus-Chef kritisiert OB„Reker interessiert sich nicht fürs Bauen“

Lesezeit 7 Minuten
Arnold Mauer

Daniel Arnold, Gesellschafter und Aufsichtsratsvorsitzender Deutsche Reihenhaus AG

  • Daniel Arnold wirft der Stadt Köln vor, keine guten Bedingungen für neuen Wohnraum zu schaffen.
  • „Mit Wohnraum kann man keine Wahl gewinnen”, sagt der Gesellschafter und Aufsichtsratsvorsitzender der Deutsche Reihenhaus AG.
  • Im Interview spricht er über die Schockstarre bei Reihenhaus-Kunden und die Frage, ob Preise für Immobilien demnächst sinken werden.

Köln – Daniel Arnold, Gesellschafter und Aufsichtsratsvorsitzender der Deutsche Reihenhaus AG, kritisiert im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ die Verfahren für Baugenehmigungen. Wohnraum und Stadtentwicklung seien in Köln vernachlässigte Themen. Herr Arnold, was halten Sie von Mietpreisbremse und Mietpreisdeckel?

Daniel Arnold: Als Bürger, auch wenn mir was nicht gefällt, muss man schauen, ist es gut gemacht? Auch wenn es mir als Unternehmer vielleicht wehtut. Es ist fair, wenn es alle trifft. Das wäre für mich die Mietpreisbremse. Der Mietpreisdeckel aber, wie es ihn in Berlin gibt, ist ein planwirtschaftliches Element. Wir leben aber in der Marktwirtschaft. Wenn wir als Betroffene dagegen wettern, wird gesagt: Ihr wollt ja nur noch mehr Milliarden scheffeln. Ich habe Freunde in Berlin, promoviert, verdienen sehr gut, Double Income, no Kids, die wohnen in einer wunderschönen Altbauwohnung, mitten in Berlin. 19 Euro pro Quadratmeter. Sagt mein Freund: „Du, das ist total mega: aber ab nächsten Monat zahle ich 12,50 Euro, ich verstehe gar nicht warum?“ Die Fehlallokation, die man mit dem Mietpreisdeckel erreicht, verstehe ich gar nicht. Der Zweck heiligt für mich hier nicht die Mittel.

Wie sehen Sie die energetischen Förderungen, brauchen wir eine Eigenheimzulage?

Alles zum Thema Henriette Reker

Unsere Kunden haben teilweise von den zinsgünstigen Darlehen der KfW für förderfähige Häuser profitiert. Später auch von den Tilgungszuschüssen, als die Zinsen so niedrig waren, dass die Darlehen nicht mehr attraktiv waren. Das haben unsere Kunden sicher mitgenommen, aber es ist eben ein Mitnahmeeffekt, der meiner Meinung nach keine einzige neue Wohnung geschaffen hat. Man kauft halt kein Haus, weil es am Ende der Laufzeit einen Tilgungszuschuss von 20.000 Euro gibt. Das war das Gleiche mit der Eigenheimzulage. Ich dachte bei der Abschaffung, uns bricht der ganze Absatz ein. Wir haben aber im Januar nach der Abschaffung ganz normal verkauft. Ein reiner Mitnahmeeffekt. Ich selbst als Unternehmer habe sie bekommen, das machte ja überhaupt keinen Sinn. Banken haben sie oft auch gar nicht angerechnet, höchstens als Eigenleistung. Sie hat den Kreis der Eigenheimbesitzer überhaupt nicht vergrößert.

Zur Person

Daniel Arnold ist Aufsichtsratsvorsitzender und Gesellschafter der „Deutsche Reihenhaus AG“ mit Sitz in Köln. Die Firma ist allen Ballungsräumen bundesweit tätig. Er hat 11.500 Eigenheime in 400 Wohnanlagen gebaut. 1899 legte Ur-Ahn Anton Arnold den Grundstein für die Firmengeschichte.

War die Einstellung der BEG-Förderung (Bundesförderung für effiziente Gebäude) ein Fiasko?

