Ein unterirdisches Juwel für die Stadt

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Der neue Kammermusiksaal liegt drei Meter unter der Erde, das Gebäude darüber beherbergt Unterrichtsräume und die „Speisekammer“.

Der neue Kammermusiksaal liegt drei Meter unter der Erde, das Gebäude darüber beherbergt Unterrichtsräume und die „Speisekammer“.

Südstadt – Der Neubau des Humboldt-Gymnasiums am Kartäuserwall hat einen Sockel aus wabenförmig gemauerten Ziegeln. Das steingraue Gebäude bekommt dadurch eine markante Note. Die Ziegel wurden aber nicht aus rein optischen Gründen in offener Weise versetzt angeordnet. Sie schützen die dahinter liegenden Fenster, und die gehören zum neuen Kammermusiksaal. Der liegt unterirdisch, geht vom Boden drei Meter tief in die Erde, erinnert damit ein wenig an die Kölner Philharmonie. Schulleiter Michael Wittka-Jelen wählte bei der Eröffnungsfeier eine Metapher: „Der Saal wird sich im Schulleben tief verankern, so wie auch der musikalische Zweig tief verankert ist.“

Seit 1966 hat das Humboldt-Gymnasium den Schwerpunkt Musik, es besteht eine Kooperation mit der Rheinischen Musikschule, die sich in städtischer Trägerschaft befindet. Der Kammermusiksaal mit 153 Sitzplätzen ist gedacht für Schülerauftritte, steht aber auch anderen Institutionen für Veranstaltungen zur Verfügung. Er ist das Kernstück des dreistöckigen Neubaus, ein Schulgebäude mit insgesamt 3127 Quadratmeter Fläche. 22 neue Unterrichtsräume, fünf Fachräume für Physik und Informatik, dazu eine Lehrküche mit Speiseraum sind entstanden. Es handelt sich um ein Passivhaus mit minimalem Energieverbrauch.

Mittelpunkt ist das lichtdurchflutete Treppenhaus. Auf Barrierefreiheit wurde geachtet, es gibt einen Aufzug und Treppenmarkierungen für Sehbehinderte. Die Kosten betrugen 17,6 Millionen Euro. Die offizielle Eröffnung wurde mit zahlreichen Gästen gefeiert, mit Musik, Sekt und Schnittchen. Festrednerin war Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Der Kammermusiksaal sei eine „Perle“, sagte sie, mit seiner hervorragenden Akustik habe er ein Alleinstellungsmerkmal, nicht nur in Köln, sondern auch in Nordrhein-Westfalen. Reker dankte Harald Junge für „seine Weitsicht und sein Engagement.“

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Der ehemalige Schulleiter, ebenfalls Gast bei der Feier, hatte die Pläne für den Neubau maßgeblich vorangetrieben. Zur Vorbereitung gründete er im Jahr 2011 an der Schule eine Bau-AG, mit Vertretern der Elternschaft, des Lehrkörpers und der Schülervertretung.

Vor allem die Eltern hätten darauf beharrt, dass es einen Konzertsaal geben müsse, sagte Junge im Gespräch mit Wittka-Jelen. Das Schwierigste in der Bauphase ab 2016 sei gewesen, Stadt und Architektenbüro in „harmonische Schwingung“ miteinander zu versetzen. „Architekten haben neue Ideen, nur kosten die Geld, ich musste oft trösten und beruhigen.“

Tilman Fischer, Leiter der Rheinischen Musikschule, jubelte: „Heute ist ein großer Tag, wir haben endlich einen würdigen Rahmen für die Auftritte unserer Schüler, das betrachte ich als Zeichen der Wertschätzung für die musikalische Bildung.“

Ausgestattet ist der Saal mit einem Konzertflügel, den man ohne weiteres als Vintage-Instrument bezeichnen kann – ein original Steinway, Baujahr 1922, der von einer Hamburger Spezialfirma generalüberholt wurde. Eigentümer ist der Förderverein der Rheinischen Musikschule, er stellt den Flügel als Dauerleihgabe zur Verfügung. Die Schwestern Sofyia, Anna und Marie Khabyuk, 13, 11 und 9 Jahre alt, hatten das Privileg, ihn einzuweihen, sie spielten Stücke unter anderem von Chopin und Rachmaninow.

Aus Berlin angereist war Tiemo Klumpp vom zuständigen Architektenbüro Numrich-Albrecht-Klumpp. „2009 kam der Anruf vom Preisgericht, dass wir den Wettbewerb gewonnen hatten“, erzählte er. 25 Büros hatten sich beteiligt. Seine damals kleinen, jetzt halbwüchsigen Töchter hätten jenen Tag noch gut in Erinnerung. „Sie haben mir jetzt erzählt, ich hätte Luftsprünge gemacht und jedem Kind ein Kuscheltier gekauft.“

Die Zusammenarbeit mit der Stadt sei nicht einfach gewesen. „Die Gebäudewirtschaft hat uns jahrelang getriezt, der Bau ist letzten Endes dadurch aber besser geworden.“

Und auch den Fünftklässlern Julian (12), David (11) und Anže (11) gefällt das neue Schulhaus, vor allem der „Speisekammer“ genannte Speiseraum. „Man muss gar nicht mehr woanders hin, hier ist gefühlt alles, was man braucht“, sagte Anže.

Michael Wittka-Jelen, Schulleiter

Tiemo Klumpp, Architektenbüro

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