Corona-NotbetreuungMehr als die Hälfte der Kölner Kinder geht weiter in die Kita

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Kölner Kitas Notbetrieb

Die Auslastung in den Kölner Kitas liegt trotz Notbetreuung bei durchschnittlich 60 Prozent (Symbolbild).

Köln – Seit einer Woche befinden sich die Kitas in Köln im Notbetrieb. Denn die  Bundesnotbremse sieht bei einer Inzidenz von über 165 eine Notbetreuung vor. Diese wird aber sehr unterschiedlich umgesetzt. Das NRW-Familienministerium hat zahlreiche Ausnahmen festgelegt: So dürfen etwa Vorschulkinder die Einrichtungen besuchen, ebenso Kinder, deren Elternteile beide arbeiten und die die Betreuung nicht anders organisieren können. Ausnahmen gibt es ebenfalls für Kinder aus schwierigen familiären Situationen, die in beengten Wohnverhältnissen leben und solche mit erhöhtem Förderbedarf.

In einem Schreiben an die Eltern appelliert Familienminister Joachim Stamp (FDP): „Bitte bringen Sie Ihre Kinder nur, wenn es unbedingt erforderlich ist.“ Wer die sogenannte bedarfsorientierte Notbetreuung in Anspruch nimmt, muss eine schriftliche Selbsterklärung abgeben. Ablehnen dürfen die Kitas die Betreuung allerdings nicht.

Ziel der Stadt: Kitas offen halten

Die durchschnittliche Auslastung in den Kölner Kitas liegt einer Stadtsprecherin zufolge aktuell durchschnittlich bei 60 Prozent. Sie sei aber je nach Stadtteil „sehr unterschiedlich“ und liege insbesondere in Brennpunktvierteln mit 40 Prozent „deutlich geringer“. Zum Vergleich: NRW-weit lag die Auslastung in Kitas mit Notbetreuung laut Familienministerium bei durchschnittlich 42 Prozent. Ziel der Stadt sei es, „möglichst allen Kindern ein Angebot zu machen und die Kitas offen zu halten“. Die zweimal pro Woche durchgeführten Lolli-PCR-Tests an fast allen Kitas bringen laut Stadtsprecherin Sicherheit. Bisher zeige das Infektionsgeschehen, dass die Infektionswerte in Kitas nicht erhöht seien: An 685 Kitas mit 41.986 Kita-Kindern gab es (Stand Freitag) 115 infizierte Kinder und 75 infizierte Mitarbeitende.

Der Leiter einer Kita im Rechtsrheinischen äußert sich zwiespältig: „Eine richtige Notbetreuung ist das aktuell nicht. Anders als im ersten Lockdown sind die Regeln viel aufgeweichter.“ Aktuell käme etwa die Hälfte der Kinder. „Viele Eltern handeln sehr verantwortlich und lassen ihre Kinder zu Hause, wenn sie die Betreuung selbst leisten können.“ Bei allen anderen hinterfrage die Einrichtung die Entscheidung der Eltern nicht. „Wir akzeptieren die schriftliche Erklärung, auch wenn wir zum Beispiel wissen, dass ein Elternteil nicht arbeitet. Aber vielleicht sind diejenigen auch mit den Nerven am Ende“, sagt der Leiter.

Belastungsgrenze vieler Eltern ist erreicht

Viele Eltern dürften nach über einem Jahr Pandemie und dem Jonglieren zwischen Job, Kinderbetreuung, Homeschooling, Wechselunterricht und immer wieder unterschiedlichen Betreuungsregeln die Belastungsgrenze erreicht oder überschritten haben. Und gerade solche Familien sollten trotz Notbremse die Kita weiterhin in Anspruch nehmen dürfen, findet eine Mutter von zwei Kindern im Alter von drei und vier Jahren: „Wenn Eltern stark belastet sind oder sich überfordert fühlen, sollten sie ihre Ressourcen schonen und Unterstützung bekommen. Da spielt es keine Rolle, ob jemand arbeitet oder nicht.“

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Die 39-Jährige und ihr Mann wechseln sich mit Arbeit und Kinderbetreuung ab. In der ersten Woche der Notbetreuung waren die Kleinen an zwei Tagen in der Kita. „Nächste Woche werden sie aber an vier Tagen gehen, weil wir es nicht anders organisiert bekommen.“ Ihre Kinder seien zu klein, um sich während Konferenzen der Eltern allein zu beschäftigen. „Unfair finde ich es, wenn Familien unter Druck gesetzt werden, die Kinder daheim zu lassen.Denn die Kita-Mitarbeitenden können die familiäre Situation nicht bewerten.“

Doch geht es nach den Vorstellungen des Familienministers, sollen die Kitas genau das tun: In seinem Schreiben an die Eltern nennt Stamp als „anspruchsberechtigt für die bedarfsorientierte Notbetreuung (…) Kinder aus belasteten Lebenslagen“. Demnach sollten diese Familien von den Kitas „aktiv angesprochen und eingeladen werden“.

Kinder brauchen Kontakt zu Gleichaltrigen

Eine Kita in Mülheim hingegen bietet pauschal allen Kindern, die nicht unter die Kriterien einer Notbetreuung fallen, eine tägliche Betreuung an – aber nur bis 12 Uhr, wie eine Mutter berichtet. Logisch im Hinblick auf das Infektionsgeschehen sei das zwar nicht. Dennoch ist sie dankbar für das Angebot. Auch wenn sie zur Zeit nicht arbeitet: Der Kontakt zu Gleichaltrigen und ein geregelter Tagesablauf seien wichtig für ihren vierjährigen Sohn.

Aus ähnlichen Gründen schickt eine andere Mutter ihre dreijährige Tochter zumindest an drei Tagen in der Woche in die Kita – obwohl sie momentan noch mit dem jüngeren Kind in Elternzeit ist: „Das ist für uns alle eine Entlastung. Und außerdem hat das sogar den positiven Nebeneffekt, dass unsere Tochter zweimal pro Woche mit dem Lolli-PCR-Test getestet wird. Einen Nasenabstrich lehnt sie nämlich komplett ab.“

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