Cyberangriffe stellen für Behörden und Unternehmen eine schwere Bedrohung dar. Doch das Land plant jetzt Mittelkürzungen in dem Bereich. Wie passt das zusammen?
Trotz ernster BedrohungssituationSchwarz-Grün kürzt Mittel bei Cyberabwehr

Buchstaben und Zahlen leuchten auf einem Bildschirm, auf dem ein Hacker-Programm geöffnet ist.
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Die Koordinierungsstelle Cybersicherheit Nordrhein-Westfalen hat eine strategische Funktion bei der Abwehr von Cyberangriffen auf die Einrichtungen des Landes NRW. Eine wichtige Aufgabe: Nach Einschätzung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist die aktuelle Gefährdungslage im nationalen Cyberraum so hoch wie nie. Zuletzt gab es am Abend der Kommunalwahl einen Angriff auf den Server der Wahlergebnisse, der allerdings schnell abgewendet werden konnte. Die Herstellung von Cybersicherheit sollte höchste Priorität haben. Jetzt stellt sich heraus, dass die schwarz-grüne Landesregierung im Haushalt für 2026 dort Mittel einsparen will.
Der Entwurf des Haushaltsplans des NRW-Innenministeriums sieht vor, dass der bisherige Ansatz von 300.000 Euro um 16,6 Prozent gekürzt werden soll. „Während hybride Bedrohungen und Attacken immer mehr zunehmen, streicht Schwarz-Grün die Mittel bei der Cyberabwehr zusammen“, kritisiert Henning Höne, Fraktionsvorsitzender der FDP im Düsseldorfer Landtag. Der Vorgang werfe ein Schlaglicht auf die „unglaubliche Verantwortungslosigkeit“ der Landesregierung bei diesem hochaktuellen Thema. „Schwarz-Grün steht mit den Händen in den Hosentaschen vor einer sich immer weiter zuspitzenden Sicherheitslage“, sagte Höne dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Innenministerium weist Vorwürfe zurück
Bereits 2021, als die CDU noch zusammen mit der FDP die Landesregierung stellte, hatte NRW eine Cybersicherheitsstrategie auf den Weg gebracht. Diese war allerdings auf den Zeitraum bis 2024 begrenzt, und sollte dann fortgeschrieben werden. „Die schwarz-grüne Landesregierung hatte die NRW-Cybersicherheitsstrategie einfach auslaufen lassen, anstatt sie weiterzuentwickeln und dem heutigen Stand der hybriden Bedrohung und der technischen Entwicklung anzupassen“, beklagt Höne. Dabei habe sich die Sicherheitslage in NRW spätestens nach Russlands Angriff auf die Ukraine „drastisch verändert“. Für Behörden, Unternehmen und Kommunen sei die Bedrohung durch Cyberattacken inzwischen an der Tagesordnung. Seit diesem Jahr sei NRW nun „offiziell planlos“ bei der IT-Sicherheit.
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Höne forderte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) dazu auf, die Cybersicherheitsstrategie umfassend neu aufzulegen. „Dabei muss auch schonungslos dafür gesorgt werden, dass bestehende Sicherheitslücken besser erkannt und frühzeitig geschlossen werden. Unsere Sicherheitsbehörden müssen auf den modernsten technischen Stand gebracht und in die Lage versetzt werden, schlagkräftig hybride Attacken und Cyberkriminalität abzuwehren“, sagte der Fraktionschef der Liberalen. „Statt Bücher zu schreiben, sollte Innenminister Reul lieber eine neue Cybersicherheitsstrategie für NRW verfassen“, sagte Höne. Reul hatte kürzlich ein Buch über die neuen Anforderungen an die Sicherheitspolitik veröffentlicht, in dem sich ein eigenes Kapitel mit Cybercrime befasst.
Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums wies die Vorwürfe zurück. „Die in Ansehung der Haushaltslage erforderlichen Haushaltsanpassungen können verantwortungsvoll umgesetzt werden, ohne dass die wesentlichen Aufgabenwahrnehmungen der Koordinierungsstelle für Cybersicherheit NRW beeinträchtigt werden“, hieß es. Eine „stete Anpassung und Optimierung der Prozesse“ sowie eine „Priorisierung von Aufgaben“ ermöglichten eine „uneingeschränkte Aufgabenwahrnehmung“.
Der Sprecher bestätigte zudem, dass die Cybersicherheitsstrategie bis ins Jahr 2024 gegolten habe. Nun werde es eine Aktualisierung geben: „Die Fortschreibung der Strategie soll alsbald in das Kabinett eingebracht und sodann veröffentlicht werden.“