Wärmebildkameras, BewegungsmelderDie Kölner Ampeln haben sich durch Corona verändert

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Gilt als High-Tech-Ampel: Die Anlage am Stadthaus in Deutz

Köln – Die Pandemie hat in Köln zu ungeahnten Veränderungen geführt. Nicht nur zu Lockdowns, Schulschließungen und flächendeckendem Homeoffice: Auch die Ampelsysteme sind Corona-bedingt weiterentwickelt worden. Zum Guten, so die Überzeugung der Verwaltung.

Zum Beispiel am Stadtwaldgürtel, wo plötzlich deutlich mehr Schülerinnen und Schüler unterwegs waren als je zuvor. „Zu Beginn der Pandemie haben wir beobachtet, dass am Rautenstrach-Kanal jeden Morgen immer mehr Kinder zu Fuß oder mit dem Fahrrad gekommen sind“, sagt Dennis Kuhlmann, Gruppenleiter in der städtischen Ampelplanung.

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Susanne Rosenstein, Abteilungsleiterin im Amt für die Planung, den Bau und den Betrieb von Lichtsignalanlagen

Die Konsequenz: „Wir haben Wärmebildkameras installiert, die zum Kreuzen am Morgen bis 8.15 Uhr deutlich längere Grünzeiten ermöglichen, wenn es den Bedarf gibt und keine Stadtbahn eingreift.“ Die Kameras nehmen Bilder auf, die automatisch vom Ampelsystem ausgewertet werden, sodass bei Bedarf längere Grünphasen entstehen.

Kölner Ampeln: Innovation soll Fußgängern am Neumarkt helfen

Eine weitere Innovation, die inzwischen bei deutlich mehr Ampeln im Stadtgebiet eingesetzt wird: Radarscanner. Sie erkennen, sobald sich Personen der Straße nähern und ersetzen so die Ampel-Taste. Und schützen damit vor möglichen Schmierinfektionen, weshalb die Installation in der Pandemie vorangetrieben wurde. Doch sie sparen auch wertvolle Sekunden an besonders belebten Straßen.

„In der Fleischmengergasse am Neumarkt haben wir mit dem Radartaster, den wir seit September an immer mehr Ampeln einsetzen, sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt Susanne Rosenstein, Abteilungsleiterin im Amt für die Planung, den Bau und den Betrieb von Lichtsignalanlagen. Insgesamt 50 Verwaltungsangestellte tüfteln hier an den perfekten Einstellungen für die insgesamt 953 Ampeln in der Stadt. „Die Grünzeiten sind jetzt so lang, dass man in normalem Tempo ohne Zwischenhalt in der Mitte über die Cäcalienstraße zum Neumarkt kommt“, verspricht Rosenstein.

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Erst, seit das Land im Jahr 2008 den Ampeln eine höhere Priorität in der Verkehrspolitik eingeräumt hat, besteht überhaupt die Möglichkeit, Erneuerungen schnell einzuführen. „Vorher waren fast nur die Reparaturen gedeckt“, sagt Rosenstein. An der Geschichte des Umgangs mit Ampeln in Köln lassen sich Entwicklungen in der Verkehrspolitik von Nordrhein-Westfalen zuverlässig ablesen: Bis in die 80er-Jahre waren Autos die absolute Priorität. Ende der 80er-Jahre wurden dann Vorteile für Stadtbahnen beschlossen, die seitdem in der Regel sieben Sekunden vor anderen Verkehrsteilnehmern grün bekommen.

Ende der 90er führte man das sofortige Nachholen der Nebenrichtungen ein: Sobald auf der Hauptachse niemand mehr über die Ampel musst, springt sie nach kurzer Wartezeit für den Querverkehr auf grün. Seit 2008 gibt es Blinden-Ampeln mit akustischen Signalen, die sich in Köln dem Umgebungslärm anpassen. „Bei der Unterstützung von Blinden und Sehbehinderten sind wir bundesweit Vorreiter“, sagt Rosenstein. Seit 2015 wird der Fuß- und Radverkehr mit einer erhöhten Priorität mitberücksichtigt.

Digitalisierung hilft deutlich, doch vieles läuft in Köln manuell

Erst seit wenigen Jahren gibt es die Möglichkeit, alle Ampelanlagen von den Amtsbüros in Deutz aus zu steuern. Ein spürbarer Fortschritt, vor allem für Großveranstaltungen. „Wir fahren bei Großereignissen andere Ampel-Programme, nach einem Konzert in der Lanxess-Arena sind die Grünphasen für Autos deutlich länger“, so Rosenstein. Die Programme sind auch abgestimmt auf die Publikumsstruktur: Je älter, desto höher liegt tendenziell die Priorität auf dem Autoverkehr. Auch potenzielles Messe-Publikum wird mit einberechnet. Eine perfekte Lösung ist dabei nie das Ziel: „Die Verkehrsplanung ist immer ein Kompromiss, der allen hilft. Denn niemand ist nur Radfahrer, Fußgänger oder Autofahrer. Das ändert sich ständig.“

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Dennis Kuhlmann bei der Berechnung von Wartezeiten an einer Kreuzung

Dennis Kuhlmann sagt, die Stadt sei „noch sehr weit davon entfernt, dass eine künstliche Intelligenz aus verschiedenen Veranstaltungen in der Messe und in der Lanxess-Arena das bestmögliche Ampel-Programm für einen Abend berechnet“. Für die Kreuzung an der Lanxess-Arena muss er für das perfekte Timing knapp 400 Kollisionen berechnen, die möglich wären, wenn alle gleichzeitig grün hätten. Auch hier kommen die Innovationen zum Einsatz. „Vielleicht wird es so etwas irgendwann mal geben“, sagt er über volldigitalisierte Planungen, „es wäre aber wirklich weit in die Zukunft gedacht – heute antizipieren wir selbst. Die digitalen Systeme helfen uns dabei natürlich enorm.“

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