Herausforderung für BundesregierungGefälschte Impfpässe werden zu einem Problem

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Impfpass

Gefälschte Impfpässe wurden zu einem Thema für die Ermittlungsbehörden.

Ab dem Wochenende sollen einige Grundrechtseinschränkungen für Genesene und vollständig gegen das Coronavirus Geimpfte zurückgenommen werden. Als Nachweis über den Impfschutz dient bislang der gelbe Papier-Impfpass. Die Einträge für Corona-Impfungen lassen sich jedoch leicht fälschen. Das stellt die Bundesregierung auch bei der Einführung eines digitalen Impfnachweises vor Herausforderungen.

In der Messenger-App Telegram werden bereits seit einigen Wochen gefälschte Impfpässe verkauft. Auch Anleitungen zum selber Fälschen kursieren in Gruppen von Impfgegnern. Blanko-Impfpässe gibt es für wenige Euro legal im Internet zu kaufen. Die benötigten Etiketten der Impfstoff-Hersteller lassen sich einfach fälschen.

Für Betreiber von Geschäften oder Friseursalons, die Geimpfte künftig auch ohne negatives Testergebnis betreten dürfen, sind gefälschte Impfnachweise nicht von echten zu unterscheiden. Und auch die Polizei, die Ausgangsbeschränkungen überprüft, dürfte dabei an ihre Grenzen stoßen.

Digital ebenfalls Probleme

Gefälschte Impfpässe stellen auch bei der ab Juni geplanten Einführung eines europäischen digitalen Corona-Impfnachweises ein Problem dar. Wer bereits vor dem Start des digitalen Nachweises beide Impfdosen erhalten hat, soll dies aus dem Papier-Impfpass übertragen lassen können.

Nach den bisherigen Plänen soll dieser Eintrag nicht nur in den Impfzentren oder Arztpraxen möglich sein, die die Impfung vorgenommen haben, sondern auch in Apotheken. Dabei könnten einige Fälschungen möglicherweise nicht erkannt werden.

Spahn sieht das Problem

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) versichert zwar, dass der digitale Impfausweis selbst nicht fälschbar sei. „Der digitale Ausweis wird eine ziemlich sichere Veranstaltung sein“, sagte er am Dienstag auf dem Ärztetag. Das Problem mit gefälschten analogen Impfpässen und dem Übertragen ins Digitale sieht jedoch auch der Minister. An dem Vorhaben, den digitalen Eintrag auch in Apotheken vornehmen zu lassen, will er gleichwohl festhalten – weil sonst die Impfärzte und –zentren überlastet würden.

„Wir müssen das auf breitere Füße stellen. Aber die Wahrheit ist auch, je breiter die Füße sind, desto weniger kann einer nachschauen, ob derjenige tatsächlich geimpft worden ist“, sagte Spahn. Man sei noch auf der Suche nach dem richtigen Mittelweg. Eines stellte Spahn allerdings ganz klar: Das Fälschen eines Impfpasses sei eine strafbare Dokumentenfälschung.

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Der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, hält die Fälschungssicherheit des geplanten digitalen Impfnachweises zwar für einen wichtigen Aspekt. „Die Verantwortung dafür kann allerdings unter keinen Umständen einfach den Hausarztpraxen zugeschoben werden“, sagte Weigeldt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

„Wir haben mit der Versorgung unserer Patientinnen und Patienten, den vielen Testungen sowie den Impfungen doch ohnehin schon viel zu tun – unsere Mitarbeitenden arbeiten aktuell im Dauerturbo.“

Große organisatorische Herausforderung

Die netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Anke Domscheit-Berg, sieht noch ein viel grundsätzlicheres Problem bei der Einführung des „Grünen Zertifikats“, dem europäischen Impfnachweis. Die Verifikation der darin gespeicherten Daten soll im Rahmen einer „Public-Key-Infrastruktur“ über Software-Schlüssel geschehen, die im gesamten europäischen System anerkannt werden. Jede Arztpraxis, jedes Impfzentrum und gegebenenfalls auch jede angebundene Apotheke, die Eintragungen vornimmt, muss dafür über einen privaten Schlüssel verfügen.

„Es reicht, wenn ein einziger dieser Schlüssel irgendwo im europäischen Gesamtsystem korrumpiert ist - also wenn er gestohlen wird, oder missbräuchlich verwendet, um damit beliebig viele gefälschte Zertifikate zu erstellen, für die sich dann sicher auch Vertriebswege finden werden“, sagte Domscheit-Berg dem RND. Ein so großes System mit zahlreichen Beteiligten weitgehend sicher zu machen sei eine große organisatorische Herausforderung. „Völlig sicher bekommt man das kaum“, sagte die Abgeordnete.

Sie vermute deshalb, dass die geplante Umsetzung bis Ende Juni gar nicht zu schaffen ist. Daher stelle sich die Frage nach der sicheren Übertragung von Papiernachweisen in das digitale System vielleicht frühestens im Herbst.

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