Hart aber FairPlasberg macht Wissenschaftler zum Clan-Mitglied

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Moderator Frank Plasberg (r.) am Montagabend mit seinen Gästen NRW-Innenminister Herbert Reul, Kriminologin Dorothee Dienstbühl, der Journalist Olaf Sundermeyer, der Wirtschaftswissenschaftler Ahmad A Omeirate und Strafverteidiger László Anisic 

Das Thema Clan-Kriminalität in Deutschland wird stets mit großem Getöse untermalt. Shisha-Bars – das Endgegner Wort in der aktuellsten Diskussion – Höllenlöcher in deren Hinterzimmern Deals vereinbart werden. Dicke Autos, dicke Uhren, um auf dicke Hose zu machen – bezahlt von Sozialhilfe. Die Dokumentation vor der Hart-aber-Fair-Diskussion trug den Titel „Beuteland“. Gemeint ist damit Deutschland. Da ist viel Effekthascherei im Spiel.

Welche Mittel haben Justiz und Rechtsstaat, um Clans nachzukommen?, fragte Plasberg in dieser Sendung. NRW-Innenminister Herbert Reul versucht es aktuell mit öffentlichkeitswirksamen Razzien. „Nadelstiche“, die kriminelle Netzwerke stören sollen. Über die Wirksamkeit dieser Strategie ist die Runde geteilter Meinung.

Die Kette Clans - Ausländer - Kriminalität ist schnell gezogen. Gastarbeiter die nicht integriert wurden, Politikversagen erster Güte. Der Grad zwischen Vorverurteilung und konsequenter Verfolgung der Straftäter ist schmal. Brandgefährliches Terrain. Plasberg bedient es gleich zu Beginn der Sendung unverfroren.

Alles zum Thema Herbert Reul

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Der Wirtschafts- und Islamwissenschaftler Ahmad A Omeirate

Ahmad A. Omeirate wird erstmal gefragt, wie er sich denn mit seinem Nachnamen fühle. Omeirate klinge ja ähnlich wie ein Clan-Name. Ob in der Familie denn offen über Kriminalität in den eigenen Reihen gesprochen werde? Sei da etwas bekannt? Der Wissenschaftler reagiert weniger verschnupft und viel sachlicher, als es bei dieser Frage verständlich gewesen wäre. Im Laufe der Sendung gerät er immer wieder in die Situation erstmal erklären zu müssen, dass er nicht in entsprechende Strukturen eingebunden sei.

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Olaf Sundermeyer ist eine der Stimmen in Deutschland, die bestimmt nie fehlt, wenn es um Clan-Kriminalität geht. Er erzählt, was ihm Jugendliche bei seiner Recherchen auf der Straße sagen: „Wir leben in unserer Welt, in einer Parallelwelt. Wir wollen mit euch nichts zu tun haben.“ Gerade das freiheitliche, demokratische Prinzip, das bei uns so geschätzt werde, sei für Menschen anfällig, die sich diesen Werten nicht verpflichtet fühlen.

„Das ist eine Geschichte von gescheiterter Integration“, sagt Sundermeyer. Er hebelt auch gleich das Argument „Ausländer“ aus den Angeln. Die Täter heutzutage hätten alle die deutsche Staatsbürgerschaft.

Innenminister Reul muss sich verteidigen

Der nordrheinwestfälische Innenminister Herbert Reul ist während der Sendung permanent im Verteidigungsmodus. Zu wenige Ergebnisse, zu langsame Polizeiarbeit, kein großer Wurf bisher. „Es bewegt sich was. Es sind die Nadelstiche, es ist nicht die große Tat. Aber es tut sich was“, wiederholt Reul immer wieder. Die großen Schläge kämen noch.

Im Heuschreckenprinzip über kleine Shisha-Bars und Restaurants herzufallen, und „im Kleinkriminellen rumsuhlen“, reiche nicht aus, sagt Rechtsanwalt László Anisic, der auch Familienclans verteidigt. Die großen Dinge würden nicht ordentlich ermittelt und nicht hinreichend verfolgt. „Werden die Leute denn auch verurteilt?“, fragt er berechtigterweise mit Blick auf Reuls Angabe von 350 Festnahmen im Milieu. 

Verurteilung ganzer Familien im Schnellverfahren

„Wir sind da um Bürger zu schützen, wenn der Staat über die Maßen handelt“, sagt Anisic über seine Arbeit. Wenn man Blutsverwandschaft als Kriterium nehme, um Menschen zu überwachen, würden sich ihm die Haare sträuben. „Familien sind nicht kriminell. Kriminell sind Taten“, sagt er und erntet Applaus.

Die Kriminologie-Professorin Dorothee Dienstbühl bleibt in der Diskussion eher im Hintergrund. Die Taktik der Nadelstiche von Reul sei nichts Neues, aber richtig. Öffentlichkeitswirksame Aktionen wirkten in Milieus, in denen sonst das Familienrecht herrscht.

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Die Kriminologin Dorothee Dienstbühl

Aber: Zoll und Finanzamt müssten beteiligt werden. Allein könne die Polizei die Aufgabe nicht stemmen. „Ich kann Menschen nicht integrieren, die nicht integriert werden wollen. Es muss auch über Repressionen funktionieren.“, sagt die Wissenschaftlerin.

„Die Fehler der Integrationspolitik der vergangenen Jahrzehnte dürften nicht wiederholt werden,“ sagt Sundermeyer.

Am Ende fragt Plasberg noch, mit wem aus der Runde die Gäste eine Shisha rauchen würden. Sundermeyer und Anisic haben eine Verabredung.  

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