Ewa Bogusz-Moore über ihre Pläne für die Kölner Philharmonie, das Ende des Acht-Brücken-Festivals und den 40. Geburtstag des Kölner Konzerthauses.
Neue Philharmonie-ChefinWie Ewa Bogusz-Moore ein jüngeres Publikum erreichen will

Ewa Bogusz-Moore, die neue Intendantin der Kölner Philharmonie
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Nach 21-jähriger Amtszeit von Louwrens Langevoort wird am 1. August Ewa Bogusz-Moore neue Intendantin der Kölner Philharmonie und Geschäftsführerin der KölnMusik. Die Polin, 1975 in Breslau geboren, studierte Cello in Breslau und Kulturmanagement in London. Sie arbeitete für verschiedene Festivals in Großbritannien und Polen, das European Union Youth Orchestra und ist seit 2018 General- und Programmdirektorin des Nationalen Symphonieorchesters des polnischen Rundfunks in Kattowitz.
Frau Bogusz-Moore, wie haben Sie bisher Köln als Musikstadt wahrgenommen?
Als ich in Warschau für das Adam-Mickiewicz-Institut gearbeitet habe, vergleichbar dem deutschen Goethe-Institut, bestand meine Aufgabe in der Förderung polnischer Musik. Da habe ich zum Beispiel bei einem Projekt mit verschiedenen polnischen Komponisten mit dem in Köln ansässigen Ensemble Musikfabrik zusammengearbeitet. Ich kannte Köln sehr gut als Musikstadt und Zentrum der Neuen Musik.
Welche Stärken, welche Schwächen hat die Kölner Philharmonie? Wo sehen Sie Handlungsbedarf?
Nicht nur in Köln haben wir überall dieselben Fragen und Aufgaben. Wie sieht die Zukunft der Konzerthäuser aus? Wie halten wir den Kontakt zum Publikum? Alles verändert sich, das Publikum ebenso wie die Gesellschaft und der Geschmack jüngerer Generationen. Welche Verbindung hat also eine Philharmonie mit der Gesellschaft? Es gibt immer noch ein Kernpublikum für Klassik, das älter ist und seine eigenen Gewohnheiten hat, sich zu informieren. Darüber hinaus brauchen wir für jüngeres Publikum andere Medien und Arten der Kommunikation, um möglichst alle zu erreichen. Und immer mehr Menschen wechseln gerne zwischen den Genres, zwischen Klassik, Jazz, Avantgarde, Weltmusik und auch anderen Kunstformen wie Theater und Tanz. Ich möchte Programme entwickeln, die solche Verbindungen herstellen.
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Sie planen neue Formen der Ansprache für die diverse Stadtgesellschaft?
Wir arbeiten an neuen Formaten. Ich denke, das 40-jährige Jubiläum der Kölner Philharmonie in der Saison 2026/2027 bietet eine großartige Chance, neue Farben und Varianten in das Programm zu integrieren. Aber zweifellos bleibt klassische Musik der Kern unseres Programms. Dafür haben wir mit dem WDR Sinfonieorchester und dem Gürzenich-Orchester auch zwei großartige Klangkörper. Was sich auf keinen Fall ändern wird, ist die Qualität der Musik, die wir in der Philharmonie präsentieren, um welche Programme auch immer es sich handelt.
Die Philharmonie ist für große Orchesterkonzerte dimensioniert. Wie möchten Sie hier dennoch eine möglichst große Breite an Sparten, Stilistiken und Szenen abbilden?
Wer mit klassischer Musik nicht so vertraut ist, bevorzugt kürzere Konzerte. Solche wird es geben. Wir müssen auch andere Formen des Erzählens und Erklärens entwickeln, um diese wunderbare Musik zu vermitteln und über verschiedene Medien anders anzukündigen. Das ist die Kernaufgabe von Kommunikation und Marketing. Wer im Konzert ist, spürt, was geschieht. Doch wie locken wir Menschen erst einmal ins Konzert? Wie ist die Ankündigung eines Konzertes und was geschieht am Eingang der Philharmonie? Klassische Musik könnte zu einer Reise werden, zu einer Erfahrung, auf die man sich einlässt.