Ja, das war sie. Wir hatten 600 Anträge gestellt, die großteils nicht bearbeitet waren, als die Förderung gestrichen wurde. Da ging es um einzelne Tage, für uns ging es um einige Millionen Euro. Eine Enttäuschung. In einem Antrag war ein simpler Zahlendreher, der für uns 1,6 Millionen weniger Förderung bedeutet. Anpassen dürfen wir den nicht. Aber es ist schon intelligent. Die Förderung ist schließlich kein Rechtsanspruch. Damit retten die sich. Aber die politische Wirkung ist nicht da. Ein Mitnahmeeffekt, der über 20 Milliarden gekostet hat. Aber es wurde kein Wohnraum mehr geschaffen. Das nächste Förderprogramm vom Januar wurde im Sommer von Robert Habeck schon wieder kassiert, oder der Tilgungszuschuss von 30 auf fünf Prozent reduziert. Wie soll man denn da noch ein Projekt planen?

Aber was würde denn mehr Wohnraum schaffen?

Da bin ich als Unternehmer überfragt. Der Föderalismus ist stark ausgeprägt. Die Baugenehmigungen erteilen die Kommunen. Genehmigungen schaffen Wohnraum. Wir arbeiten in 200 Gemeinden, das Verfahren ist überall anders. Mal entscheidet der Bürgermeister, mal die Verwaltung. In der Stadt mit K interessiert sich Frau Reker wenig dafür. Eine Oberbürgermeisterin sollte sich für die Entwicklung ihrer Stadt aber ganz besonders interessieren. Bauen ist nicht ihr Thema. Der Düsseldorfer OB Joachim Erwin hat die Stadt gebaut und entwickelt, der heutige Stephan Keller tut dies auch. Das ist die richtige Herangehensweise. Auch Olaf Scholz als Erster Bürgermeister von Hamburg hat das Bauen massiv vorangetrieben. Nach dem Motto: „Erzählt mir nicht, wie es nicht geht. Wir machen es einfach!“ In Köln macht das niemand.

Was ist das Problem beim lokalen Bauen?

Lokalpolitiker wollen wiedergewählt werden. Neubaugebiete aber produzieren Verkehr und Dreck. Daher stellen sich viele Politiker bei Projekten auch auf Bezirksebene in Köln dagegen, um die etablierten Bürger und ihre Stimmen zu bekommen. Aber so entsteht wieder kein Wohnraum. Mit Wohnraum kann man keine Wahl gewinnen. Die Wähler, die den Bürgermeister wählen, haben ja schon eine Wohnung und wollen vielleicht nicht schon wieder neue Nachbarn. Deswegen setzt Henriette Reker eben auf das Thema Verkehr, nicht aufs Bauen. Die großen Themen der Stadt sind nicht die Falschparker rund um den Dom. Und die Ebene unter Reker ist häufig uneinig und dadurch langsam.

Also nochmal, was schafft denn nun Wohnraum?

Wir brauchen mehr Baugenehmigungen.

Mehr oder schnellere?

Das ist für mich das Gleiche.

Wie lange dauern die?

Das ist unterschiedlich. Ein B-Plan dauert in Großstädten sicherlich mindestens fünf bis zehn Jahre. Eindeutig zu viel. Ich habe elf Jahre in Poll gewohnt. Dort sollen 400 Wohneinheiten entstehen. Da war 2006 der Aufstellungsbeschluss. Erst 2021 wurde angefangen zu bauen.

Wie werden sich die verdreifachten Zinsen für den Baumarkt auswirken?

Wir haben im ersten Halbjahr deutlich weniger Reihenhäuser verkauft als im ersten Halbjahr des Vorjahres. Es geht uns noch gut, ich glaube, dass wir das wieder aufholen. Das langjährige Mittel der Bauzinsen seit dem Zweiten Weltkrieg liegt bei sieben Prozent. In den letzten zehn Jahren hatten wir ein Paradies für Bauherren – das war aber nicht normal. Früher waren die Tilgungen auch bei einem Prozent, und nicht wie in den vergangenen Jahren bei drei oder vier Prozent. Die Tilgungsraten werden einfach nach unten angepasst.

