ForschungWie der Dom den Krieg überstand

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Blick vom zerstörten Ratsturm: Viele historische Gebäude und Kirchen waren Ruinen, dazwischen ragte der Dom empor. (Bild: Niklas Möring: Der Dom in Zweiten Weltkrieg)

Blick vom zerstörten Ratsturm: Viele historische Gebäude und Kirchen waren Ruinen, dazwischen ragte der Dom empor. (Bild: Niklas Möring: Der Dom in Zweiten Weltkrieg)

Köln – Die Stadt liegt in Trümmern. Die Hohenzollernbrücke ist zerstört - ebenso wie die unmittelbare Umgebung des Doms. Nur die Kathedrale selbst steht noch. Auf den ersten Blick wirkt sie fast unversehrt. Das vermitteln Luftbilder, die nach dem Kriegsende entstanden sind. Doch der erste Eindruck trügt, wie viele weitere, teils unveröffentlichte Fotos in Niklas Mörings Buch "Der Kölner Dom im Zweiten Weltkrieg" zeigen. Bei der Präsentation im Domforum bezeichnete Dompropst Norbert Feldhoff die Neuerscheinung als "absolut lesenswert und fantastisch geschrieben".

Möring, der in Köln Germanistik und Geschichte studiert hat und nun als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Bundestagsabgeordnete Ursula Heinen-Esser in Berlin arbeitet, erzählt erstmals ausführlich die Geschichte des Kölner Wahrzeichens während des Krieges. Der 30-jährige Sohn des Kölner CDU-Politikers Karsten Möring spannt den Bogen von der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 über erste Kriegsschutzmaßnahmen, die Bombardements und die Einnahme der Stadt durch die Alliierten bis zum 700-jährigen Dom-Jubiläum 1948. Das Buch veranschaulicht die gewaltigen Bemühungen zum Schutz des Doms und seiner Kunstschätze.

"Es ist ein unglaublich spannendes Buch. Ich habe Dinge erfahren, die ich vorher nicht wusste", sagte Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner. Sie nannte die anschaulich geschilderte und spektakuläre Rettung des Altars vor dem Zugriff des stellvertretenden Gauleiters, der damit gedroht hatte, das Kunstwerk eher zu zerstören, als es in die Hände der Alliierten zu geben. Schock-Werner betonte, dass "noch heute nicht alle Kriegsschäden beseitigt sind".

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"Ich habe mich darüber gewundert, dass es bisher so wenig Forschungsliteratur über dieses Thema gibt", sagte der Autor. "Für mich war es daher eine Freude, das Thema nun aufzugreifen." Viele Personen, die "unter dem Einsatz ihres Lebens" dafür gesorgt hätten, dass der Dom den Krieg relativ gut überstanden hat, seien bisher nicht gewürdigt worden. Dies wolle Möring mit seinem Buch ändern. Er nannte unter anderem die Brandwachen, die jede Nacht auf dem Dach der Kathedrale verbracht hatten, um Feuer sofort löschen zu können.

Möring räumt auch mit einem weit verbreiteten Mythos auf: "Viele glauben, die Alliierten hätten den Dom bewusst verschont. Das stimmt nicht." Es gebe keine Belege für ein derartiges Abkommen oder Anweisungen an die Piloten. "Die historische Forschung hat unzweifelhaft belegt, dass es weder ein offizielles noch ein geheimes Abkommen über die bewusste Verschonung gab", schreibt Möring in seinem Buch.

Auch die These, der Dom sei als wichtige Orientierungshilfe für die Piloten verschont worden, könne nicht belegt werden. Die Bomben seien zudem damals noch nicht präzise genug gewesen. Dies schließe jedoch nicht aus, dass sich "einzelne Piloten bemüht haben", den Dom bei Angriffen auf die in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen strategischen Zielen - dem Hauptbahnhof und der Hohenzollernbrücke - nicht zu treffen.

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