Größte Fläche aller Zeiten, ausgebucht und die unangefochtene Nummer eins: Bei der Anuga 2025 werden wieder Vertragsabschlüsse in Milliardenhöhe getätigt.
Ernährungsmesse in KölnDie Anuga 2025 will alle Rekorde brechen

Die globale Food-Community kommt Anfang Oktober nach Köln auf die Anuga. Laut Ausrichter gibt es bei den Ausstellern ein leichtes Plus.
Copyright: Koelnmesse
Die Anuga 2025 vom 4. bis 8. Oktober in Köln bricht nach Angaben von Gerald Böse alle Rekorde: Die Messe will das gesamte Areal in Deutz einschließlich des neuen Kongresszentrums nutzen und ist ausgebucht. „Das hier sind die Olympischen Spiele der Ernährungsbranche“, sagt der Chef der Messe Köln. Dass die zufällig am gleichen Wochenende wie der Köln-Marathon mit mehr als 36.000 Teilnehmenden stattfindet, der auch in Deutz startet, ist im Gegensatz zu früheren Jahren offenbar kein Problem. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Lässt sich die Begeisterung des Messe-Chefs mit Zahlen belegen?
Ja. Die Anuga 2025 ist ausgebucht, sie wird das komplette Messegelände einschließlich des neuen Kongresszentrums in Anspruch nehmen. Und das sind immerhin 290.000 Quadratmeter Bruttofläche. Erwartet werden rund 8000 Aussteller aus 110 Ländern. Die Zahl der Fachbesucher wird mit 140.000 aus nahezu 195 Ländern beziffert. Zum Vergleich: Die UNO hat 193 Mitgliedsstaaten und zwei mit Beobachterstatus: Palästina und die Vatikanstadt. Hinzu kommen einige teils anerkannte Staaten wie Taiwan, Kosovo, Nordzypern, Westsahara oder Südossetien.
Alles zum Thema Henriette Reker
- Kommunalwahl 2025 Kölner OB-Entscheidung vertagt – Aymaz und Burmester jubeln
- Kommunalwahl in Köln Rekers letzte Wahl als OB – „Ich werde nicht in ein Loch fallen“
- „Frieden um jeden Preis“ 93-Jähriger ist seit 1964 durchgehend Wahlhelfer in Köln
- OB, Rat, Bezirksvertretung So viel verdienen die Kölner Politikerinnen und Politiker
- Kommunalwahl 2025 Wer hat den größten Einfluss im Kölner Rathaus?
- Smart City Index 2025 Köln wieder unter den digitalsten Städten Deutschlands
- Die Qual (vor) der Wahl Schwarze Tränen bei einer Niederlage
Wenn die alle in Köln übernachten und essen gehen, müssten Hotelgewerbe und Gastronomie doch jubeln, oder?
Natürlich ist die Anuga auch für Köln von enormer wirtschaftlicher Bedeutung. Die Lage der Branche ist aber alles andere als rosig. Daran kann ein solches Großereignis auch wenig ändern. Aber dazu kommen wir später.

Messe-Chef Gerald Böse mit Ministerpräsident Hendrik Wüst und Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (links) im neuen Confex-Kongresszentrum. Dort wird während der Lebensmittelmesse die Sektion Anuga Fine Food untergebracht sein.
Copyright: Alexander Schwaiger
Zurück zur Anuga der Rekorde. Warum ist die Messe so erfolgreich?
Für den Messe-Chef ist einer der wesentlichen Gründe, dass es im Laufe der Jahre gelungen ist, ein weltweites Netzwerk aufzubauen. Die Anuga sei längst nicht mehr nur das Großevent, das alle zwei Jahre in Köln stattfindet. „Mit Satelliten-Veranstaltungen in Brasilien, China, Indien, Japan und Thailand sowie den jüngsten Neuzugänge Tuttofood in Mailand und der Anuga Select Ibérica in Madrid, wächst die Marke kontinuierlich“, sagt Böse. Das Portfolio umfasse zehn internationale Formate mit rund 16.000 Ausstellern und 400.000 Fachbesuchern.

„Wir sind die unangefochtene Nummer eins der weltweiten Fachmessen für Lebensmittel und Getränke und zählen branchenübergreifend zu den top Drei in Europa“, sagt Gerald Böse über die Anuga. Er ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Kölnmesse.
Copyright: Arton Krasniqi
„Wir sind die unangefochtene Nummer eins der weltweiten Fachmessen für Lebensmittel und Getränke und zählen branchenübergreifend zu den top Drei in Europa.“ Die Anuga sei der „entscheidende Ort, um neue Märkte zu erschließen“. Das zeige eine neue Studie des Verbands der deutschen Messewirtschaft. Danach werden auf den deutschen Leitmessen Aufträge im Wert von mehreren 100 Milliarden Euro vorbereitet. Die Anuga werde auch 2025 der Platz sein, auf dem Geschäfte in hoher Milliardenhöhe ihren Abschluss finden.
Wie werden sich angesichts der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump die Märkte verändern?
Die „geopolitischen Spannungen“ haben laut Böse Einfluss auf die Anuga. „Wir blicken gespannt auf die Verhandlungen zwischen Europa mit Mercosur und dem südostasiatischen Raum.“ Mercosur ist ein regionaler Zusammenschluss der fünf südamerikanischen Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela.
Etliche Abkommen seien in Vorbereitung. „Das sollte solchen Marktplätzen wie der Anuga nur guttun und wird auch zu Verschiebungen der Handelsströme führen.“ Die Anuga sei auch ein wirtschaftspolitisches Forum. „Wir diskutieren hier Themen wie Ernährungssicherheit, resiliente Lieferketten, Nachhaltigkeit und internationaler Handel. Köln ist ein Ort des Dialogs.“

