Köln – Die Verbraucherzentrale NRW hat die geplante Gutscheinregelung der Bundesregierung für ausgefallene Veranstaltungen deutlich kritisiert. Der Gesetzentwurf widerspreche geltendem Verbraucherrecht und sei „verfassungsrechtlich höchst bedenklich“, sagte der Vorsitzende Wolfgang Schuldzinski am Donnerstag.
Das Gesetz, das es am Donnerstag durch den Bundestag geschafft hat, sieht vor, dass Kunden für Veranstaltungen anstelle einer Auszahlung einen Gutschein akzeptieren müssen. Die Regelung soll für Musik-, Kultur-, Sport und andere Freizeitveranstaltungen gelten, die aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen, sofern die Karten vor dem 8. März gekauft wurden. Auch Dauerkarten und Aboleistungen wie eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio sind betroffen. Wer nachweist, dass er ohne Auszahlung des Gutscheins nicht seine Lebenshaltungskosten decken kann, kann eine Auszahlung des Geldes verlangen. Der Gesetzentwurf muss noch vom Bundesrat verabschiedet und vom Bundespräsidenten auf seine Verfassungsmäßigkeit geprüft werden. Er soll die Veranstalter entlasten, die stark durch die Krise betroffen und vielfach in ihrer Existenz bedroht sind.
Kein Insolvenzschutz
Die Verbraucherzentrale NRW kritisiert unter anderem, dass die Regelung keinen Insolvenzschutz enthält. Gingen einige Unternehmen nach Ausstellen der Gutscheine Pleite, was zu befürchten sei, bekämen die Verbraucher ihr Geld nicht zurück, sagt Schuldzinski. Außerdem sei es „schräg“, dass die Kunden gegenüber den Veranstaltern nachweisen müssten, in finanziellen Schwierigkeiten zu sein, um Geld zu bekommen. Verfassungsrechtlich bedenklich sei, dass die Regelung in die Vergangenheit wirke. „Die Liquiditätsprobleme von Reiseveranstaltern, Airlines oder Konzertveranstaltern dürfen nicht auf dem Rücken von Verbrauchern gelöst werden.“ Die Verbraucherschützer plädieren für eine Regelung auf freiwilliger Basis, bei der Gutscheine über einen staatlichen Fonds abgesichert sind.
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Die Verbraucherzentrale NRW hat im vergangenen Jahr laut ihrem am Donnerstag veröffentlichten Jahresbericht mehr als 335 0000 Verbraucheranliegen bearbeitet. Insgesamt gab es dabei 119 000 Beratungen in den 61 Beratungsstellen in Nordrhein-Westfalen. Zuletzt war das Beratungsgeschäft aufgrund der Corona-Krise digital und telefonisch geführt worden. Ab Montag sollen die Beratungsstellen schrittweise wieder öffnen. Besonders beschäftigen die Verbraucher zurzeit neben den Gutscheinregelungen Fragen zum Reisen und zu Stundungen. Die Verbraucherzentrale fordert, das Recht auf Zahlungsaufschub, das es Gläubigern zurzeit ermöglicht, zum Beispiel die Rückzahlung von Konsumenten- und Immobilienkrediten zu stunden, über den Juni hinaus um mindestens drei Monate zu verlängern.