Haben Häuslebauer der vergangenen Jahre nun richtig oder falsch gehandelt?

Ein Beispiel: Wir haben hier in Köln 30 Reihenhäuser erschlossen, das war 2010. Ein Mitarbeiter hat eines gekauft für 200.000 Euro. Der hat das jetzt für 600.000 Euro verkauft, und weil es eigengenutzt war, ist der Gewinn auch noch steuerfrei. Der Gewinn von 400.000 in dem Zeitraum ist mehr, als er in dem gesamten Zeitraum bei mir als Nettogehalt hatte. Nur in Köln ist das leider nur das Eigenkapital für etwas Größeres.

Was passiert aktuell auf dem Baumarkt für Reihenhäuser?

Die Kunden sind in Schockstarre, unter anderem wegen der schnell gestiegenen Zinsen. Die sind zum Jahresbeginn zur Bank, haben nach einem Kredit gefragt. Dann haben sie eine Zusage über 500.000 bekommen und haben angefangen zu suchen. Der Suchprozess hat drei Monate gedauert, dann hatten sie sich entschieden. Aber zurück bei der Bank hieß es wegen der Zinsen: Entweder der Kunde zahlt 500 Euro mehr im Monat oder er sucht ein neues Haus für 350.000, was es in Köln nicht gibt. Das ist der Grund für die momentane Schockstarre.

Ab welchem Zins wird es denn kritisch?

In den 1990er Jahren lag der Darlehenszins bei bis zu neun Prozent und es wurde dreimal so viel gebaut wie 2021. Der Markt bricht nicht zusammen, wenn der Zins auf fünf Prozent steigt. Empirica hat errechnet, dass die Zahl der Jahreseinkommen, die ein Bauherr braucht, um eine Immobilie zu erwerben, von 1994 bis 2020 kontinuierlich gefallen ist. Was wir in den vergangenen zwei Jahren gesehen haben, war natürlich Wahnsinn. Es gibt keinen Zins, bei dem es knallt. Es gibt eben Menschen, die gern im Eigentum leben wollen, und die werden auch bei zehn Prozent Zinsen Eigentum kaufen. Die Preise kommen dann wieder runter. Wir haben nur eine Schockstarre, weil es so schnell ging.

Wie stark kommen denn die Preise wieder runter?

In Ballungsgebieten werden wir kaum sinkende Preise erleben, außer bei Luxusimmobilien, von denen auch in Köln zu viele auf den Markt gekommen sind, bei mehr als 12.000 je Quadratmeter. Ansonsten kommen die Preise leicht runter.

Wo kommen die Preise runter?

In Düren hätten wir vor fünf Jahren nicht gebaut. Heute schon. Weil die Leute dort kaufen. Dort sind sie schon niedrig. Wir haben auch in Bedburg viel gebaut. Am Stadtrand ist es angezogen, und jetzt kommt es wieder leicht zurück. Die Nachfrage nach Immobilien ist laut Immoscout um 20 Prozent gefallen, und das Angebot um 20 Prozent gestiegen. Aber das ist eine Momentaufnahme. Sollten die Preise aber auf breiter Front sinken, hoffen die Käufer auf noch stärker fallende Preise und halten sich noch stärker zurück.

Werden Menschen ihre Häuser verramschen müssen?

Nein, das sehe ich nicht, wir haben keine amerikanischen Verhältnisse mit variablen Zinsen. Banken haben die Laufzeiten verlängert, häufig mit 20 Jahren Zinsbindung. Wir haben drei Prozent Zinsen, nicht acht. Es laufen nicht die Darlehen der letzten fünf Jahre aus, sondern die von davor, die schon viel getilgt haben oder höhere Zinsen kennen. Es passiert gar nichts und die Beleihungswerte sind durch den Wertzuwachs ja deutlich gestiegen.

KStA abonnieren