Corona-KriseWo die Auswirkungen auf das Kreuzfahrtgeschäft in Köln sichtbar sind

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Geparkt wie sonst nur im Winter: Flusskreuzfahrtschiffe im Niehler Hafen

  • Viel Platz ist nicht zwischen den Schiffen, die eng an eng im Niehler Hafen in Köln liegen.
  • „Das Flusskreuzfahrtengeschäft für Köln geht dieses Jahr gegen Null“, bilanziert der Geschäftsführer der KölnTourismus, Jürgen Amann.
  • Leichter tun sich Reiseveranstalter wie das Bonner Kreuzfahrt-Unternehmen Phoenix Reisen.

Köln – Wer sich in diesen sonnigen Tagen die Große Hafentour gönnt und auf der MS Rheinland ins große Hafenbecken in Niehl steuert, kann dort das Elend der Corona-gebeutelten Kreuzfahrt-Branche besichtigen.

Eng an eng liegen wohl über 40 Hotelschiffe von Viking, fünf der Amadeus-Linie, blitzblank und leuchtend weiß, 135 beziehungsweise 110 Meter lang, mit Kabinen für 160 bis 180 Gäste – geparkt wie sonst nur im Winter.

Köln ist normalerweise ein Drehkreuz für die Flusskreuzfahrt-Anbieter, jetzt aber ein unfreiwilliger Sommerparkplatz. Ab März fahren die Schiffe, ob in Österreich, Frankreich oder Deutschland – normalerweise bis Oktober. In Köln liegen die Charterschiffe dann von Riehl bis zum Rheinauhafen und entlassen ihre Passagiere zur Stadtbesichtigung. Jetzt kommen vereinzelt Gäste aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden, jedoch nicht von außerhalb Europas.

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„Das Flusskreuzfahrtengeschäft für Köln geht dieses Jahr gegen Null“, bilanziert der Geschäftsführer der KölnTourismus, Jürgen Amann. „Die Wiederaufnahme der Kreuzfahrten durch die Reedereien ist im Prinzip ins nächste Jahr verschoben.“ Viele Veranstalter und Reedereien hat es hart getroffen. Viking, deren Schiffe in Niehl festliegen, hat vor allem amerikanische und außereuropäische Kundschaft, die 2020 großenteils ausfällt, auch weil von März bis Ende Mai Buchungsstillstand war.

KD muss Schiffe liegen lassen

Auch die Köln-Düsseldorfer (KD), Pächter des Niehler Parkbeckens am Mohlenkopf, hat hier zwei ihrer Traditionsschiffe liegen: die MS Stolzenfels und die MS Goethe. Von den insgesamt 13 Schiffen der KD liegen vier Corona-bedingt fest. „Diese Schiffe haben nur begrenzte Freideckflächen“, sagt KD-Sprecherin Nicole Becker. „Und auch die großen Schiffe wie die Rheinfantasie, für 1000 Personen ausgelegt, oder die Rheinenergie, für 1600 Personen ausgelegt, fahren wegen der Abstands- und Hygieneregelungen nur mit je einem Drittel ihrer Kapazitäten.“

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Die KD fährt – so wie alle Ausflugs- und Kreuzfahrtunternehmen auf Rhein, Donau, Main oder Rhone die Saison 2020 „auf Sicht“, so Becker. „Es ist noch zu früh, um Bilanz zu ziehen, klar ist aber, dass alle Buchungen im Event- und Partybereich dieses Jahr ausfallen.“ Dazu gehören Highlights wie Rhein in Flammen oder die Kölner Lichter. Die KD vermisst rund 50 Prozent ihrer Fahrgäste. „Wir sind in Kurzarbeit und fahren am Mittelrhein oder im Siebengebirge mit Sonderfahrplänen, also mit etwas kürzeren, aber häufiger stattfindenden Touren.“

Leichter tun sich Reiseveranstalter wie das Bonner Kreuzfahrt-Unternehmen Phoenix Reisen. Es fährt derzeit mit sieben Charterschiffen auf dem Rhein. Anders als Viking haben Phoenix oder Nicko Reisen vor allem deutschsprachige Kundschaft. Die wird es genießen, aufgrund der Corona-Regelungen auf Schiffen zu fahren, die so wie die Rheinmelodie oder die Rheinsinfonie nur zu 70 bis 80 Prozent ausgelastet werden.

Antikörper-Schnelltest bei Nicko Reisen

Es gibt von Gesetzes wegen kein Gästelimit auf den Schiffen, es gelten aber die Corona-Vorschriften des Hotel- und Gastgewerbes (Dehoga). „Wir haben zwei Tischzeiten, ein Einbahnstraßensystem auf den Gängen. Außerdem bieten wir allen Gästen einen Antikörper-Schnelltest an. Der bietet zwar keine hundert Prozent Sicherheit, zeigt aber, ob jemand bereits auf einen Virus reagiert. Auf den Decks müssen die Gäste keine Masken tragen. Zudem sprechen die Guides über Kopfhörer mit den Gästen, so dass sich jeder frei an Bord oder an Land bewegen kann“, so Nicko-Sprecherin Sandra Huck.

Die Kreuzfahrt-Kunden gehören mit durchschnittlich 65 Jahren zur Risiko-Gruppe. Die achte auf sich, sagt Alfonso Escobar von Amadeus Flusskreuzfahrten in Köln. „Die gehören nicht zur Party-Generation und buchen eine Kreuzfahrt eben weil es da ruhig und entspannt zugeht.“ Amadeus ist mit den Schiffen der Innsbrucker Reederei Lüftner auf dem Rhein unterwegs. Im Sommer fahren normalerweise vier Lüftner-Schiffe Köln an. Zurzeit ist es nur die Amadeus Imperial, ein eben getauftes, neues Schiff für 186 Passagiere. „Auf unseren Schiffen haben wir keinen Buffet-Selfservice, bei uns wird am Tisch serviert“, sagt Martina Lüftner, außerdem seien die Gemeinschaftsbereiche großzügig. Aber ja, 2020 sei ein schwieriges Jahr, über das sie keine Prognose abgeben wolle. „Wir peilen auf unseren Schiffen eine 75 Prozent Auslastung an“, sagt Lüftner.

Der größte Teil der Kreuzfahrten 2020 wurde im Vorjahr gebucht. Glücklicherweise wurde kaum storniert, sondern verschoben, so Lüftner. Deshalb bieten viele Veranstalter nun rabattierte Lastminute-Reisen an, mit Preisnachlässen von bis zu 40 Prozent. Mit etwas Glück und gutem Wetter könnten einige Schiffe also von August bis Oktober wieder auf Kurs kommen und in Köln anlegen – nicht um zu parken, sondern um Gäste zu bringen.  

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