Der Namenstag hat in den vergangenen Jahrzehnten im Rheinland an Bedeutung verloren. Der Geburtstag ist für viele Menschen viel wichtiger geworden. Das ist schade. Denn ein Name ist mehr als Schall und Rauch. Der Name verleiht dem Menschen etwas Einzigartiges. Der Mensch wird anrufbar, benennbar. Niemand von uns möchte gerne mit „Eh, du!“ angerufen werden.
Der Name ist Ausdruck von Individualität. Keiner hat das besser gewusst als die Nazis, die genau diese Individualität auslöschen wollten, indem sie die Gefangenen in den KZs zu Nummern machten.
Ein Name war oft Programm
Früheren Generationen war es wichtig, dass der Name, den sie einem Kind gaben, nicht nur gut klang, sondern eine Bedeutung hatte. Ein Name, das war oft ein Programm.
Sie kennen das Wort: „Sich einen Namen machen“. Es kennzeichnet den uralten Wunsch der Menschen nach Anerkennung und Größe. Mit seinem Namen in die Geschichte eingehen – das bewegt auch heute noch die großen Lenker der Völker. Folgerichtig war im alten Rom die schlimmste Strafe die sogenannte damnatio memoriae, die Auslöschung des Gedächtnisses. Da wurde der Namen des Gestraften aus allen Archiven und Dokumenten gestrichen, auf den Denkmälern wurden die Namenszeichen weggemeißelt. Nichts sollte mehr daran erinnern, dass es jemals einen Menschen dieses Namens gab.
„Anonyme Bestattungen unmenschlich“
Von daher halte ich auch die sogenannten anonymen Bestattungen, bei denen kein Name bleibt, für zutiefst unmenschlich. Den Namen eines Menschen bewahren, heißt ihm dauerhafte Bedeutung zu geben.
Warum ich Ihnen das zum bevorstehenden Neujahrstag schreibe? Der Neujahrstag ist der Namenstag Jesu. Das Evangelium des Lukas erinnert daran: „Als acht Tage vorüber waren, und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, noch ehe das Kind im Schoss seiner Mutter empfangen wurde.“ Der Name „Jesus“ ist ein Einfall Gottes und damit Programm. Jesus bedeutet „Gott rettet“.
Den Blick auf Jesus lenken
Zum Anfang des neuen Jahres lenke ich Ihren Blick gerne auf Jesus, von dem ich glaube: Er ist unser Retter und Heiland. Er geht mit uns in dieses neue Jahr mit all seinen Ungewissheiten und Unsicherheiten. Seinen Namen können wir anrufen in aller Not und Traurigkeit.
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Das haben übrigens Menschen immer wieder getan. Das ist sogar in unsere Sprache eingegangen, auch da, wo wir es nicht vermuten. Wie oft sagen wir „Jesses! Herrje! Ach je!“ Oder auch „O Jemine“. Das alles sind Verballhornungen von Jesus-Anrufungen. „Herrje“ heißt „Herr Jesus“. Die Klage „Ach je“ richtet sich an ihn: „Ach, Jesus hilf!“ und „O Jemine!“ ist die Verkürzung von „O Jesu domine!“ (O Herr Jesus).
Hätten Sie’s gewusst? Ich auch nicht.
Rolf Steinhäuser ist seit 2015 Weihbischof in Köln. Im Oktober ernannte Papst Franziskus den 69-Jährigen zum Apostolischen Administrator des Erzbistums für die Zeit der Beurlaubung von Kardinal Rainer Woelki. (jf)