Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“Falsche Atteste für Maskenverweigerer – Kölner Ärztin verurteilt

Lesezeit 3 Minuten
Eine Passantin hält eine FFP-2 Maske in der Hand.

Eine Redakteurin des „Kölner Stadt-Anzeigers" recherchierte im Fall einer Kölner Ärztin.

Die Kölner Ärztin Stefanie L. hält an Verschwörungserzählungen zum Coronavirus fest.

Für Stefanie L. ist der Beruf der Ärztin Berufung. Der Begriff Gesundheit dürfe nicht auf das Fehlen von Krankheit reduziert werden. In diesem Sinne wolle sie für das Wohlergehen der Menschen sorgen. So wie Richter seien Ärzte „dazu aufgerufen, nach bestem Wissen und Gewissen der Wahrheit und der Menschlichkeit zu dienen“, sagte die 56-Jährige am Dienstag im Amtsgericht, wo sie sich am Ende einer langen Verhandlung mit einem flammenden Plädoyer gegen den Vorwurf verteidigte, sie habe, da keine ordnungsgemäße Prüfung vorausgegangen sei, ein unrichtiges Gesundheitszeugnis ausgestellt. Doch die Vorsitzende folgte dem Antrag des Staatsanwalts und verurteilte sie zu einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen à 80 Euro, also 4000 Euro.

Kölner Redakteurin stößt bei Recherche auf Stefanie L.

Am 1. Dezember 2020 hatte eine Reporterin des „Kölner Stadt-Anzeiger“ die Medizinerin in deren Praxis in Ehrenfeld aufgesucht. Im Herbst 2020 hatte die heute 24-Jährige begonnen, zu Ärzten zu recherchieren, die in der Corona-Pandemie möglicherweise falsche Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht ausstellten.

Dabei stieß sie auf mehrere Youtube-Videos und einen Online-Artikel von Stefanie L., in denen diese die Existenz einer Pandemie und die Effizienz von Masken anzweifelte. Und sie hatte auf einer Plattform einen an sie gerichteten kritischen Brief der Ärztekammer Nordrhein veröffentlicht, in dem es hieß, offenbar stehe sie „als Arzt der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung, wenn eine Person auf der Suche nach einem Attest für die Befreiung von der Maskenpflicht ist“.

Alles zum Thema Corona

„Testbesuch" bei Kölner Ärztin mit Anfrage auf Attest

Wegen dieses Briefs entschloss sich die Lokalredaktion Köln, einen Testbesuch bei Dr. L. zu machen. Im Zeugenstand sagte die Redakteurin, sie habe die Ärztin, die keine Maske getragen habe, um ein Attest gebeten mit der Begründung, sie habe gehört und gelesen, das Tragen einer Maske verursache Konzentrationsschwierigkeiten. Allerdings habe sie selber das Symptom „noch nicht richtig“ gehabt. Trotzdem habe ihr die Ärztin ein Attest ausgestellt. Über ihre Erfahrung in der Praxis berichtete die Reporterin  im „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Dieser Fall ist nur einer von 15, die angeklagt waren. Nachdem mehrere Zeugen vernommen worden waren, entschied die Richterin, 14 Verfahren einzustellen, denn die Vorwürfe hätten sich nicht bestätigt. Es habe Untersuchungen in Form von Gesprächen gegeben, und alle gehörten Zeugen hätten einen Grund gehabt, keine Maske tragen zu müssen.

Von dem 46-jährigen gelernten Verlagskaufmann, der Atemnot und Schwindelgefühle geltend gemacht hatte, über die 57-jährige Lehrerin, die sagte, sie sei traumatisiert und bekomme unter der Maske „Panikattacken und Erstickungsanfälle“, bis zur 49 Jahre alten Bäckereiverkäuferin, die angab, beim Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln, einen Mund-Nasen-Schutz tragend, habe sie ein Gefühl bekommen, „dass mein Körper verbrennt“.

Angeklagte Stefanie L. wehrt sich gegen Vorwürfe

Etliche Zeugen drückten der Ärztin ihren Dank aus. Zur Aussage der Reporterin des „Kölner Stadt-Anzeiger" sagte die Angeklagte, die Journalistin sei als „Lockvogel“ geschickt worden nach der Maßgabe: „Eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht“; sie sprach von Vorverurteilung.

Das bezog sie auch auf die Bezirksregierung. Diese hatte der Medizinerin im Herbst 2021 die Approbation entzogen, den Entzug Monate später Februar aber aufgehoben. Den Prozess empfand Stefanie L. als mangelhaft. Es begann damit, dass sie sich bei den Fragen zur Person sagte, ihre Identität als Stefanie L. sei „nicht belegt“. Dann stellte sie einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende; diese sei nicht unparteilich, weil sie selber eine Maske trage. Manchmal wurde die Angeklagte grundsätzlich.

Bis heute sei nicht erwiesen, dass das Covid-19-Virus kranke mache. Und es gebe „keine evidenzbasierten Studien“ zum zuverlässigen Schutz durch Masken. Im Schlussvortrag prangerte sie an, was die Corona-Regeln den Menschen in Altenheimen und Hospizen angetan hätten. Die Richterin hielt der Ärztin, die nicht vorbestraft ist, zugute, sie habe nicht aus Gewinnsucht gehandelt. Und von einigen Zeugen habe man gehört, dass sie ihnen tatsächlich geholfen habe. Die festgesetzte Geldstrafe nannte die Vorsitzende „milde“.

KStA abonnieren