Louwrens Langevoorts Pläne für die neue Saison„Wir beschränken uns auf 1000 Leute“

Lesezeit 4 Minuten
Musikmanager Louwrens Langevoort stellt das Programm der Kölner Philharmonie vor.

Musikmanager Louwrens Langevoort stellt das Programm der Kölner Philharmonie vor.

  • Zu Beginn der Corona-Pandemie sei die Situation schrecklich gewesen, erinnert sich Louwrens Langevoort: „Ein Gefühl der Ohnmacht stellte sich ein.“
  • Für die neue Saison hat er ambitionierte Pläne. Nun sei es entscheidend, das Vertrauen des Publikums zurückzugewinnen.
  • Wie das gelingen soll, erläutert der Musikmanager im Interview.

Herr Langevoort, die neue Saison wird mit dem Originalklang-Festival „Felix!“ Ende August beginnen, damit endet die lange Corona-Durststrecke. Wie haben Sie diese erlebt?

Im März war die Situation schrecklich, denn wir wussten nicht, in welche Richtung wir planen konnten. Wir mussten alle gemeinsam erst entdecken, wohin so eine Reise geht: dass man zunächst davon ausgeht, dass dies eine Welle ist, die in zwei Monaten wieder abebben wird. Dann kamen die Erlasse aus Düsseldorf, mit denen die Schließung immer weiter verlängert wurde – plötzlich dauerte das alles länger und länger, und ein Gefühl der Ohnmacht stellte sich ein.

Und privat?

Privat habe ich März und April genossen, vor allem wegen der Stille, die sich über die Stadt legte. Man konnte richtige Spaziergänge machen, viel lesen! Es war ein total verändertes Leben. Für den Beruf war das natürlich grauenvoll, wir haben über 80 Tage hinweg keine Konzerte veranstalten können, bis Ende Mai das erste Konzert mit dem Gürzenich Orchester diesen Zustand beendete, mit 100 Zuhörern, die sich im Saal verteilten.

Jetzt geht es wieder richtig los, mehr oder weniger …

Ab dem 27. August gibt es wieder viele, viele Konzerte, und wir dürfen wieder mehr Menschen in die Philharmonie hineinlassen – theoretisch sogar 2000 Gäste – aber wir wollen das so nicht in die Tat umsetzen, damit Konzertbesucher sich ausreichend geschützt fühlen.

Es gab vor wenigen Tagen eine Empfehlung der Berliner Charité, wonach klassische Konzerte unter den entsprechenden Auflagen wieder mit voller Besucherzahl realisiert werden könnten.

Mundschutz, Abstandsregeln beim Einlass, all das wollen auch wir beherzigen. Wir wollen uns jedoch, was das Publikum betrifft, auf 1000 Leute beschränken.

Ist denn die Bereitschaft beim Publikum vorhanden, ein Konzert zu besuchen, oder herrscht Besorgnis vor?

Die Zurückhaltung ist spürbar. Es ist wirklich eine Frage des Vertrauens, das wir zurückgewinnen müssen. Wir kennen gute Beispiele dafür, dass das möglich ist – Salzburg etwa ist seit dem 1. August zum Konzertbetrieb zurückgekehrt, und es ist glücklicherweise bislang nichts geschehen im Hinblick auf die Ansteckung.

Wie ist die Lage bei den Orchestern?

Wir haben die Möglichkeit, bei den Streichern im Orchester die Abstände zu verringern; darauf werde ich die Orchester hinweisen; wie diese damit umgehen, darauf kommt es jetzt an.

Das könnte Sie auch interessieren:

Nicht jedes Orchester spielt nach den gleichen Corona-Regeln?

Die Bundesländer haben alle andere Regeln und unterschiedliche Gesetzgebungen. Internationale Orchester natürlich auch. Amerikanische und russische Orchester haben ohnehin alle Auftritte abgesagt. Die Europäer hingegen wollen gerne auftreten, selbst, wenn die Zuhörer einen Meter voneinander entfernt sitzen und nur ein Streicher am Pult sitzt, so wie wir es im Juni hatten.

Es wird gesagt, dass manche Instrumentengruppen besonders heikel seien. Gibt es jetzt nur noch Streicherensembles?

Nein, bei Bläsern setzen wir auf Distanz, damit niemand gefährdet wird – wenn diese eingehalten wird, besteht nach aktuellem Kenntnisstand keine Gefahr. Die Bläser sitzen also in einiger Entfernung zu den Streichern. Wir werden auch deshalb keine flötenlosen Stücke spielen.

Hat Sie die Krise auch ökonomisch getroffen?

Nun gut, die KölnMusik lebt außer von Subventionen durch die Stadt von Mieteinnahmen – die sind natürlich total weggebrochen. Die Einnahmen durch den Kartenverkauf blieben ebenfalls aus – dem gegenüber steht, dass es auch keine Konzerte gab.

Das heißt, die Hauptleidtragenden sind die Künstler.

Wir haben zwar Ausfallhonorare gezahlt, doch das war eher moderat: Wir wollten ein Zeichen setzen, dass wir die Betroffenen unterstützen. Von jetzt an engagieren wir die Künstler wieder unter normalen Bedingungen. Wobei wir natürlich das Risiko übernehmen, wenn wenig Publikum kommt.

Um noch mal darauf zurückzukommen, dass Sie das Vertrauen dieses Publikums zurückgewinnen müssen. Wie wollen Sie das erreichen?

Wir müssen transparent machen, mit wie viel Sorgfalt wir mit der Situation umgehen. Das beginnt bei der Reservierung der Karten, die man am besten digital bestellen sollte. Man kann sich die Karten selbst zu Hause ausdrucken – am liebsten würde ich in unserem Ticketladen nur noch Kartenzahlung zulassen: Bargeld passt nicht in diese Zeiten.

Wie steht es mit der Gastronomie?

Der gastronomische Betrieb steht still. Wir können uns keine Gruppenbildung im Foyer leisten. Die Dauer der Konzerte beträgt etwas mehr als eine Stunde, und es gibt keine Pause: Man setzt sich und geht wieder raus. Bei all dem vertrauen wir aber auch auf tolle Konzerte.

Worauf freuen Sie sich besonders?

Es klingt vielleicht blöd, aber ich freue mich auf alles – nach der langen Zeit, in der es gar nichts gab. Ich freue mich wie ein kleines Kind, zum Beispiel darüber, dass wir angesichts der vielen Umplanungen als „Ersatzorchester“ die Berliner Philharmoniker mit Petrenko haben, dass die Dresdner Staatskapelle kommt. Das ist ein Programm, das man keinesfalls als Ersatz bezeichnen kann.

KStA abonnieren