Gerüchte über dreistelligen BetragWird das Anwohnerparken in Köln deutlich teurer?

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Parkscheinautomat-Köln

Ein Parkscheinautomat mit einem roten Punkt für das Bewohnerparken.

Köln – NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) möchte die Preisgestaltung für das Anwohnerparken in die Hand der Kommunen legen. Eine entsprechende Verordnung werde dem Ministerium zufolge Anfang 2022 vorliegen. Bislang ist der Preis auf 30,70 Euro pro Jahr gedeckelt. In Köln gibt es außer in den Bezirken Rodenkirchen und Chorweiler in jedem Stadtbezirk Bewohnerparkzonen, und es dürfte klar sein: Es wird teurer als die momentan geltenden 30 Euro jährlich. Womöglich deutlich.

Das Bündnis aus Grünen, CDU und Volt, das im Rat eine Mehrheit hat, hat in seinem Kooperationsvertrag die Anhebung der Gebühren „auf das Niveau europäischer Metropolen“ als Ziel ausgegeben. Nun sind die Preise in besagten Metropolen sehr unterschiedlich. In Stockholm zum Beispiel kostet es pro Jahr 827 Euro, in Amsterdam 535 Euro, in Kopenhagen 158 Euro und Wien berechnet je nach Bezirk zwischen 120 und 90 Euro. Was also ist für Köln angemessen?

Kölner Ratsbündnis befürwortet Erhöhung

Die meisten politischen Parteien begrüßen zumindest grundsätzlich das Vorhaben Wüsts. Mit Aussagen zu möglichen Preisen wagen sie sich indes noch nicht nach vorn. Auch wenn in Rathauskreisen Beträge von bis zu 400 Euro pro Jahr kursieren, belässt es die Politik bei Andeutungen. „Öffentlicher Raum in wachsenden Metropolen ist zu kostbar, als dass wir ihn weiter zu Billigstpreisen an den Verkehrsträger Auto vergeben dürfen. Zusammen mit dem Ratsbündnis wollen wir ein angemessenes Preisniveau für das Anwohnerparken vorschlagen“, sagt Lars Wahlen, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen. „Das Freiburger Modell ist eine denkbare Option“, ergänzt er. Hier richtet sich die Gebühr ab 2022 unter anderem nach der Größe des Fahrzeugs. Im Schnitt werden mehr als 300 Euro pro Jahr fällig. Aber: „Wer mehrere Kinder hat und daher ein größeres Auto nutzt oder aber Hartz IV bezieht, sollte nicht das gleiche zahlen wie die Fahrerinnen und Fahrer eines SUV“, sagt Wahlen.

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Auch Bündnispartner CDU besteht darauf, dass die neuen Gebühren „sozial gerecht sein müssen“ und Familien oder einkommensschwache Menschen nicht zu sehr belasten dürfen, führt Unions-Verkehrspolitikerin Teresa De Bellis-Olinger aus. Der öffentliche Raum müsse neu gestaltet werden zugunsten von Fußgängern und Radlern, „aber jeder, der ein Auto nutzen will, sollte auch eins haben können.“ Deshalb plädiert sie, wie auch die FDP, zusätzlich für Quartiersgaragen: Anwohner sollten in den Stadtteilen unter anderem bestehende oder noch zu bauende Tiefgaragen und Parkhäuser nutzen. Die neuen Preise müsse die Stadtverwaltung vorschlagen.

„Insgesamt wollen wir die Stellplätze für Anwohner langfristig reduzieren, um mehr Raum für Grünflächen, Außengastronomie, Gelegenheiten zum Abstellen von Fahrrädern, Ladestationen für E-Autos und breitere Gehwege zu schaffen“, sagt Isabella Venturini (Volt). „Das wird sicherlich einigen Autofahrern Unmut bereiten, aber wir müssen Räume, die von größtenteils ungenutzten Fahrzeugen eingenommen werden, in der Realität der Klimakrise intelligenter nutzen“, so Venturini weiter.

Keine „Daumenschraube“ für Autofahrer

„Man kann nicht das Anwohnerparken teurer machen, ohne zuerst die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass die Menschen schnell und umweltfreundlich von A nach B kommen. Wir brauchen darum zunächst den schnellen Ausbau von Bus und Bahn. Ansonsten wird lediglich die Verdrängung aus den innerstädtischen Veedeln weiter beschleunigt“, argumentiert SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Joisten. „Gutverdiener werden sich eine Erhöhung leisten können. Für Menschen mit niedrigen Einkommen ist sie vielleicht der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt und sie aus ihren Heimatveedeln vertreibt“, warnt er.

„Ein realistischer Preis wird die wilde Parksituation entspannen, die in manchem Viertel den Fußweg zu einem Hindernisparcours macht. Heute ist es nicht selten, dass Leute mit eigener Garage oder Stellplatz im Hof ihr Auto an der Straße abstellen. Das kostet quasi nichts und den freigewordenen Platz kann man für anderes verwenden. In Zukunft werden manche dies anders handhaben“, vermutet Güldane Tokyürek, Fraktionschefin der Linken. Die höheren Erträge durch die Preissteigerung sollten in den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs oder Radwege investiert werden. Ralph Sterck, Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion, fände es „grundsätzlich gut“, wenn Köln die Preise selbst bestimmen könne. Er halte es aber für falsch, „Autofahrern Daumenschrauben anzulegen, bevor es Alternativen gibt“, etwa Veedelsgaragen oder ein ausreichendes ÖPNV-Angebot. Und bei letzterem hänge Köln im Vergleich zu anderen Städten „um Jahre zurück“. Mit Blick auf das Ratsbündnis fürchte er: „Das kann für Köln teuer werden.“

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„Angesichts der Flächenknappheit in den Großstädten erscheint eine Erhöhung der Bewohnerparkgebühren überfällig, nicht zuletzt, um die gewünschte Verkehrswende voranzutreiben“, sagt die Stadtverwaltung auf Anfrage. „Kraftfahrzeuge verbrauchen in Köln einen großen Anteil des öffentlichen Raums. Durch immer größer werdende Fahrzeuge steigt der Platzbedarf von Kraftfahrzeugen“, heißt es weiter. Zumal eine Studie ergeben habe, „dass ein durchschnittlicher PKW etwa 97 Prozent am Tag steht und parkt, zudem in Metropolen zu rund 60 Prozent im öffentlichen Raum am Straßenrand“, ergänzt die Verwaltung. Die 30 Euro, die das Anwohnerparken aktuell kostet, ist lediglich eine Verwaltungsgebühr, Gewinne erzielt die Stadt damit nicht. Seit 2016 haben die Kölner jährlich rund 1,5 Millionen Euro an Bewohnerparkgebühren entrichtet.

Stadt Köln äußert sich nicht

Zu möglichen künftigen Preisen äußerte sich die Stadt nicht. „Derzeit werden erste Ideen verwaltungsintern beraten, wie mit einer Gesetzesänderung umzugehen wäre. Dies würde anschließend noch mit der Politik abgestimmt werden“, sagt die Verwaltung.

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