Bundesliga-Reporter Ulli Potofski ist im Altern von 73 Jahren gestorben. Er hat die Fußball-Berichterstattung in Deutschland geprägt.
Zum Tod von Uli PotofskiEr hat unseren Blick auf den Fußball für immer verändert

Ulli Potofski beim Bundesliga-Spiel Augsburg gegen Hoffenheim im Jahr 2023.
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Wie einschneidend dieser Moment für die deutsche Fußball-Berichterstattung sein würde, ahnte Ulrich „Ulli“ Potofski vielleicht schon, als er im Frühjahr 1988 zum ersten Mal „Anpfiff“ bei RTL moderierte. „Beginnt jetzt eine neue Fußballepoche? Ich weiß es nicht. Eins will ich Ihnen vorweg sagen, liebe Zuschauer. Wir treten hier nicht als die Weltmeister an, wir wollen es, vielleicht, mal werden“, sagte er zu Begrüßung.
Weltmeisterliches Niveau erreichte die RTL-Sportsendung nie, aber den Blick auf den Fußball in Deutschland hat sie dennoch für immer verändert. Hoch seriös war die Berichterstattung in der alles beherrschenden „Sportschau“ bis dahin gewesen. Nun wurden die Spiele der Bundesliga in der manchmal bis zu drei Stunden langen Sendung fast zur Nebensache, die Unterhaltung rückte in den Vordergrund. Und die Kommerzialisierung des Fußballs nahm durch den Rechtedeal und die Art der Präsentation an Fahrt auf.
Er versuchte sich als Schlagersänger
Der Weg in die Medienwelt war nicht vorgezeichnet für den Arbeitersohn aus Gelsenkirchen. Nach der Volksschule machte Ulli Potofski eine Ausbildung zum Koch. Doch das war nichts für ihn, er wollte zum Radio. Der 17 Jahre alte Teenager versuchte sich zunächst als Schlagersänger. Als Ulli Mario sang er Lieder wie „Ich kann an keinem Girl vorübergeh'n“ und „Lauf nicht wie ein Hase vor der Liebe weg“. Der Erfolg blieb aus. Die Zeit sei noch nicht reif gewesen für solch ausgefeilte Texte, scherzte er später.
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Seinen Traum verfolgte er dennoch konsequent. Instinktiv spürte er wohl, dass der damals alles beherrschende öffentlich-rechtliche Hörfunk für ihn nicht das Richtige war und versuchte bei der aufstrebenden Konkurrenz aus Luxemburg sein Glück. Oder wie er es einmal in einem Interview formulierte: „Da habe ich mich angebiedert.“ Kurzerhand rief er bei Radio Luxemburg an und hatte durch einen Zufall Frank Elstner am Apparat.
Er wolle gerne Musiksendungen moderieren, ließ er den damaligen Programmdirektor wissen. „Die Chance steht 1:10.000, dass wir sie einstellen“, habe Elstner entgegnet. Aber er solle halt mal vorbeikommen. Also fuhr Potofski, der keinerlei Erfahrung als Moderator oder Journalist hatte, nach Luxemburg und wurde von Elstner auf sein Redetalent getestet. Unter anderem musste er ein Interview mit dem Chef der Deutschen Bundesbank imitieren. Und ein Interview mit dem echten Udo Jürgens führen. Danach habe Frank Elstner nur noch gesagt: „Wann können Sie anfangen?“
Es war der erstaunliche Start einer erstaunlichen Karriere, die den gelernten Koch aus dem Ruhrgebiet zum gesamtdeutschen Fernsehstar machen sollte. 1989 erhielt er den Bambi als beliebtester Fernsehmoderator.
Stefan Raab nannte den Lockenkopf einmal den ersten moderierenden Pudel des deutschen Fernsehens. Übel nahm Potofski anderen solche Sprüche nicht, dafür war er selbst viel zu flapsig. Die 1980er sei die Zeit der Plappermäuler im Fernsehen gewesen. „Ich habe mich getraut, einfach draufloszureden.“ Sehr naiv sei er gewesen.

Ulli Potofski im ersten Jahr von „Anpfiff“ bei RTL.
Copyright: IMAGO/United Archives
Von Radio Luxemburg führte sein Weg aber nicht direkt zu RTL, sondern erst einmal zum WDR. Kurt Brumme, Erfinder der Bundesligakonferenz im Radio, ließ ihn Spiele kommentieren. 1981 war die Partie Borussia Mönchengladbach gegen den MSV Duisburg der erste Einsatz für den bekennenden Schalke-Fan. Gladbach gewann 4:2.
1984 ging Potofski zurück zum Privatfernsehen und wurde zu einem RTL-Gesicht der ersten Stunde. Über Jahrzehnte prägte er die Sportberichterstattung des Senders, ob in „Anpfiff“ oder „RTL aktuell“.- Neben Fußball war er auch beim Tennis und Skispringen als Berichterstatter im Einsatz.
Er berichte auch über Tennis und Skispringen
Lange verfolgte ihn die Katastrophe im Heysel-Stadion von Brüssel vor dem Europapokalendspiel zwischen Juventus und Liverpool im Jahr 1985, bei der 39 Menschen starben. „Das ZDF brach im Zuge dieser Katastrophe die Spielübertragung ab, RTL natürlich nicht und ich musste kommentieren. Ich dachte, ich könnte nie wieder in ein Stadion gehen und bis heute stand ich nicht mehr auf einem Stehplatz“, erinnerte er sich Jahrzehnte später in einem Interview.
Die Begeisterung für den Fußball ließ ihn dennoch nie los. Seit 2006 berichtete er für Sky - damals noch Premiere - hauptsächlich über die Bundesliga, aber auch über andere Sport-Großereignisse wie das Tennisturnier in Wimbledon.
Als Kommentator des Domino-Day bei RTL, Kinderbuchautor und Teilnehmer bei der Tanzshow „Let's Dance“ wagte er sich mit viel Selbstironie auch in andere Bereiche der Unterhaltung.
Die Entwicklung des Fußballs sah er zuletzt auch kritisch: „Der Fußball ist zu groß, zu teuer und zu kompliziert geworden.“ Natürlich wusste er, dass er selbst zu dieser Kommerzialisierung beigetragen hatte.
Erst 2023 hatte Ulli Potofski, der lange in Köln lebte und 2021 nach Kempten zog, bei Sky um weitere zwei Jahre verlängert. Doch eine schwere Krankheit machte diese Pläne zunichte. Nun ist einer der populärsten deutschen Sportreporter mit 73 Jahren gestorben.