Kölner Dom-GeheimnisDie Kölner Madonna ist die Schönste von allen

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Die „schöne Madonna“ gewann bereits einen Schönheitswettbewerb.

  • Den Dom kennt jeder. Aber wie gut kennen sich die Kölnerinnen und Kölner wirklich aus in „ihrer“ Kathedrale?
  • Jede Woche haben wir für Sie eine neue Geschichte vom Dom – erzählt von einer, für die er eine Art zweites Zuhause ist: Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner.
  • In dieser Folge geht es um die „Schöne Madonna“ aus Köln und wie sie einen Schönheitswettbewerb gewann.

Köln – Im Jahr 2009 fand im LVR-Landesmuseum Bonn eine Ausstellung über die „Schönen Madonnen am Rhein“ statt. Als Leihgabe ging auch eine Marienfigur aus dem Dom dorthin. Am ungewohnten Ort, effektvoll präsentiert, fiel sie plötzlich allen auf und fand großen Gefallen. In einem vom Museum unter seinen Besuchern ausgerufenen Schönheitswettbewerb fielen die meisten Stimmen auf die Kölner Madonna.

Seit die Siegerin dieser weltweit wohl einmaligen Miss-Wahl so dekoriert aus Bonn zurückkehrte, wird sie an ihrem angestammten Platz im östlichen Südquerhaus, gegenüber dem großen Christophorus, mit einem eigenen Spot angestrahlt. Vorher war sie an ihrem Stammplatz im Halbdunkel des Doms fast untergegangen. Viele Besucher und sogar einige der Geistlichen nahmen sie jetzt zum ersten Mal so richtig wahr. Wahre Schönheit, so heißt es, kommt zwar von innen. Aber was nutzt das, wenn niemand sie sieht?

Ein einzelner Künstler?

Die „Schöne Madonna“ ist ein Stilbegriff, den die Kunstgeschichte für einen bestimmten Typ von Marienfiguren erfunden hat, die in den Jahrzehnten um 1400 entstanden sind. Charakteristisch ist die liebliche Darstellung der jungen Gottesmutter, der verträumte Ausdruck ihres Gesichts, eine stark plastische Ausbildung des Gewands und ein großer Detailrealismus. Häufig drücken sich die Finger der Mutter tief ins weiche Fleisch ihres Kinds.

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

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Viele dieser Figuren sind einander so ähnlich, dass ein Wissenschaftler die These vertreten konnte, ein einziger durch Europa ziehender Bildhauer habe sie an den verschiedenen Orten von Frankreich bis Böhmen geschaffen. Die Kölner Maria verkörpert den Typus der „Schönen Madonna“ in idealer Weise. Sie trägt als Himmelskönigin eine Krone. Über das offene Haar ist ein reich gefältelter Schleier geworfen. Ihr Radmantel ist über der Brust mit einer Agraffe zusammengehalten. Die linke Hälfte des Mantels wird von der Madonna mit der linken Hand gerafft, die andere unter dem Arm eingeklemmt. So entstehen tiefe Falten vor dem Körper und eine üppige Kaskade an der linken Seite.

Kölner Madonna ist die Schönste von allen

Von ähnlichem Liebreiz wie die Madonna selbst ist der glockenschwingende Engel. Mit Kopf, Rücken und Flügel stützt er die Konsole, auf der die Marienfigur steht. Lächelnd präsentiert sie den Besuchern, die aus dem Chorumgang kommen, das Jesuskind, das einen (Reichs-)Apfel hält, das Symbol Christi als Weltenherrscher.

Ein altes Marienlied beginnt mit dem Vers „Die Schönste von allen / von fürstlichem Stand“. Mir kommt es vor, als beschriebe es genau die Kölner Madonna: Sie ist wirklich die Schönste von allen.

Aufgezeichnet von Joachim Frank

Das „Domblatt“ von 2011 enthält einen vertiefenden Beitrag von Robert Suckale, dem großen Kenner mittelalterlicher Skulptur, über die Madonnenfigur im Dom und ihre Verwandten in Europa.

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