Die Inszenierung nach dem Roman von Michael Ende überzeugt mit ihrem Bühnenbild und der Leistung der Darstellerinnen und Darsteller.
„Der Wunschpunsch“ in der KinderoperHier ist die Hölle los

Dalia Schaechter reizt in „Der Wunschpunsch“ an der Kinderoper als Hexe Tyrannja Vamperl das diabolische Potenzial voll aus.
Copyright: Sandra Then
Die Erwachsenen, die ihre Kinder und Enkel bei der Premiere im Saal 3 des Staatenhauses begleitet hatten, erlebten, so sie das Opernrepertoire kennen, womöglich ein Déjà-vu. Da gibt es in Elisabeth Naskes „Wunschpunsch“ auf ein Michael Ende folgendes Libretto von Theresita Colloredo einen bösen Zauberer – Beelzebub Irrwitzer heißt er –, der sich dem Höllengesandten gegenüber verpflichtet hat, bis zu einem Stichtermin möglichst viele Untaten ins Werk zu setzen. Schafft er das nicht, droht ihm das große Aus.
Klingelt da was? Nun ja, im Prinzip ist das dieselbe Konstellation wie im „Freischütz“ – nur dass dort der Vertreter der Hölle Samiel heißt und sein ihm verpflichteter Klient Kaspar. Macht nichts, es handelt sich hier um klassische Märchenmotive, die in Webers Libretto – und selbstredend der genialen Musik – genauso wirkungsvoll funktionieren wie im „Wunschpunsch“.
Wer etwas Gutes wünscht, setzt eine Katastrophe in Gang
Dieser Wunschpunsch nimmt dieselbe Position ein wie die Freikugel in der romantischen Oper: Wer aus ihm trinkt, darf sich etwas wünschen. Der Wunsch geht dann allerdings in jeweils umgekehrter Richtung in Erfüllung: Wer etwas Gutes wünscht, setzt eine Katastrophe in Gang und vice versa. Der Clou: Das alles funktioniert nur am Silvestertag, sobald die Glocken Neujahr einläuten, ist es mit der Zauberwirkung vorbei.
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Michael Ende verbindet das Zauberthema darüber hinaus mit kritischer Ökologie: Irrwitzer und seine Verbündete, die Hexe Tyrannja Vamperl, lassen es sich angelegen sein, so viele Umweltkatastrophen wie nur irgend möglich ins Werk zu setzen: Flüsse vergiften, Baumsterben triggern und so weiter. Die dummen Menschen merken davon nichts, wohl aber die Tiere, die Abgesandte als Spione zu den Bösewichtern schicken: den – anfangs erfrischend dämlichen – Kater Maurizio und die Krähe Krista Krakel. Die beiden machen schließlich die Pläne der finsteren Gegenfiguren zunichte.
Die Regisseurin Eike Ecker hat diese dankbaren Motive in eine bunte, unterhaltsame Märchenwelt gepackt, die das junge Publikum tatsächlich über 75 Minuten bei der Stange hält. Ein paar Minuten weniger hätten es vielleicht auch getan, und ein Quäntchen mehr an dramatischer Verdichtung wäre ebenfalls nicht schlecht gewesen – das Motiv der Rettung in letzter Minute durch die vorzeitige Entschärfung der Punschwirkung etwa hätte noch wirkungsvoller kommen können.
Immerhin ist rechts auf der Bühne die Uhr zu sehen, die anzeigt, dass die komplette Handlung unter dem Diktat der Zeit steht. Die Schwächen, wenn es denn welche sind, fallen aber nicht sehr ins Gewicht. Was Ecker und der Bühnen- und Kostümbildner Ulrich Schulz da auf die Bretter stellen, überzeugt durch seine herzlich-gewinnende Anschaulichkeit und unmittelbar verständliche Präsenz. Meistens ist das mit allem erdenklichen alchimistischen Equipment ausgestattete Labor des bösen Zauberers zu sehen, verdorrte Büsche zeigen die vorangegangenen Öko-Verbrechen an.
Da kriegt nicht nur der Kater Höhenangst
Nur als Maurizio und Krista Punsch-Hilfe beim heiligen Silvester mitsamt seiner Glocke suchen, geht es bei heftigem Schneetreiben (das Stück ist solchermaßen durchaus weihnachtsgeeignet) die West-, also die Türmefassade des Kölner Domes hoch. Das ist optisch übrigens ganz wunderbar gemacht, da kriegt nicht nur der Kater Höhenangst.
Interaktion und Bewegungsspiel der Mitwirkenden sind genauso attraktiv, intensiv und professionell wie ihre Gesangsleistungen. Amüsant zu sehen und zu hören ist zumal, wie Dalia Schaechter als Hexe hier ihre bekannten dämonischen Potenziale im „Kinderfach“ ausreizt. Aber die übrigen Darsteller – Frederik Schauhoff als Irrwitzer, Rhydian Jenkins als Maurizio, Maike Raschke als Krista, Ferhat Baday als Maledictus Made und Elena Plaza Cebrián als Sylvester stehen ihr in ihren Rollengestaltungen keineswegs nach.
Von der Partitur werden die Sänger übrigens vergleichsweise stark gefordert: Elisabeth Naske hat für ihre 2014 in Luzern uraufgeführte Oper eine großartig vielgestaltige Musik geschrieben, die von den atonal vernebelten Giftküchenklängen des Beginns rasch in vertrautere Gefilde führt: Da jazzt es synkopisch, da klingen auf einmal „Zauberflöten“-Töne auf, da geht es im Walzertakt in die Wiener Operette, und der heilige Silvester lässt orgelgestützte Gregorianik los. Es gibt munteres Parlando genauso wie mit Koloraturen gespickte Arien und Duette.
Das auf Kammerformation abgespeckte Gürzenich-Orchester bringt all das unter dem gewohnt engagierten Dirigat von Rainer Mühlbach klangvoll, fokussiert und also gewinnend herüber. Herzlicher Beifall von Kindern und Erwachsenen zum Schluss.
Nächste Aufführungen im Saal 3 des Staatenhauses: 30. Oktober, 1., 5., 7., 9., 12., 14. November

