„Schikane, Willkür“Kölner Wirte klagen über Behandlung durch Ämter – Stadt reagiert

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Johann Schäfer Biergarten im Rheinauhafen.

Köln – Wenn Kölner Wirtinnen und Wirte über ihre Erfahrungen mit hiesigen Ämtern sprechen, fallen wenig schmeichelhafte Worte. Immer wieder ist von „Willkür“ und von „Drangsalierung“ die Rede. „Es ist wirkliche Schikane, die man erlebt! Die Stadt macht Probleme, wo gar keine sind“, klagt ein Kölner Wirt mit 40-jähriger Erfahrung.

Wenn dieser Gastronom „Stadt“ sagt, meint er sowohl das hiesige Ordnungsamt als auch das Bauamt. Er nennt ein Beispiel: Vor 20 Jahren seien ihm zwei Stehtische draußen vor seinem Lokal zugebilligt worden, „mündlich“, wie er betont. Zwei Jahrzehnte lang seien diese problemlos geduldet worden, „und plötzlich müssen sie weg“. Man nenne ihm keinen Grund weshalb, und er selber sehe auch keinen, zumal „die Stehtische gegenüber offenbar stehenbleiben dürfen“.

Kölner Wirte können viele Dinge nicht nachvollziehen

Was er ebenso wenig verstehe, sei die Kritik am Sonnenschirm. Vor 15 Jahren sei der ganz offiziell genehmigt worden. Das Amt, die Polizei, die Feuerwehr sei damals da gewesen, alles gut. „Und plötzlich kommen die und sagen, der ist zu groß!“, obwohl in der alten Baugenehmigung gar nichts von Größe stehe.

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Es gibt noch andere Dinge, die der Wirt nicht nachvollziehen kann. Weshalb er seine genehmigte Markise nur zum Teil herausfahren und weshalb er auf seiner genehmigten Terrasse keine Pflanzenkübel aufstellen darf.

Kölner Wirt: „Man wird angesprochen wie ein Krimineller“

Beim Thema „Pflanzenkübel“ wird eine Gastro-Kollegin richtig zornig. „Was war das für ein Kampf mit dem Ordnungsamt“, ereifert sich die Frau, die genauso wie ihre Kollegen aus Angst vor Repressalien „auf gar keinen Fall“ namentlich in der Zeitung stehen möchte. „Wir mussten damals auf dem Antrag sogar die genaue Form unserer Blumenkübel angeben!“

Weil sie irrtümlich rund statt eckig geschrieben hatte, sollte sie eine empfindliche Strafe zahlen. „Die kamen sogar sonntags mit dem Zentimetermaß, um zu kontrollieren, ob ein Stuhl außerhalb der genehmigten Fläche stand.“ Bereits vergangenen Herbst sorgte die rigidere Umsetzung des 2017 beschlossenen Gestaltungshandbuchs der Stadt unter den Wirten für Unmut. Dieses macht unter anderem Vorgaben für die Gestaltung der Außengastronomie.

Blumenkübel sorgen für Diskussionen

Dass man offenbar zu jeder Zeit mit Besuchen von Amt rechnen muss, ist auch die Erfahrung eines weiteren Wirts, der für seine Konzession „einen regelrechten Spießrutenlauf“ absolvieren musste. „Man wird von denen angesprochen wie ein Krimineller, der gerade Freigang hat.“

Das vorgeworfene Delikt: unerlaubtes Heraussetzen eines Blumenkübels. „Die kommen dann freitagabends oder samstagabends in den vollen Betrieb und wollen eine Stunde mit dir darüber diskutieren, ob da ein Stromkabel hängen darf oder nicht“, schimpft der Gastronom.

Schon die Tatsache, dass man vor Eröffnung eines Lokals 37 verschiedene Dokumente vorlegen müsse, sei doch ein Wahnsinn. „Manchmal hat man den Eindruck, es wäre der Stadt am liebsten, wenn man schließen würde!“

Stadt Köln weist Vorwurf der „Willkür“ zurück 

Während ein weiterer Kollege davon spricht, dass „einem immer wieder die Existenz bedrohende Knüppel zwischen die Beine geworfen“ würden, weist das Ordnungsamt auf Anfrage selbst den Vorwurf der „Willkür“ zurück. Das Amt handele nicht nach eigenen gesetzgeberischen Grundlagen, sondern nach den Rechtsvorschriften des Landes.

In ihrer Stellungnahme erwähnt die Stadt die im Herbst 2020 geschaffene Zentrale Anlaufstelle Gastronomie, die in schwierigen Fällen helfe und Verfahren zu beschleunigen versuche. Weiter heißt es dort, dass die Mitarbeitenden des Gaststättenrechts stark gefordert seien; ein Argument, das der zuletzt genannte Wirt auch für sich selber geltend macht: „Wissen Sie, wie viele Änderungen und neue Richtlinien wir in der Corona-Zeit jede Woche hatten?“

IG Gastro: Versprochene Sprechstunde beim Bauamt nicht umgesetzt

Die Zusammenarbeit mit der Gastro-Kümmerin lobt auch Till Riekenbrauk, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Gastro. „Sie ist ein Fels in der Brandung und hilft bei den Problemen, kommuniziert mit anderen Ämtern“. Doch wenn es zu baurechtlichen Fragen komme, reiche einzig die Vermittlung über die Gastro-Kümmerin nicht aus.

Um über weitere Hilfestellungen von städtischer Seite zu verhandeln, hatte sich die IG Gastro vergangenen Dezember mit Baudezernent Markus Greitemann sowie dem Leiter des Bauaufsichtsamts Stefan Kriege getroffen.  Als „Meilenstein“ hatten die Wirte das Gespräch im Nachgang bezeichnet: Man habe sich auf eine wöchentliche Sprechstunde extra für Wirte geeinigt; ferner auf die Benennung von konkreten Ansprechpartnern innerhalb des Bauamts, die sich den Belangen der Gastronomen widmen sowie auf Checklisten, die die Antragstellung vereinfachen sollten. Doch getan habe sich seitdem nicht viel.

Anfragen häufen sich, Kölner Bauamt reagiert nicht

„Die Anfragen häufen sich, das Amt hat monatelang nicht auf Mails oder Anrufe reagiert“, sagt Riekenbrauk. Nachdem der „Kölner Stadt-Anzeiger“ eine Anfrage an das Presseamt geschickt hat, um sich nach dem Stand der vereinbarten Maßnahmen zu erkundigen, habe sich das Amt nach mehrmonatiger Funkstille doch noch gemeldet, berichtet der Gastronom. Nun sei ein Treffen für diesen Mittwoch geplant, in dem es unter anderem erneut um die Sprechstunde gehen soll. Eine Sprecherin der Stadtverwaltung sagte zuvor gegenüber des „Kölner Stadt-Anzeiger“, die Sprechstunde sei gar nicht mit dem Beigeordneten vereinbart worden. 

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„Die gesonderte Checkliste für die Gastronomie soll in einem weiteren Termin mit der IG Gastro vereinbart werden“, lässt die Sprecherin zudem wissen. Ein Ansprechpartner solle in einem noch stattfindenden Termin benannt werden. Des Weiteren seien der Stadt – was die Abnahme der Konzessionen betrifft – „aktuell keinerlei Probleme bekannt“. Das widerspricht den Erfahrungen der Wirte, die man bei nahezu jeder Neueröffnung darüber klagen hört, dass sie eigentlich schon viel früher hätten an den Start gehen wollen, wenn da nicht dieses wochenlange Hin- und Her mit den Ämtern gewesen wäre.

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