Drohnen und 3D-ScannerNRW-Polizei soll Unfälle mit digitaler Technik aufklären

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NRW-Innenminister Reul erhält Anleitung zur Führung einer Kameradrohne.

Köln – Wer wird zur Rechenschaft gezogen? – Nach einem Unfall will es schon aus versicherungstechnischen Gründen in den seltensten Fällen einer gewesen sein. Was die Unfallbeteiligten und die Zeugen aus ihren unterschiedlichen Blickwinkeln gesehen haben wollen, kann sich widersprechen. Das Puzzle von Aussagen und Indizien, mit denen es Versicherungssachverständige  und  Richter später zu tun haben, ist von der Polizei nicht selten unter Zeitdruck aufgenommen worden, damit der Verkehr wieder rollen kann.  

Mit der Drohne dem Täter auf der Spur

Nun soll die Beweisaufnahme am Unfallort noch lückenloser und schneller erfolgen, mithilfe digitaler Technik und hochprofessioneller Spurenleser, kündigte NRW-Innenminister Herbert Reul am Montagmorgen im Kölner Polizeipräsidium an. Über einer Unfallstelle etwa auf der A3 werden die  im Stau wartenden Autofahrer zukünftig Drohnen mit Digitalkameras aufsteigen sehen. Drei-D-Scanner tasten den Unfallort am Boden millimetergenau ab, so dass  Bremswege, Fahrabstände oder Geschwindigkeiten besser rekonstruierbar werden. Zumal am Unfallort oft kaum noch klassische Brems- und Blockierspuren zu sehen sind.      

Dafür hat es die Polizei immer häufiger auch mit unsichtbaren Spuren zu tun: „Fast jeder Unfall hinterlässt neben einer Bremsspur auch eine Datenspur“, erklärte  Reul. Diese digitale Datenspur soll unmittelbar vor Ort aus den Bordcomputern der Fahrzeuge ausgelesen und sichergestellt werden. 

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Die Protokolle der Fahrassistenten  verändern die Arbeit der Polizei  gravierend. Da sie  den gesetzlichen Auftrag hat, alle be- und entlastenden Beweise an Ort und Stelle zu sichern, braucht sie für die exakte Beweisaufnahme  mehr und mehr  digitales Equipment und geschultes Bedienpersonal. Moderne Verkehsunfallaufnahmeteams  (VU-Teams)  sind am  Kölner Polizeipräsidium bereits seit 2005 im Einsatz. Deshalb wurde Köln  von NRW-Innenminister Reul ausgewählt, dort den Stand der Technik vor der Presse zu präsentieren und vorzuführen. 

Was auch in Düsseldorf oder Essen schon erfolgreich eingesetzt wird, soll ab September einheitlicher landesweiter Standard und schrittweise an allen 17 Kreispolizeibehörden in NRW eingeführt werden:  Mercedes-Sprinter, umfangreich ausgerüstet mit   Drohne, Scanner,  Digital-Fotografie, Datenauslesern und entsprechend trainierten Spezialisten der Spurenaufnahme. Sie sollen nicht zu jedem Blechschaden, sondern nur zu den wirklich schweren Verkehrsunfällen  mit Verletzten und Toten eilen. Und das sind in jedem Jahr erschreckend viele, wie Werner Gross für den Bereich der Kölner Polizeidirektion erklärte: 

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430 Unfalltote 2020 allein in NRW

In den Stadtgebieten Köln und Leverkusen und den zum Regierungsbezirk Köln gehörenden  Autobahnen kam es 2020 zu rund 46 500 Unfällen. Zum Glück hätten die meisten nur Blechschäden zur Folge, erklärte Gross, Chef der Kölner Direktion Verkehr, aber 2020 registrierte das Kölner Polizeipräsidium für das von ihr betreute Gebiet 6750 Verletzte.

Allein im Kölner Stadtgebiet kamen 14 Menschen durch Verkehrsunfälle zu Tode, 20 auf den Autobahnen. In ganz NRW waren es 430 tödliche Unfälle. „Jedes Jahr kommen mehr Menschen durch Verkehrsunfälle zu Tode als durch Mord und Totschlag“, erklärte Innenminister Herbert Reul. „Das habe auch ich total unterschätzt.“ Eine professionelle Unfallaufnahme verhelfe letztlich Opfern und Angehörigen zu ihrem Recht, so Reul.

Die Polizei halte mit den VU-Teams Schritt mit der Digitalisierung des Verkehrs.  Digitaldaten werden inzwischen in großem Maße durch die Unfallfahrzeuge selbst erhoben und sie werden mit dem automatisierten Fahren einen gravierenden Anteil der Spurensicherung durch die Polizei darstellen. Nach der Auswertung dieser Daten könne sich ein Unfall auf völlig andere Weise darstellen als allein durch die Zeugenaussagen. „Da stellt sich dann zum Beispiel heraus, dass sich die Beteiligten ein illegales Autorennen geliefert haben“.  

Hersteller und Versicherer arbeiten längst bei der Nutzung der digitalen Fahrassistenten zusammen. Die sollen selbstständig  Schadensanalysen übermitteln, so dass  Ersatzteile bereitgestellt werden, oft bevor ein Schadensermittler terminiert ist. Diese Computer sollen nun auch die Polizeiarbeit beschleunigen helfen.

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