Offener Brief an WoelkiAufstand in Kölner Kirchengemeinden nach Missbrauchsskandal

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Kirche Sankt Rochus in Bickendorf

Köln – „Es ist an der Zeit, dass wir auch vor Ort in den Kölner Gemeinden deutlich unsere Stimme erheben“, sagt Peter Möhrke. Er ist gemeinsam mit Monika Krumpen Pfarrgemeinderatsvorsitzender der katholischen Großgemeinde Ehrenfeld, Bickendorf und Ossendorf. Von hier aus wollen sie quasi den Aufstand der Laien im Erzbistum anstoßen: In einem von allen Mitgliedern des Gremiums unterzeichneten offenen Brief (hier lesen), den sie auch auf der Homepage der Gemeinde veröffentlicht haben, wenden sich die Laien direkt an Kardinal Rainer Maria Woelki. Der Brief soll Vorbild sein für andere Gemeinden, sich ebenfalls klar zu artikulieren. 

Protest an der Basis in Köln

Nach der Entscheidung des Erzbistums Köln, ein Gutachten zum Missbrauchsskandal unter Verschluss zu nehmen, schwillt damit der Protest auch an der Basis in den Kölner Gemeinden an.

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Pfarrgemeinderatsvorsitzender Peter Möhrke

„Nicht nur der Umgang mit der Missbrauchsstudie, sondern auch daraus resultierend das Bild der Kirche in der Öffentlichkeit verstören uns“, schreiben die Gemeindemitglieder an den Kardinal. Dies dokumentiere eine Haltung, „die die Täter schützt und die Missbrauchten nicht sieht“.

Auch die Zensur der Homepage der katholischen Studentengemeinde passe „vollkommen in ein Bild einer Kirche, die von Männern mit dem Wunsch nach Machterhalt dominiert wird“. 

Treue Gemeindemitglieder aus Köln treten aus

Die Verfasser werfen dem Kardinal vor, mit seinem Handeln viele Menschen vor den Kopf zu stoßen und aus der Kirche zu drängen. „Wir sind hier vor Ort. Und wir hören von Menschen aus der Mitte der Gemeinde, dass sie das nicht mehr mittragen können und austreten wollen.“ Erst kürzlich hat Möhrke einen Anruf von einer Frau bekommen, die sogar beruflich in leitender Tätigkeit für einen katholischen Verband tätig war. „Sie hat mir ihren Termin im Amtsgericht mitgeteilt, an dem sie offiziell aus der katholischen Kirche austritt.“ Diese Erosion im Kern mache betroffen und zeige die neue Qualität der Krise: „Viele wissen einfach nicht mehr, warum sie drin bleiben sollen.“ 

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Vorwurf der Unterdrückung und Bevormundung

In der Bibel kritisiere Jesus die Pharisäer, die alle Gesetze kennen, aber das wichtigste Gesetz der Nächstenliebe nicht befolgen, schreibt der Pfarrgemeinderat in seinem Brief. Woelki solle dafür zu sorgen, „dass in der Kirche wieder Glaube und Liebe im Vordergrund stehen „und nicht Angst, Unterdrückung und Bevormundung“. Sie fordern den Kardinal dazu auf, daran mitzuwirken, dass „Menschen egal welchen Geschlechts, Alters und sexueller Ausrichtung gleichberechtigt den Glauben verkünden dürfen“. 

In Ehrenfeld, Bickendorf und Ossendorf ärgern sich die Laien auch über den so genannten pastoralen Zukunftsweg. „Jetzt will man die Laien ins Boot holen, die Gemeinden leiten sollen und macht diese Arbeit gleichzeitig total unattraktiv“, sagt Möhrke. Statt sich so darzustellen, dass viele mitmachen wollen, „präsentieren wir uns als altbackener Verein mit starren Strukturen und Verantwortlichen, die nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen“.

Gemeinden in Höhenberg und Vingst schließen sich an

In der Katholischen Gemeinde Höhenberg und Vingst hat man sich dem Protest bereits angeschlossen. Der dortige Pfarrgemeinderat fand in einer öffentlichen Aufforderung an Kardinal Woelki deutliche Worte – vor allem für das Abschalten der Website der Katholischen Hochschulgemeinde: Diese Zensur sei „unerträglich“ und erinnere an totalitäre Staaten. „Dass die Kirche, zu der wir uns persönlich und als Gemeinde zugehörig fühlen, zu solchen Mitteln greift, erinnert uns an das finsterste Mittelalter. Wir schämen uns für unsere Kirche“, heißt es in der öffentlichen Stellungnahme des dortigen Pfarrgemeinderates. 

Hoffnung, dass sich Strukturen wirklich ändern, haben die Laien nicht. „Aber wir haben die Hoffnung, dass Menschen sehen, dass Kirche vielfältig ist und nicht nur das, was von oben kommuniziert wird. Wir wollten deutlich sagen, wir sind alle Kirche – nicht nur der Kölner Klerus.“

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