ErdbebenWenn der Dom ins Wanken kommt

Lesezeit 3 Minuten
Auch die Türme des Doms schwanken bei Beben. (Bild: dpa)

Auch die Türme des Doms schwanken bei Beben. (Bild: dpa)

Köln – Wie stark schwankt der Dom? Beim Sturm etwa, oder auch bei einem Erdbeben? Eine Antwort auf diese Frage erhoffen sich die Verantwortlichen der Kathedrale von den fünf Mess-Stationen, die in den vergangenen Jahren nach und nach im Dom installiert worden sind. Messpunkte, die verlässlichere Daten über die Dynamik des steinernen Wahrzeichens liefern sollen als die Rechenmodelle, die in der Vergangenheit entwickelt wurden. Über die ersten Erfahrungen mit diesen Bewegungs-Meldern berichten Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner und Klaus-Günter Hinzen, Leiter der Erdbebenstation Bensberg, in der neuesten Ausgabe des Fachblatts „Seismological Research Letters“.

„Bisher haben wir keine Ahnung, bei welcher Sturmstärke sich die Türme wie stark bewegen“, erklärt Schock-Werner. Und damit sei auch die Frage nur schwer zu beantworten, wann Steine von dem gotischen Bauwerk herunterfallen könnten und die Domplatte zum Schutz der Passanten gesperrt werden müsse. Ziel sei es jetzt, sagt Hinzen, mit Hilfe der gesammelten Daten eine Art Warnsystem und damit eine Entscheidungshilfe für die Dom-Verantwortlichen zu entwickeln. Obwohl die Sensoren laut Hinzen bereits „einige Gigabyte“ an Daten aufgezeichnet haben, reichten diese für endgültige und verlässliche Aussagen noch nicht aus.

Beben der Stärke 6,5 lässt die Türme um zehn Zentimeter schwanken

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

Nach früheren Berechnungen bewegen sich die Türme laut Hinzen bei einer Windgeschwindigkeit von 160 Stundenkilometern um „einen knappen halben Millimeter“. Ob das tatsächlich so ist, soll sich jetzt zeigen – seit Installation der Messgeräte hat allerdings noch kein Sturm am Dom gerüttelt. Die Erdbeben-Experten haben laut Hinzen vor Jahren auch die Folgen eines Erdbebens berechnet: Ein Beben der Stärke 6,5 ließe die Domtürme demnach um etwa zehn Zentimeter schwanken.

Aber die Kathedrale hat ja bereits die Auswirkungen realer Eruptionenüber sich ergehen lassen müssen. Als 1992 die Erde im niederländischen Roermond bebte, durchschlug eine 500 Kilogramm schwere Kreuzblume das Dach des Kirchenschiffes. Eine halbe Stunde nach dem schweren Beben in Japan 2011 hob und senkte sich der Dom als Ganzes mehrfach um einen Zentimeter. Und beim Beben in der Nähe von Koblenz (Stärke 4,4) im Februar vorigen Jahres zitterten die Domtürme mehrere Minuten – allerdings nur um Bruchteile von Millimetern. Bei schweren Beben in weniger entfernten Gebieten seien schwerere Schäden natürlich nicht auszuschließen, sagt Hinzen. Schock-Werner zeigte sich allerdings erfreut darüber, dass „der Dom offenbar viel stabiler ist als bisher angenommen“.

Eines hat Hinzen dann aber doch überrascht: Dass sich die „Eigenfrequenz, also das Schwingverhalten der Türme, offenbar verändert, wenn die Temperatur unter 0 Grad Celsius sinke. „Wir wissen noch nicht, wie wir das interpretieren sollen", sagt der Wissenschaftler.

KStA abonnieren