Kölner PhilharmonieMitreißendes Konzert mit Stargeiger Frank Peter Zimmermann

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Frank Peter Zimmermann

Köln – Der Kanon der großen Violinkonzerte aus dem 19. und 20. Jahrhundert ist klein und konnte auch in langen Jahrzehnten kaum über 15 immer wieder gespielte Werke hinaus erweitert werden. Das ist schade, denn da gibt es doch einiges, das von seiner Substanz durchaus kanonfähig ist – das zweite der Geige gewidmete Konzert des Tschechen Bohuslav Martinu zum Beispiel, dem jetzt im WDR-Konzert in der Kölner Philharmonie eine glanzvolle Interpretation durch den in Hahnwald ansässigen Stargeiger Frank Peter Zimmermann zuteilwurde.

Nicht nur ist der Solopart technisch äußerst dankbar, vielmehr integriert das quasi neoromantische Werk Virtuosität, Melodienseligkeit und böhmische Folklore zu einer kraftvollen, schlüssigen und also überzeugenden Synthese. Zimmermann wurde diesen divergierenden Anforderungen souverän gerecht: Seine in der Tongebung glasklaren, im rhythmischen Zugriff feurig attackierenden Formulierungen, der intensive Gesang an den einschlägigen Stellen, der kapriziöse Bogentanz auf den Saiten – das alles verströmte in hohem Maße Lust, Geist und Glut. Und die wache, präzise Begleitung durch das WDR Sinfonieorchester unter Michael Sanderling trug das Ihrige dazu bei.

Für die französischen Renaissance-Tänze in der Hindemith- Bearbeitung für Kammerensemble zu Beginn, die zumal durch den klangdramaturgisch suggestiven Wechsel samt schließlicher Vereinigung von Streichern und Bläsern erfreuten, wäre ein Dirigent nicht notwendig gewesen. Für Tschaikowskys abschließende sechste Sinfonie war er es freilich schon. 

Maestro bremst den Beifall aus

Sanderling, der weiland an der hiesigen Oper mit seinem Dirigat von „Krieg und Frieden“ Furore machte, interpretierte jetzt auch das letzte große Werk des Russen als bühnennahe Tragödie. Da gab es erhebende Aufschwünge und erschreckende Abbrüche, schier grenzenlose, bei den Streichern zuweilen Überdruck produzierende Emphase und schmerzhafteste Zuspitzungen. Den ob der gewalttätig-konzentrierten Darbietung des marschähnlichen dritten Satzes losbrechenden Beifall bremste der Maestro mit dem sofortigen Einstieg in das langsame Trauerfinale aus.

Sehr zu Recht, denn hier gibt es nichts zu klatschen – die irgendwie auf eine Katastrophe zusteuernde Wildheit des dritten ist nur die „andere“ Seite des Weltabschieds im vierten Satz. Die Spielqualität des Orchesters war in den allermeisten Belangen fulminant. Besonders hervorgehoben sei der Klarinettist für seine Soli jeweils am Schluss von Exposition und Reprise im Eröffnungssatz. Da öffnete sich ein melancholisches Paradies eigener Güte.

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