Trump-Anwalt mit Hand in der HoseWie aus dem Borat-Film in den USA ein Politikum wird

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Der neue Borat-Film sorgt für Diskussionen.

  • Als Schattenmann und dubioser Einflüsterer zog der ehemalige New Yorker Bürgermeister die Strippen für das Ukraine-Komplott.
  • Doch nun spielt Giuliani unfreiwillig eine delikate Hauptrolle im neuen „Borat“-Film.
  • Die kompromittierenden Bilder kurz vor der Wahl haben eine politische Dimension.

Washington – Von allen dubiosen Gestalten in Donald Trumps Dunstkreis ist Rudy Giuliani wohl die schillerndste. Der ehemalige New Yorker Bürgermeister füllte die Klatschspalten mit einem Scheidungskrieg der Extraklasse, er war treibende Kraft hinter dem Ukraine-Komplott, betrieb mit kriminellen Geschäftspartnern eine Nebenaußenpolitik und gilt selbst dem rechten Hardliner John Bolton als „ungesicherte Handgranate“. Trotzdem wirkt der 76-Jährige, dessen Tochter zur Wahl der Demokraten aufruft, als persönlicher Anwalt des Präsidenten und munitioniert diesen gerade für eine neue Schmutzkampagne gegen Herausforderer Joe Biden.

Doch statt Biden steht nun plötzlich der publicitygeile Giuliani im Rampenlicht. Auf die prominente Rolle, die er im neuen „Borat 2“-Film des britischen Komikers Sacha Baron Cohen spielt, hätte er bestimmt gerne verzichtet. In einer Szene der bösen Satire, die in den USA am Freitag erstmals zu sehen ist, liegt der Trump-Vertraute nach amerikanischen Medienberichten auf einem Hotelbett und greift vor den Augen einer jungen Frau mit der linken Hand ziemlich tief in die ausgebeulte Hose. „Es ist noch wilder, als es klingt. Es ist mehr als peinlich“, schreibt die Kolumnistin Maureen Dowd, die den Film schon gesehen hat, in der „New York Times“. Noch wilder als die ersten Fotos, die im Netz kursieren, ist die Geschichte dahinter.

In dem Film soll Cohens Alter Ego Borat nämlich im Auftrag der kasachischen Regierung die Trump-Administration bestechen und dazu einem möglichst hochrangigen Vertreter seine Tochter Tutar zuführen, die von Maria Bakalova gespielt wird. Tutar gibt sich bei Giuliani als Journalistin eines rechten TV-Senders aus und führt mit schwerem osteuropäischen Akzent ein Interview. Giuliani lobt die Corona-Politik von Trump und zeigt sich aufgeschlossen für die Schmeicheleien der fiktiven Reporterin, mit der er anschließend auf sein Zimmer geht und sie nach ihrer Telefonnummer fragt. Just in dem Moment, da seine Hand in der Hose steckt, taucht Borat auf und ruft: „Sie ist 15 Jahre alt. Sie ist zu alt für dich.“

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Zwar ist Bakalova im echten Leben 24 Jahre alt. Der Rest der bizarren Begegnung zwischen dem Komiker und dem Politiker in einem New Yorker Hotel aber dürfte sich Anfang Juli so zugetragen haben. Giuliani selbst hatte damals nämlich die Polizei gerufen und sich beklagt, dass ein „Typ (…) mit einer rosa Transgenderkleidung, einem pinken Bikini mit Riemen“ bei ihm im Zimmer aufgetaucht und wieder verschwunden sei. Offenbar ahnte der 76-Jährige nicht, dass er unfreiwillig in einem verdeckten Dreh mitgespielt hatte. „Das ‚Borat‘-Video ist eine komplette Fälschung“, wettert Giuliani nun. „Ich habe nur mein Hemd in die Hose gesteckt, nachdem ich es wegen des Aufnahmeequipments (gemeint ist wohl das Mikrofonkabel) herausgezogen hatte.“

Offenbar seien die Aufnahmen bearbeitet worden. Mit dieser Inszenierung sollte seine Enthüllung der „Kriminalität und Verdorbenheit von Joe Biden und seiner ganzen Familie“ diskreditiert werden.

Was damit gemeint ist: Seit Tagen füttert Giuliani das rechte Boulevardblatt „New York Post“ mit angeblichen Mails aus einem Laptop, den Bidens Sohn Hunter in einer Reparaturwerkstatt in Delaware abgegeben und nicht wieder abgeholt haben soll. Die Nachrichten, die nicht überprüft werden können und von seriösen US-Medien angezweifelt werden, sollen nahelegen, dass die frühere Tätigkeit von Hunter Biden für einen ukrainischen Gaskonzern die Politik des damaligen Vizepräsidenten Joe Biden beeinflusst hat. Genau dafür hatten die Republikaner freilich im September in einem 87-seitigen Bericht keine Anzeichen gefunden.

„Versoffener Dreckskerl“

Hingegen haben US-Geheimdienste nach Medienberichten Präsident Trump gewarnt, dass russische Geheimdienste über Giuliani versuchen könnten, Desinformationen zu streuen. Suspekt ist auch das Auftauchen des Laptops mit vermeintlich brisantem Inhalt kurz vor der Wahl. Auch hier untersucht das FBI eine Verwicklung Moskaus. Schließlich zeigt die „Borat“-Posse, wie leicht es selbst für einen Komiker ist, kompromittierendes Material über einen der wichtigsten Berater von Trump zu fabrizieren. „Giuliani ist ein einfaches Ziel für russische Agenten, weil er ein versoffener Dreckskerl ist“, urteilt dessen Vorgänger im Amt als Trump-Anwalt, Michael Cohen.

Ob Giulianis delikater Fehlgriff irgendwelche politische Auswirkungen haben wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Dass die Regierung des Reality-TV-Stars Trump aber kurz vor der Wahl ausgerechnet von einem überdrehten Komiker in einer Satire vorgeführt wird, entbehrt nicht einer bitterbösen Ironie.

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