Eiersalat, hergestellt aus dem Eiweißersatz No Egg White, der aus Sonnenblumenöl und Sojaproteinen hergestellt wird. Produkte wie diese werden auf der neuen Fachmesse Anuga Alternatives in Halle 1 präsentiert.
Copyright: dpa
Welche Neuerungen bringt 2025 dem Format?
Die neue Fachmesse Anuga Alternatives in Halle 1 rückt erstmals Produkte aus alternativen Proteinquellen in den Mittelpunkt und hat eine direkte Anbindung an die Anuga Fine Food, die sich traditionell über mehrere Hallen erstreckt und zum Kern der Messe zählt. Das Partnerland Korea wird mit mehr als 100 Ausstellern vertreten sein.
Was ist mit Blick auf Produkte noch geplant?
Tatsächlich ein Blick in die Geschichte: Die Anuga feiert 70 Jahre Tiefkühlkost in Deutschland. 1955 präsentierten eine Handvoll Hersteller hier in Köln erstmals tiefgekühlte Lebensmittel für den deutschen Handel.
Die Messe boomt, aber die Lebensmittelbranche und die Gastronomie stecken einer tiefen Krise. Oder ist das alles gar nicht so schlimm?
Der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland blickt nach Angaben von Franz-Martin Rausch vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels mit einem Umsatz von 211 Milliarden Euro auf ein starkes Jahr 2024 zurück. 97,6 Milliarden Euro entfallen dabei auf die Discounter, es folgen die Supermärkte mit knapp 90 Milliarden Euro. SB-Warenhäuser kommen auf mehr als 20 Milliarden Euro. Die Zahl der Beschäftigten liegt bei 1,3 Millionen, darunter 32.000 Auszubildende.
Deutlich kritischer sieht die Ernährungsindustrie die Lage. Man befinde sich mittlerweile im dritten Jahr der Rezession. Eine Trendumkehr sei nicht in Sicht. Zwar sei der Umsatz im ersten Halbjahr 2025 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 3,7 Prozent auf 118,8 Milliarden Euro gestiegen. Nach Abzug der Inflation stehe aber ein Minus von 0,9 Prozent. Das liege vor allem an den Produktionskosten, sagt Olivier Kölsch vom Bundesverband der Deutschen Ernährungsindustrie. Vor allem in Deutschland sehe es schlecht aus. Dort ist den Angaben zufolge der preisbereinigte Umsatz um 1,9 Prozent eingebrochen.
Die Menschen schauen wieder aufs Geld
„Dieser Umsatzrückgang setzt die Branche massiv unter Druck“, sagt Kölsch. „Die Behauptung, die Ernährungsindustrie profitiere von den höheren Preisen, geht fehl.“ Vor allem die Exportmärkte in Europa seien „ein Garant für Stabilität und konnte das Schwächeln in Deutschland zumindest teilweise auffangen“. Man müsse aber davon ausgehen, dass wegen der Zollpolitik von Donald Trump „viele Hersteller ihre Ware schon vor der Erhöhung der Zölle ausgeführt haben“, sodass dieser Erfolg nicht von Dauer sein werde. Die Krise sei da. „Die Menschen schauen wieder aufs Geld“, sagt Kölsch. Die Exporteinschätzung für die kommenden drei Monate stehe auf dem niedrigsten Niveau seit April 2020. „Unsere Kunden werden überdies auch vom Sterben der Gastronomie in Deutschland in Mitleidenschaft gezogen.“
Kommen wir zur Gastronomie und Hotellerie. Sieht man dort angesichts der Mehrwertsteuersenkung ab Januar 2026 Licht am Ende des Tunnels?
Das sechste Verlustjahr in Folge droht, die gesamte Branche verzeichnet von Januar bis Juni ein reales Minus von 3,7 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2024. „Besonders heftig hat es die Gastronomie getroffen. Hier liegt das Minus bei 4,1 Prozent“, sagt Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Dehoga. „Das ist schon bitter. Viele Menschen gehen seltener essen, wählen günstigere Gerichte, verzichten auf Vorspeise oder Dessert.“
Die Arbeitskosten in Betrieben seien seit Januar 2022 um 37,4 Prozent gestiegen, bei Lebensmitteln, Getränken und Energiekosten lag die Preissteigerung im Durchschnitt zwischen 27 und 33 Prozent. „Die sieben Prozent Mehrwertsteuersatz auf Speisen seien ein starkes Signal“, so Hartges. „Das bedeutet für uns endlich Gleichbehandlung gegenüber anderen Essensanbietern. Es geht um nicht weniger als die Zukunftssicherung unserer kleinen und mittelständischen Betriebe, die vielfach familiengeführt sind. 87 Prozent haben weniger als zehn Beschäftigte.“