UniversitätPflanzen-Genen auf der Spur

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Maria Albani ist eine der Wissenschaftlerinnen, die unter dem „Ceplas“-Dach arbeiten.

Maria Albani ist eine der Wissenschaftlerinnen, die unter dem „Ceplas“-Dach arbeiten.

Vogelsang – Die Karotte ist nun wirklich nicht das Objekt, mit dem man sich am Max-Planck-Institut (MPI) für Pflanzenzüchtungsforschung im Dienste der Wissenschaft vorrangig beschäftigt. Dennoch hat Professor Paul Schulze-Lefert, der Geschäftsführende Direktor des Instituts, zumindest verbal stets eine Möhre parat – wenigstens dann, wenn er erklärt, was die gerade erst bewilligte Förderung des Exzellenz-Clusters „Ceplas“ für das Vogelsanger MPI bedeutet. Die Vorarbeiten und das ganze Engagement, dieses Ziel zu erreichen, seien ja schon lange im Gange gewesen: „Der Cluster hing wie eine Möhre vor uns. Um die zu erwischen, muss man sich strecken und Allianzen eingehen. So etwas kommt nur zustande, wenn man zusammengeht.“ Allianzen ist das MPI gleich mehrfach eingegangen: mit der Universität zu Köln, mit der Düsseldorfer Uni und mit dem Forschungszentrum in Jülich. Gemeinsam stemmen sie das Exzellenz-Cluster für die Pflanzenwissenschaften „Ceplas“ (Cluster of Excellence on Plant Sciences). Mit der Entscheidung für „Ceplas“ ist die Sache aber noch nicht gelaufen, ausruhen können sich die Wissenschaftler darauf nicht, führt Schulze-Lefert weiter aus: „Das entwickelt jetzt eine Schubkraft, es ist eine einmalige Chance – wir müssen der Möhre jetzt weiter hinterherlaufen.“

Fünf Jahre haben die Forscher am Vogelsanger MPI und ihre Cluster-Kollegen nun Zeit dazu, so lange läuft erst einmal die Förderung. Vier Hauptthemen zu molekularen Mechanismen werden dabei beackert, die der pflanzlichen Vielfalt zugrunde liegen: die C4-Photosynthese, die Ein- und Mehrjährigkeit, metabolische Interaktionen und die Pflanzen-Mikrobiota. Schulze-Lefert gibt ein Beispiel, worauf das hinauslaufen könnte: Es gibt einjährige Pflanzen, die werden gesät und nach dem Wachstum geerntet, etwa der Mais. Und es gibt mehrjährige Pflanzen, die werden einmal gepflanzt und tragen dann jedes Jahr ihre Frucht. Versteht man die Mechanismen, kennt man die genetischen Schalter, mit denen solche Unterschiede reguliert werden, wäre es möglich, aus einjährigen Pflanzen etwa mehrjährigen Mais zu machen – was erhebliche Vorteile haben könnte: Mehrjährige Pflanzen wurzeln in der Regel tiefer, man bräuchte daher weniger Kunstdünger, zudem gäbe es weniger Erosion. Schulze-Lefert ist überzeugt: „Wir müssen aus der Biodiversität lernen. Es gibt eine bessere Form der Landwirtschaft.“

Wichtiges Gen identifiziert

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Eine der Forscherinnen, die unter dem Dach des Exzellenzclusters arbeiten wird, ist Maria Albani aus der Abteilung von Professor George Coupland. Die aus Griechenland stammende Wissenschaftlerin hat in Großbritannien promoviert – Forschungsobjekt war die Erdbeere – und kam vor zehn Jahren nach Köln. Sie widmet sich am MPI der Frage nach der Mehrjährigkeit am Beispiel einer Pflanze aus der Familie der Kohlgewächse. Was erwartet sie von ihrer Arbeit im Exzellenzcluster? „Wir haben bereits ein wichtiges Gen identifiziert, ich hoffe, dass wir jetzt noch weitere Gene entschlüsseln können“, sagt sie. Durch Ceplas habe sie die Chance, eine eigene Arbeitsgruppe etablieren zu können und Sicherheit in ihrer Forschung zu haben.

Das Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungs-forschung in Vogelsang ist Teil des Exzellenzclusters „Ceplas“ für Pflanzenwissenschaften. Die Definition eines Clusters laut Wikipedia: „Man spricht dann von einem Cluster, wenn sich eine gewisse Anzahl von Unternehmen in räumlicher Nähe zueinander befindet, deren Aktivitäten sich entlang einer oder mehrerer Wertschöpfungsketten ergänzen oder miteinander verwandt sind.“ Ceplas vereint das MPI mit den Universitäten in Köln und Düsseldorf sowie dem Forschungszentrum Jülich. (hp)

Für junge Forscher sieht auch Institutsdirektor Schulze-Lefert ein wichtiges Plus durch „Ceplas“: „Der Nachwuchs hat so die Chance für einen Brückenschlag zwischen quantitativer und experimenteller Biologie. Das macht die Region für den Nachwuchs und auch für die Studenten noch interessanter.“ 20 Professuren mit allem, was daran hängt, sind mit „Ceplas“ verbunden, zwei zusätzliche Arbeitsgruppen werden am MPI etabliert. Von den gut 200 Nachwuchswissenschaftlern am Vogelsanger Institut dürfte etwa ein Drittel unmittelbar an „Ceplas“ beteiligt sein, schätzt Schulze-Lefert. Die laienhafte Frage, was das alles bringt, muss sich natürlich jeder Wissenschaftler gefallen lassen, zumindest dann, wenn er mit öffentlichen Mitteln gefördert wird. Schulze-Lefert hat überhaupt kein Problem mit der Antwort: „Es geht um nachhaltige Lebensmittelversorgung und um die Sicherheit dieser Versorgung. Es geht auch um Umweltverträglichkeit. Wenn wir jetzt beim Mittagessen zusammensäßen, würde ich Ihnen als Antwort einfach den Teller wegziehen“, lacht er. Egal, ob es Möhren gäbe oder nicht.

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