Erst Haftbefehl, jetzt InsolvenzDrama um Aachener Modehaus trifft Leverkusen und Brühl

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Kaufhof, City A, Wiesdorf, Fußgängerzone. Foto: Ralf Krieger

In den Schaufenstern des ehemaligen Kaufhofs in der Leverkusener Fußgängerzone wirbt Aachener für den Standort, der noch nicht eröffnet wurde.

Seit Wochen ist der Aachener-Gründer untergetaucht. Nun hat sein Unternehmen, der vermeintliche „Galeria-Retter“, Insolvenz angemeldet.

Zweifel gab es immer – trotzdem galten die Modekette Aachener und ihr Chef und Gründer Friedrich Wilhelm Göbel lange als Hoffnungsträger für die Fortführung von sechs ehemalige Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK).

Lage ernster als gedacht

Nun musste Aachener Insolvenz anmelden. Das teilte der seit Anfang der Woche amtierende Geschäftsführer Oliver Nobel den mehr als 360 Mitarbeitern des Unternehmens mit. „Nach aktuellem Stand der Dinge ist nicht mehr sichergestellt, dass wir fällige Verbindlichkeiten noch termingerecht und vollständig begleichen können“, heißt es in dem Schreiben an die Mitarbeitenden, aus dem das Handelsblatt zitiert. „Um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Aachener wieder herstellen zu können, habe ich heute beim zuständigen Amtsgericht in Dortmund Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens gestellt.“

Die Lage des erst 2022 gegründeten Unternehmens war offenbar sehr viel ernster als gedacht. Nobel muss nun mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter die TEH Textilhandel GmbH, zu der die Modekette Aachener gehört, aus der Schieflage retten. Und das ohne den Gründer, Friedrich-Wilhelm Göbel. Der wird per Haftbefehl gesucht und ist seit Monatsanfang auf der Flucht vor den Behörden.

Aufgeben will man bei Aachener aber offenbar trotz Insolvenz noch nicht. Geschäftsbetrieb und Verkauf sollen in allen bereits eröffneten Filialen fortgeführt werden. Aachener betreibt acht eigene Filialen, die mit rund 280 Beschäftigten weiter geöffnet bleiben sollen. Schwieriger dürfte es für die sechs ehemalige Galeria-Standorte werden. Für die Filialen in Coburg, Cottbus, auf der Frankfurter Zeil, in Nürnberg-Langwasser, Dortmund, Saarbrücken und Leverkusen seien bereits Mietverträge unterzeichnet worden. Rund 90 frühere Mitarbeitende von Galeria wurden offenbar eingestellt.

Folgen für Standorte in der Region ungewiss

In Leverkusen soll „Aachener“ in das ehemalige Kaufhof-Gebäude in Leverkusen-Wiesdorf einziehen. Auch wenn Arbeiten am und im Gebäude ersichtlich sind, hatte sich der Einzug immer wieder verzögert. Doch es gibt nach wie vor keinen fixen Öffnungstermin. Die Stadt Leverkusen hatte selbst die Initiative ergriffen und das Gebäude jüngst gekauft und dabei noch mit Aachener als Mieter geplant.

Der Leverkusener Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) sagte, die Insolvenz bedeute „nicht automatisch das Aus des Modehauses Aachener“. Für die Flächen des ehemaligen Kaufhofs brauche es eine Lösung: „Ein Modehaus ist sicherlich ein guter Frequenzbringer für den Bereich am unteren Ende der Fußgängerzone.“

Firmenchef Nobel betont: „Für die noch nicht eröffneten Filialen prüfen wir die Möglichkeiten einer zeitnahen Eröffnung“. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeitenden seien über das Insolvenzgeld bis Januar 2024 gesichert.

In Leverkusen dürfte die Zukunft von rund 100 Personen an der Entscheidung über eine Eröffnung von Aachener hängen. Diese Zahl Beschäftigter hatte Friedrich-Wilhelm Göbel im April im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ als Ziel für den Standort ausgegeben. Zuvor waren bei Galeria in Leverkusen 65 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, zu 85 Prozent Frauen – das war der Stand im September 2022. Göbel hatte erklärt, er wolle ein Kaufhaus eröffnen, „wo es wieder Spaß macht, reinzugehen, wo es ein interessantes Sortiment gibt und Mitarbeiter, die auf Sie zugehen.“

Im Modehaus Aachener in Brühl ging der Verkauf am Freitag trotz der Insolvenz des Unternehmens weiter. Aachener hatte das Geschäftsgebäude, das jahrzehntelang von Kaufhof betrieben wurde, erst im August vergangenen Jahres übernommen.

Gründung von Aachener nach Rauswurf bei Sinn

Unternehmensgründer Göbel ist derweil weiterhin untergetaucht. Das Amtsgericht Hagen hatte den Haftbefehl gegen den 60-Jährigen ausgestellt. Er muss sich des Vorwurfs der falschen eidesstattlichen Versicherung gegenüber dem Gerichtsvollzieher in zwei Fällen vor Gericht stellen, erschien aber nicht zum Termin.

Göbel hatte die Aachener erst zu Beginn des Jahres 2022 gegründet. Laut Handelsblatt beläuft sich der Umsatz im aktuellen Geschäftsjahr auf rund 26 Millionen Euro, im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022 auf gut zwölf Millionen Euro. Vorher war Göbel einige Jahre für Sinn tätig – bis zu seiner Entlassung 2021 durch seine Ex-Frau, der das Unternehmen gehört. Medienberichten zufolge habe es zwischen den beiden einen deftigen Rosenkrieg gegeben. Der Geschasste gründete schließlich seine eigene Modekette, die in einem ähnlichen Segment unterwegs ist wie Sinn. Aachener bietet Mode, Schuhe und Accessoires an, vor allem im gehobenen Mainstream. Zu den Marken zählen unter anderem Betty Barclay, Brax, Gerry Weber, Joop!, S.Oliver und Wellensteyn.

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