Kitas, Schulen, Kliniken: Ministerpräsident Wüst erklärt, wohin das Geld aus dem Sondervermögen des Bundes fließen soll.
„Was zum Guten verändern“NRW startet das größte Modernisierungsprojekt seiner Geschichte

Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (CDU), steht bei einer Pressekonferenz zum Investitionsprogramm des Landes auf dem Podium.
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Nordrhein-Westfalen will in den nächsten zwölf Jahren 31,2 Milliarden Euro in Bildung und Infrastruktur investieren. Es handele sich um das größte Investitions- und Infrastrukturprogramm in der Geschichte des Landes, erklärte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) vor Journalisten in Düsseldorf. 21,3 Milliarden Euro davon demnach direkt an die Kommunen fließen, das entspricht einem Anteil von rund 68 Prozent. „Wir investieren in Kitas, Schulen und Universitäten, Straßen und Brücken, Krankenhäuser und Sportanlagen“, sagte Wüst. „So sorgen wir für sichtbare Verbesserungen vor Ort und ein Jahrzehnt der Planungssicherheit“, ergänzte der Ministerpräsident.
Der größte Teil der bereitgestellten Investitionsmittel stammt mit 21,1 Milliarden Euro aus dem Anteil Nordrhein-Westfalens am Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes in Höhe von insgesamt 100 Milliarden Euro. Außerdem umfasst die Investitionssumme weitere Mittel des Bundes sowie 8,4 Milliarden Euro Haushaltsmittel des Landes. Die Kommunen sollen weitgehend selbstständig über die Mittelverwendung entscheiden. Das Geld wird nach einem Schlüssel verteilt, der die Einwohnerzahl, die Fläche und besondere Erfordernisse berücksichtigt.
600 Millionen Euro für den Sport in NRW
Dem Vernehmen nach will das Land den Kommunen 10 Milliarden Euro über Pauschalen weiterleiten. Der klare Investitionsschwerpunkt liegt hier im Bereich Bildung und Betreuung. Fünf Milliarden Euro sollen für Kitas, Schulen und den Ganztag verwendet werden. Zwei Milliarden Euro sollen für die energetische Sanierung von bestehenden kommunalen Liegenschaften und Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden. NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubau (Grüne) sprach von einer „grünen Welle“. Zusätzlich könnten die pauschalen Mittel unter anderem für Straßen, Brücken, Radwege, ÖPNV-Infrastruktur, Digitalisierung, und öffentliche Sicherheit verwendet werden. Auch der Sport soll profitieren. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst erklärte, für den Sport seien rund 600 Millionen vorgesehen. Rund 200 Millionen Euro sollten für den Neubau und die Sanierung von Schwimmbädern ausgegeben werden, in der gleichen Größenordnung stünden Mittel für Vereine bereit, hieß es. Damit könne unter anderem der Bau von Kunstrasenplätzen für Fußballvereine finanziert werden, sagte Wüst. „Politik kann was zum Guten verändern“, ergänzte der Ministerpräsident. In den Kommunen erlebten die Menschen am ehesten, ob der Staat handlungsfähig sei.
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Kritik von NRW-Verbänden
Die Kommunalen Spitzenverbände kritisierten, der Anteil für die Kommunen bei der Verteilung des Sondervermögens sei zu gering. „Aus unserer Sicht wären 80 Prozent angemessen, weil dies dem Anteil der Kommunen an den Investitionen der öffentlichen Hand in NRW im Durchschnitt der letzten Jahre entspricht“, hieß es.
Jochen Ott, Chef der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, der „sogenannte NRW-Plan“ sei „in Wahrheit gesponsert Bundeskanzler Friederich Merz und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil“. Ralf Witzel, Finanzexperte der FDP-Fraktion, sagte unserer Zeitung, es sei fraglich, „ob der versprochene Investitionsbooster überhaupt zündet“. Da das Land auf die Vorschrift verzichtet haben, dass das Geld nur für zusätzliche Projekte verwendet werden darf, bestehe das Risiko, dass sich der Sanierungsstau faktisch kaum ändere: „Es gibt keine sanierte Schultoilette mehr, wenn eine ohnehin geplante Modernisierung jetzt nur jemand anderes bezahlt“, kritisierte der Liberale.
Wie hoch der Anteil der Mittel-Zuweisungen für die einzelnen Kommunen sein wird, stand bei der Vorstellung des Investitionsprogramms noch nicht fest. NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk kündigte an, die Gelder könnten „flexibel und praxisnah“ eingesetzt werden. Starre Vorgaben solle es nicht geben, sagte der CDU-Politiker.
Die Städte und Gemeinden in NRW stehen vor einem Investitionsstau von mehr als 50 Milliarden Euro. Nur 16 von 430 Kommunen und Kreisen konnten 2024 noch einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. „Es scheint, als wäre mit Blick auf die kommunalen Kassen der Ernst der Lage noch nicht in der Staatskanzlei angekommen“, sagte Sarah Philipp, Landeschefin der NRW-SPD. „Während alle über Bürokratieabbau reden, schafft die Landesregierung neue Bürokratie, indem sie das System der Förderprogramme stärkt, anstatt das Geld unbürokratisch und direkt an die Kommunen auszuzahlen“, sagte Philipp. Henning Höne, Vorsitzender der FDP in NRW, warnte davor, die Mittel dürften nicht „in bürokratischen Verteilungsmechanismen versickern“. Zudem bleibe völlig offen, wie nach dem Auslaufen des Sondervermögens die weiterhin notwendigen Investitionen wieder aus dem laufenden Haushalt finanziert werden sollten. „Bislang wirken die schwarz-grünen Pläne wie eine große Wette auf die Zukunft“, sagte Höne. Schwarz-Grün dürfe die „Mittel aus dem Schuldentopf des Bundes“ auf keinen Fall nutzen, „um eigene Haushaltslöcher zu stopfen oder die nächsten symbolpolitischen PR-Maßnahmen zu finanzieren“.
Verteilung nach Königsteiner Schlüssel
Die Mittel aus dem Sondervermögen des Bundes werden nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel verteilt, der unter anderem Einwohnerzahl, Fläche und Steueraufkommen der einzelnen Länder berücksichtigt. Zur Finanzierung des NRW-Plans greift das Land zurück auf den Anteil von NRW am Infrastruktursondervermögen (21,1 Milliarden Euro), die Kompensationsmittel des Bundes für das Investitionssofortprogramm (1,68 Milliarden Euro) und auf Haushaltsmittel des Landes in Höhe von 8,4 Milliarden Euro. Man packe auf die Bundesmittel „noch Geld des Landes obendrauf, um Effekte zu verstärken, um einfach mehr zu schaffen“, hieß es.
Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, Christof Sommer, erklärte, die vom Land in Aussicht gestellten Mittel würden zwar einen Beitrag dazu leisten, bei den Städten und Gemeinden die dringendsten Investitionen in die Infrastruktur anzugehen: „Jedoch werden bestehenden Haushaltslöcher dadurch nicht gestopft und die sich gerade auch bei den laufenden Kosten zeigende strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen selbst bleibt ungelöst.“
Thorsten Schick, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag, zeigte sich zuversichtlich, dass das Investitionsprogramm die erhofften Effekte hervorrufen wird. „Wir werden vor Ort einen sichtbaren, echten Wandel erzeugen“, sagte Schick. Das Geld werde genau dort wirken, wo es im Alltag spürbar sei. Es handele sich nicht nur um eine Investition in Beton, sondern um „eine Investition in die Zukunft“.