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Kommentar zur DezernentenwahlWie die Kölner Politik erneut Vertrauen zerstört

Lesezeit 3 Minuten
Kienitz Reker (1)

Niklas Kienitz und OB Henriette Reker nach der Wahl

Köln – Köln hat erneut eine Chance vertan und aus Fehlern nichts gelernt. Es ist dieser bittere Beigeschmack, der sich auch am Tag nach der Wahl der neuen Kölner Beigeordneten einstellt. Natürlich nicht bei den Gewählten selbst und denjenigen, die sie gewählt haben. Christdemokraten, Grüne und Volt als Ratsbündnis haben ihre Wunschkonstellation durchgezogen.

CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz wird neuer Stadtentwicklungsdezernent. William Wolfgramm, Büroleiter von Oberbürgermeisterin Henriette Reker, wechselt an die Spitze des Umweltdezernats. Dazu kommt Ascan Egerer, ein ausgewiesener Verkehrsexperte – der einzige neue Dezernent, der von außen kommt. Er wird Beigeordneter für Mobilität.

Es bleiben Fragen. Dass zwei von drei Dezernentenstellen, für die es Auswahlverfahren gegeben hat, mit politischen Amtsträgern aus den eigenen Reihen besetzt werden, macht skeptisch. Köln ist als Stadt attraktiv, die Posten sind gut dotiert, die Vertragslaufzeit beträgt acht Jahre – gab es tatsächlich keine fähigen Interessenten von außen? Niemanden mit großer Expertise, der sich diesen Herausforderungen stellen wollte? Kaum zu glauben.

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Ein Kölner Superministerium für Niklas Kienitz

Stattdessen sollen es in zwei von drei Fällen Eigengewächse der so eigenen politischen Kultur dieser Stadt richten. Auf sie kommt einiges zu. Wolfgramm ist künftig der Verantwortliche im Stadtvorstand, der Köln auf den Kurs klimaneutrale Stadt bringen soll. Die Aufgabe für Kienitz ist kaum geringer: Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionale Zusammenarbeit – in der Bundespolitik würde man von einem Superministerium sprechen. Kienitz war, wenn auch in einer Nebenrolle, Akteur in der Stadtwerke-Affäre, die 2018 überregional Wellen geschlagen hatte. In einem Hinterzimmerdeal einigten sich CDU, SPD und Grüne auf die Verteilung lukrativer Posten und fixierten ihre Verabredung in einem Geheimpapier. Einer der Unterzeichner: Niklas Kienitz.

Als der Postenklüngel in letzter Minute platzte, wurden Konsequenzen gezogen. Der damalige SPD-Fraktionschef Martin Börschel, der neuer hauptamtlicher Stadtwerke-Geschäftsführer werden sollte, musste sich aus der Kölner Politik zurückziehen. Ebenso Jörg Frank, langjähriger Fraktionsgeschäftsführer der Grünen. Kienitz hingegen hielt drei Jahre lang still und wird nun – übrigens auch mit den Stimmen der ansonsten immer gerne moralisierenden Grünen – zum Dezernenten befördert.

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Es zeigt sich: Trotz aller Beteuerungen, es nach der Stadtwerke-Affäre besser zu machen, kommt in Köln noch immer der falsche (Macht-)Mechanismus zum Zug. Der Stadtvorstand wird weiterhin als Verschiebebahnhof für parteipolitisch motivierte Personalpolitik missbraucht. Der Verdacht des fortgesetzten Postengeschachers lässt sich so nicht ausräumen. Der ganze Vorgang wirft auch ein schlechtes Licht auf die Oberbürgermeisterin. Henriette Reker hatte sich nach dem schweren Klüngel-Rückfall 2018 in der Rolle der Chef-Aufklärerin gefallen, Transparenz versprochen und Posten-Mauscheleien öffentlich den Kampf angesagt. Ganz so ernst scheint sie ihre Aussagen aber nicht zu nehmen.

Kölner Politiker verspielen das in sie gesetzte Vertrauen

Die Bürgerinnen und Bürger dürfen einmal mehr staunend zusehen, wie fahrlässig Teile der Kölner Politik mit dem Vertrauen umgehen, das ihnen übertragen wurde. Für die politische Kultur in der Stadt ist das Gift. Das gilt übrigens auch für die Selbstgefälligkeit, mit der CDU-Parteichef Bernd Petelkau über soziale Netzwerke Kritikern des Verfahrens das Verbreiten von „Fake News“ vorwirft.

Augen zu und durch, auf den eigenen machtpolitischen Vorteil bedacht – das ist leider erneut der Eindruck, der bleibt. Schwerer können es Politiker ihren Wählern nicht machen, Vertrauen aufzubauen.

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