Janine Jansen und die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen brillierten mit Beethoven und Schubert, unter Leitung von Paavo Järvi.
Janine Jansen in der Kölner PhilharmonieEin tänzelnder Streit zwischen Dunkel und Licht

Dirigent Paavo Järvi und Violonistin Janine Jansen begeisterten in der Kölner Philharmonie
Copyright: Reinhard A. Deutsch
Einer der schönsten Momente von Beethovens Violinkonzert – vielleicht der Klassik überhaupt – ist das im Anschluss an die hoch virtuose Solokadenz plötzlich von der Geige wieder ganz schlicht und leise vorgetragene Hauptthema. Nach mehrstimmigen Überlagerungen, Doppel- und Tripelgriffen, dramatischen Läufen und brillanten Trillern wirkt der instrumentale Gesang nun wie eine einsame vox humana und rührt darum umso mehr.
Janine Jansen begeistert mit Beethovens Violinkonzert
Solistin Janine Jansen spielte die gesamte Partie dieses sinfonisch dimensionierten Konzerts mit überragendem Können, durchweg fein differenziert und eher schlankem Klang. Die Tongebung wurde nie forciert, war aber darum nicht weniger präsent, sondern entfaltete umso klarere Artikulation und expressive Intensität. Analog zur Parallelstelle des Kopfsatzes gelang nach der kraftvollen Kadenz des Finalsatzes dann ebenso delikat die erneute Wiederkehr des zart springenden Rondo-Themas.
Auf Augen- und Ohrenhöhe mit der exzellenten Solistin agierte die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, hellhörig, präzise und dank der klassischen Besetzung mit nur 43 Mitgliedern stets reaktionsschnell und transparent. Künstlerischer Leiter ist seit zwanzig Jahren Paavo Järvi. Gemeinsam gestaltete man Beethovens Violinkonzert organisch beredt und rund, ohne schroffe Ecken und Kanten. Angefangen mit den fünf solistischen Paukenschlägen des Anfangs über die fünf gleichen Abstriche der Tutti-Violinen hätte man dieses insistierende Pochen und Klopfen durch den gesamten weiteren Kopfsatz hindurch auch schärfer, eindringlicher, mithin modern gestalten können. Doch man muss das nicht.
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Schuberts Tragische Sinfonie fesselt das Publikum
Dramatisch, mit düsterem Unisono C beginnt Schuberts 4. Sinfonie, die der 1816 gerade neunzehnjährige Komponist seine „Tragische“ nannte, auch wegen der gleichen Grundtonart c-Moll wie Beethovens 5. Sinfonie. In der langsamen Einleitung verheißt eine Geigenfigur zarte Aufhellung, doch kippt der Gedanke prompt in die dunklen Kontrabässe. Im Hauptteil „Allegro vivace“ hetzen die Violinen mit unruhig synkopiertem Thema nervös voran, förmlich gejagt von dazwischen geschleuderten Tutti-Brocken. Wuchtige Moll-Akkorde durchzucken auch den empfindsamen zweiten Satz mit seinem sehnsuchtsvollen Oboensolo und durch alle Instrumente wandernden Seufzermotiv.
Das stampfende Scherzo schwankt rhythmisch zwischen 2/4-Einheiten im 3/4-Takt und wird von einem bukolischen Trio stark kontrastiert. Im Finale kehrt die c-Moll-Unruhe des Kopfsatzes wieder, ebenso das Seufzen des langsamen Satzes, jetzt allerdings in hohen Bläsern zu spitzen Klagelauten verschärft. Dazwischen sorgt das Seitenthema für tänzelnde Leichtigkeit. Wie Beethoven komponiert Schubert einen Streit von Dunkel und Licht. Doch seine Partie des „per aspera ad astra“ endet mit einem Unentschieden, einem Unisono C des vollen Tutti wie zu Anfang der Sinfonie, das ebenso tragisches c-Moll wie siegreiches C-Dur sein könnte. – Großer Applaus für die wunderbar aufeinander eingespielten Partner Orchester und Dirigent.