NRW-Landesregierung:Größte Probleme liegen bei der Wasser- und Energie-Versorgung

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Zerstörung Erftstadt Luftbild

Die Fluten haben große Teile Blessems zerstört.

Köln – Nach wie vor ist die Lage in den Hochwassergebieten äußerst angespannt. Dies geht aus einem aktuellen Lagebericht des Krisenstabes der Landesregierung hervor, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. Die größten Probleme liegen vor allem bei der Wasser- und Energie-Versorgung der Bevölkerung. Allein im Raum Eschweiler steht dem Report zufolge 30 000 Bürgern einzig Brauchwasser zur Verfügung. Inzwischen hat der örtliche Krisenstab zehn Trinkwasserstationen eingerichtet.

Die Reparatur der Leitungen wird noch einige Tage dauern. Auch ist in der Stadt das Strom- und Handynetz von Telekom und Vodafone weitgehend lahmgelegt. Im besonders betroffenen Hagen fehlt noch 42 Straßenzügen ausreichend Energie. Dort wurden mittlerweile 115 Tonnen Sperrgut entsorgt.

Viele Haushalte noch immer ohne Strom

Etliche Krankenhäuser, Pflege- und Altenheime sowie Hospize mussten geräumt werden, tausende Menschen verließen in den Krisenregionen ihre Heimstätten. Schlimm sieht es etwa in Bad Münstereifel oder in Leverkusen aus. In der Bayer-Stadt fehlt noch 800 Wohneinheiten Strom. Das große Klinikum ist aktuell außer Betrieb.

Alles zum Thema Herbert Reul

Auch im überfluteten Leichlingen bleiben noch 150 Haushalte von der Energieversorgung abgeschnitten. Das Rathaus läuft im Notstrommodus. Durch ausgelaufene Heizöl- und Dieseltanks sind die Fluten besonders belastet. Ähnlich prekär sieht es in Odenthal aus. Auch hier gibt es weder Wasser und noch Energie. In Erftstadt-Bliesheim und Friesheim sind 1464 Bewohner von dem Notstand betroffen.

Wassersäcke schützen ein Umspannwerk in Ophoven im Kreis Heinsberg. Nachdem der Deich im nahegelegenen Ohe gebrochen war, mussten alle Bewohner, darunter eine Altenwohngruppe, in einer Notunterkunft untergebracht werden. Nach Angaben des Wasserverbandes Eifel-Ruhr (WVER) schließen die niederländischen Nachbarn bei Hochwassergefahr stets die Schleuse der Rur, um die Stadt Roermond zu schützen. Die Fluten könnten aber anderweitig in die Maas geleitet werden.

47 Tote in NRW - Leichenspürhunde im Einsatz

Großen Ärger bei den Aufräumarbeiten bereiten Katastrophentouristen: Am Wochenende hat die Polizei allen im Bereich Stolberg und Eschweiler nahezu 2600 Gaffern einen Platzverweis erteilt.

Laut Innenminister Herbert Reul sind in NRW inzwischen 47 Menschen gestorben, darunter vier Feuerwehrleute. Der CDU-Politiker schloss nicht aus, dass sich die Zahl erhöhen könnte. So wurde im RWE-Tagebau Inden eine Jacke nebst Handy gefunden. Der Besitzer ist bisher nicht identifiziert.

Dutzende Leichenspürhunde suchen nach Verschütteten. Gleich drei Mal schlugen die Tiere nahe Erftstadt auf der untergangenen Bundesstraße 265 bei Fahrzeugen an, die in vier Metern Tiefe liegen. Bisher aber wurden in den knapp 60 geborgenen Fahrzeugen keine toten Insassen entdeckt.

Auch an der Abbruchstelle der Kiesgrube in Erftstadt-Blessem zeigten die Spürhunde am Wasser drei Kontakte an. Polizeitaucher versuchen sich nun an der Gefahrenstelle Gewissheit zu verschaffen. „Die Lage ist nach wie vor dynamisch“, betonte Reul am Montag. So sind etliche Retter im Einsatz verletzt worden, ein Beamter im Kreis Düren erlitt einen Herzinfarkt.

Noch immer sind Menschen eingeschlossen

Knapp 32 000 Einsätze haben 18 677 Feuerwehrleute, Polizisten und andere Helfer bisher gefahren. 13 Hubschrauber von Bundeswehr, Bundes- und Landespolizei sind unterwegs, um eingeschlossene Bewohner aus der Luft zu retten. In Oberhausen besteht laut dem Lagebericht immer noch eine „Gefährdungslage für den Ruhrdeich.“

Während in Köln mittlerweile die Situation unter Kontrolle scheint, suchen die Retter in Erftstadt-Blessem immer noch nach vermissten Personen mit Booten und Strömungsrettern. Am Sonntagabend mussten die Hubschrauber auf Grund der Wetterlage abdrehen, zeitweilig sorgte Gas aus den defekten Leitungen für ein erhöhtes Risiko. Allein hier in einem Epizentren der Flutkatastrophe gingen zwölf Einsatzfahrzeuge nebst einem Rettungsboot der Feuerwehr zu Bruch.

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Swisttal -Odendorf, Swisttal-Miel, Ludendorf, Essig sowie größere Teile von Heimerzheim mussten geräumt werden. In den Notunterkünften wurde der Mangel an Medikamenten behoben. Besonders kritisch sieht es in Rheinbach aus: Verkehrswege sind genauso zerstört wie viele Abwasserleitungen.

Inzwischen läuft das Brackwasser in Bäche und andere Gewässer. Derzeit sei das Ausmaß der Gefahr noch unklar, heißt es. Die eingerichteten Müll-Deponien seien laut Lagebericht längst überfüllt. „Hier benötigt die Stadt dringend externe Hilfe. Angesichts der steigenden Temperaturen besteht die Gefahr von Seuchen und Ungezieferbefall“, heißt es.

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