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Kommentar

Kommunalwahl 2025
Köln rückt nach links, aber auch zusammen?

Ein Kommentar von
3 min
Zwei Wahlplakate zeigen Berivan Aymaz (Grüne) und Torsten Burmester (SPD).

Im Kampf ums Kölner Oberbürgermeisteramt kommt es zwischen Berivan Aymaz (Grüne) und Torsten Burmester (SPD) am 28. September zu Stichwahlen.

Grüne und SPD werden regieren und müssen den Stillstand beenden – die CDU braucht einen Neuanfang.

Guten Morgen, Köln! Am Tag nach der Kommunalwahl bröckelt frühmorgens im Herkulestunnel zur A57 der Putz von der Decke. Sofortige Sperrung, kilometerlange Staus. Vor Jahren hat die Stadt den Tunnel als sanierungsbedürftig eingestuft, die Geschwindigkeit wurde daraufhin kurzerhand von 80 auf 50 km/h herabgesetzt. Die Begrenzung gilt natürlich noch immer, saniert wurde – natürlich nichts …

Das Chaos im kaputten Tunnel ist ein Sinnbild für die Lage Kölns. Die Bürgerinnen und Bürger wachten nach der Wahl mit den alten Problemen auf, aber mit einer neuen Ratsmehrheit: Köln ist – gegen den Trend in NRW – weiter nach links gerückt. Grüne und SPD können mit der Linkspartei eine Mehrheit bilden. Oder aber mit Kleinparteien wie Volt.

Politische Blockade zwischen Grünen und CDU beendet

Auch die OB-Stimme wird nach der Stichwahl zwischen Berivan Aymaz (Grüne) und Torsten Burmester (SPD) dieser neuen Mehrheit angehören. Das ist zumindest insofern eine Chance für Köln, als die politische Selbstblockade zwischen CDU und Grünen der letzten Jahre beendet werden kann. Denn die CDU ist raus aus dem Ratsbündnis, hat mit der Mehrheitsbildung faktisch nichts zu tun. Sie bekam damit – anders als die Grünen – die Quittung für fünf Jahre Kölner Fast-Stillstand, obwohl ihr Bündnispartner noch viel länger an den Hebeln der Macht saß.

Die neue Mehrheit muss zeigen, dass Köln Zukunft hat
Gerald Selch, Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“

Die Grünen bleiben in Köln stärkste Kraft. Unangefochten trotz Opern-Debakel, umstrittener Verkehrsversuche, maroder Brücken, einer KVB voller Störungen, Wohnungsnot oder Verwahrlosung im öffentlichen Raum, besonders augenfällig am Neumarkt. Die Zahl der Probleme während der vergangenen Regierungsjahre ist groß, die Stimmverluste der Grünen dagegen klein. Nicht, weil die Bilanz der Partei überzeugt hätte, sondern weil in der Kölner City grün-linke Milieus dominieren. Hier ist Haltung in Teilen wichtiger. Während in den Außenbezirken wie Chorweiler, Porz oder Worringen die AfD wächst.

Zwei politische Welten in Köln

Der Soziologe Ansgar Hudde hat ein genaues Bild gezeichnet: 4,5 Kilometer um das Rathaus herum ist Köln grün-links, über diesen Kreis hinaus konservativ oder zunehmend protestierend. Eine Stadt, zwei politische Welten. Auch wenn die CDU – mit hauchdünnem Vorsprung von 43 Stimmen – zweitstärkste Fraktion im Rat wurde, ist sie abgewählt. Der Union schien unter ihrem Dauer-Fraktionschef Bernd Petelkau der schiere Machterhalt bisweilen wichtiger als der Wille der eigenen Wähler. Ohne große eigene Themen, nahezu ohne Wirkung und letztlich auch ohne eigenes CDU-Profil – daran ist das „System Petelkau“ gescheitert. Er darf auf Bewährung weiter die Fäden ziehen, dabei ist ein Neuanfang dringend notwendig: personell und programmatisch.

Bernd Petelkau ist langjähriger Fraktionschef der Kölner CDU. (Archivbild)

Bernd Petelkau ist langjähriger Fraktionschef der Kölner CDU. (Archivbild)

Die SPD hat ihre Chance genutzt. Mit Torsten Burmester stand früh ein OB-Kandidat fest, die Partei wirkte einig, grobe Fehler blieben aus. Damit reichte es für die Stichwahl. Mehr ist es nicht: ein solides Ergebnis, aber kein Aufbruch. Dafür, dass die SPD einmal die Köln beherrschende Partei war und das Ratsbündnis ohne sie kein Erfolgskonzept war, blieb sie weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Und so reicht es auch nicht für eine „bürgerliche“ Koalition mit der CDU, die Burmester präferieren würde. Er müsste im Fall eines Siegs in der Stichwahl nun auf die Grünen setzen, die in Köln teils ideologischer agieren als etwa auf Landesebene. Falls nicht doch Berivan Aymaz, die im Wahlkampf-Endspurt ihre Wählerinnen und Wähler am stärksten mobilisierte, gewinnt. Rot-Grün als Basis eines Bündnisses ist so oder so gesetzt.

Es liegt an dieser neuen Mehrheit, zu zeigen, dass Köln Zukunft kann. Nicht irgendwann, sondern jetzt. Der nächste Putz ist bestimmt schon locker. Diese Stadt hat keine Zeit zu verlieren. Sie muss aus dem Mittelmaß endlich wieder auf die Überholspur. Dafür wurde am Sonntag gewählt. Für ein gutes Morgen.