Ihr neuer Arbeitgeber, die Stadt Köln, hat Ihnen soeben mit der Liquidierung des Acht-Brücken-Festivals eine wichtige Plattform genommen. Wie wichtig ist Ihnen ein Festival für zeitgenössische Positionen?
Neue Musik ist wichtig und für die Kölner Philharmonie eine Verpflichtung, nicht zuletzt wegen der Geschichte dieser Stadt. Eines der bedeutendsten Werke von Krzysztof Penderecki – der Heroe der neuen Musik in Polen – ist die „Lukas-Passion“, und diese wurde vom WDR Köln in Auftrag gegeben! Da schließt sich für mich ein Kreis. Ein Festival kann die Aufmerksamkeit bündeln und die Scheinwerfer auf etwas richten, von dem wir wollen, dass es die Öffentlichkeit erfährt. Wir brauchen einen solchen Fokus für Neues, für Experimente und Risiko, um zu zeigen, wie sich die Musik heute weiterentwickelt. Nur weil die Stadt jetzt das Geld für Acht Brücken gestrichen hat, heißt das nicht, dass es nicht anders weitergehen kann. Manchmal helfen Schnitte auch, Dinge neu zu denken und zu formen. Ich möchte auf jeden Fall 2027 etwas Neues präsentieren.
Der WDR stünde dafür bereit, ebenso die Förderer von Land und Kunststiftung NRW.
Ja, es gibt hier großartige Partner und die Energie und den Willen, weiterzumachen.
Mit Zamus und Felix gibt es in Köln zwei lokale Festivals für Alte Musik. Sollte man nicht besser mit vereinten Kräften gemeinsam ein international bedeutendes und überregional ausstrahlendes Festival gestalten?
Kooperationen, Partnerschaft und Synergien sind unerlässlich. Alle Einrichtungen wollen eigenständig sein und ihr Profil haben, was auch in Ordnung ist. Aber ich bin sicher, dass wir eine Basis finden, um Kräfte zu vereinigen und gemeinsam etwa zu machen. Das betrifft auch die Kölner Philharmonie und das Museum Ludwig. Ich möchte intensiv daran arbeiten, dass diese beiden Einrichtungen unter demselben Dach ein „Open House“ werden, weil das für das Publikum besser wäre. Für aufwändige und teure Projekte werde ich auch internationale Partner suchen.
WDR, Gürzenich, Westdeutsche Konzertdirektion, Netzwerk Kölner Chöre und andere bringen eigene Programme in die Philharmonie. Wie viel können Sie überhaupt selbst gestalten?
Der Öffentlichkeit ist es letztlich nicht so wichtig, wer diese Programme präsentiert, weil alles in der Kölner Philharmonie stattfindet. Ich möchte nicht nur Konzerttermine vergeben, sondern wir geben den Partnern auch das Label und ich würde gerne eingebunden sein, wann und wie wir all diese großartigen Programme, Musikerinnen und Musiker präsentieren, damit eine Dramaturgie entsteht und bestimmte Werke in kurzer Zeit nicht mehrfach aufgeführt werden.
Sie haben Cello studiert. Vermissen Sie es, selber zu musizieren?
Das ist mein Herkommen und auch wichtig für meine aktuelle Arbeit. Ich weiß, wie es ist, in einem Orchester zu spielen, sodass ich als Veranstalterin auch die andere Seite kenne. Ich habe auf professionellem Niveau Cello gespielt und weiß deswegen, dass ich dahin nicht wieder komme. Aber ich würde manchmal gerne Kammermusik und Streichquartette spielen, weil ich diese sehr direkte Form von Interaktion schätze.
Sie sind also Teamplayer?
Ja, das bin ich. Ich muss alle möglichen Sichtweisen um mich herum wahrnehmen. Es geht immer um Umsicht und Dialog. Aber am Ende des Tages liegt es auch an mir, Entscheidungen zu treffen.