Eine neue Studie bescheinigt NRW ein gravierendes Apothekensterben. Die Apothekenkammer hält eine Ursache für besonders entscheidend.
Studie zu Apothekensterben in NRWWarum in Köln mehr Apotheken schließen als auf dem Dorf
Man muss nach guten Nachrichten suchen, wenn man die Studie „Apotheken und Approbierte in Nordrhein-Westfalen“ des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH) liest. Doch immerhin: Über 90 Prozent der Befragten gaben an, zufrieden mit Medikamentenversorgung in NRW zu sein. Und: In NRW gibt es keine Kommune, die ganz ohne Apotheke auskommen muss. Die Frage ist: wie lange noch?
Doch ansonsten bilanziert das IFH: Das Apothekennetz in Nordrhein-Westfalen wird zunehmend löchriger. In den vergangenen zwanzig Jahren ist der Bestand an Apotheken um 21 Prozent zurückgegangen. Insgesamt haben in dieser Zeit rund 1100 Apotheken geschlossen. Gemeinsam mit den beiden NRW-Apothekenkammern und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann stellte das IFH die Studie am Dienstag in Düsseldorf vor.
Hoffmann: Fachkräftemangel Grund für Apothekensterben
„Das Apothekennetz in NRW ist noch tragfähig – mit der Betonung auf noch. Aber es ist kurz vor zwölf“, sagte Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekenkammer Westfalen-Lippe. Vor allem in strukturschwachen Gebieten sei die Versorgung mit Medikamenten zunehmend gefährdet.
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Laut der Studie verfügte im vergangenen Jahr jede zehnte Kommune in NRW nur noch über eine Apotheke. Das sind 52 Prozent mehr als noch 2012. Insgesamt gab es in 41 Kommunen lediglich eine Apotheke. Zehn Jahre zuvor waren es 27.
Als Hauptgrund für das Apothekensterben führte Armin Hoffmann, Präsident des Apothekenkammer Nordrhein, den Fachkräftemangel an: „Während uns immer mehr Fachkräfte fehlen, steigt der Bedarf an Pharmazeutinnen und Pharmazeuten kontinuierlich an. Ohne zusätzliche Maßnahmen werden wir das nicht ausgleichen können.“
Laumann denkt über Imagekampagne für Selbstständigkeit nach
Beim Wettbewerb um die Fachkräfte, etwa mit der Industrie und mit Krankenhaus-Apotheken, würden die öffentlichen Apotheken zunehmend ins Hintertreffen geraten, so Hoffmann. Er forderte unter anderem bessere Honorare für Apothekerinnen und Apotheker, ein größeres Studienplatzangebot und finanzielle Entlastungen und Weiterbildungen für Pharmazeutinnen und Pharmazeuten, die sich dazu entschließen, eine Apotheke zu eröffnen oder zu übernehmen.
Gesundheitsminister Laumann betonte, wie wichtig Apotheken für die Menschen vor Ort seien: „Die öffentliche Apotheke vor Ort ist für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung von großer Bedeutung und auch ein wesentlicher Baustein der wohnortnahen niederschwelligen Gesundheitsversorgung.“ Er kündigte an, auf der Grundlage der Studie nach der Sommerpause über Maßnahmen zu diskutieren, um dem Apothekensterben entgegenzutreten.
Denkbar sei etwa eine Imagekampagne für selbstständige Berufe, um mehr Pharmazeutinnen und Pharmazeuten davon zu überzeugen, eine Apotheke zu eröffnen oder zu übernehmen. „Wir müssen die Vorteile freier Berufe für die nachwachsende Generation wieder mehr in den Vordergrund stellen.“
Preis: Auch in Köln Viertel ohne Apotheken denkbar
Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein sprach von einer „ganz gefährlichen Abwärtsspierale“, in der sich die Branche aktuell befinde. Die Belastung für die Apothekerinnen und Apotheker hätten in den letzten Jahren zugenommen. „Der bürokratische Aufwand für die Krankenkassen ist enorm. Hinzu kommt die Inflation, aber auch die Lieferengpässe bei Medikamenten. Das verschärft das Problem neben dem Fachkräftemangel zusätzlich.“ Auch er forderte bessere Honorare und Bürokratieabbau.
Besonders viele Apotheken wurden in Köln geschlossen. 2022 gab es dort rund ein Drittel weniger Apotheken als noch zehn Jahre zuvor. Nur in Essen wurden mehr Apotheken geschlossen (37 Prozent). Der Rhein-Erft-Kreis landet mit einem Minus von 27 Prozent auf Platz vier. Grund für die vielen Schließungen in Großstädten wie Köln sei die noch vergleichsweise hohe Apothekendichte und der daraus resultierende Wettbewerb, so die Forscher.
Preis warnte allerdings davor, dass auch die Medikamentenversorgung in Köln gefährdet sei: „Schon jetzt gibt es in Köln Viertel, in denen es kaum noch eine Apotheke gibt. Wenn in den nächsten Jahren die Babyboomer in den Ruhestand gehen, dann wird das in Zukunft immer mehr Viertel erfassen.“