BraunkohleAachener Bischof lässt fünf Dörfer hoffen

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Greenpeace demonstrierte mit einem Wagen von Jacques Tilly.

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Erkelenz/Aachen/Düsseldorf – Aachens Bischof Helmut Dieser bringt die NRW-Landesregierung in eine politisch schwierige Lage. Seine Entscheidung, der Entwidmung der Heilig-Kreuz-Kirche im Braunkohle-Dorf Keyenberg vorerst nicht zuzustimmen, sorgt für neue Hoffnung bei den Menschen, die seit Jahren für den Erhalt von Keyenberg und vier weiterer Dörfer kämpfen.

Bischof Dieser will zunächst die Leitentscheidung der Landesregierung zum Rheinischen Reviers abwarten. Das ist vor allem für Ministerpräsident Armin Laschet heikel. Der CDU-Politiker und praktizierende Katholik muss sich jetzt in seiner Heimatstadt Aachen mit „seinem“ Bischof auseinandersetzen.

Leitentscheidung im April

Die Leitentscheidung soll im April in ein Gesetz gegossen werden, dessen Grundpfeiler schon seit Oktober feststehen. Für die fünf Dörfer Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich und Beverath gibt es danach keine Rettung mehr. So steht es im Entwurf, der im Oktober 2020 dem Parlament vorgelegt wurde und auf den sich die Regierungskoalition aus CDU und FDP verständigt hat. „Für eine gesicherte Energieversorgung bleiben Abbau und Verstromung von Braunkohle in NRW bis zum Abschlussdatum 2038 – möglichst schon 2035 – erforderlich“, sagte Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) damals. „Die Umsiedlungen in Erkelenz müssen fortgeführt werden.“

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Landesregierung unter Druck

Genau das zieht der Bischof in Zweifel. „Der politische Entscheidungsprozess über die Zukunft der Dörfer ist in eine neue Dynamik gekommen“, schreibt Dieser in einer Presseerklärung. „Ein Erhalt der Dörfer ist möglich und eine konsequentere Reduktion der Tagebaue und der CO2-Emissionen sind zum Klimaschutz dringend nötig.“ Juristisch gesehen ist die Lage klar. Die Kirchengemeinde muss das Gotteshaus entwidmen und an den RWE-Konzern übergeben.

Das weiß auch Bischof Dieser . Das müsse aber nicht sofort, sondern könne auch später geschehen, sagt er. Er habe den Antrag des Kirchenvorstands, der Entwidmung der Kirche vorerst nicht zuzustimmen, nach „ausführlichen Beratungen im Priesterrat“ gebilligt. Erst wenn die Leitentscheidung vorliege, „wird der Priesterrat neu beraten und vor diesem Hintergrund den Antrag erneut prüfen.“

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Das hindert den Aachener Bischof nicht daran, sich Gedanken darüber zu machen, wie das kirchliche Leben vor Ort neu gestaltet werden kann, sollte die Landesregierung ihre Auffassung doch noch ändern. „Mir ist bewusst, dass das alles in einem großen Spannungsfeld steht: Viele Mitglieder der Ortsgemeinde, die jahrelang gegen die Umsiedlung gekämpft haben, sowie die kirchlichen Gremien möchten endlich abschließen. Für sie ist die Entwidmung der Kirche in Keyenberg gleichzeitig ein wirklicher Neubeginn in Neu-Keyenberg. Ein anderer Teil setzt sich weiterhin dafür ein, dass Keyenberg erhalten bleibt. Diese Positionen gilt es, gegenseitig zu respektieren“, sagt der Bischof.

Aufgabe der Kirche sei es, die Menschen am Ort zu begleiten, Brücken zwischen ihnen zu bauen. „Denn es geht auch um das soziale Klima: Im rheinischen Braunkohlegebiet sollen nach der Kohle nicht Verlierer und Gewinner übrig bleiben.“ Besonders beeindrucke ihn sowohl das soziale als auch das ökologische Engagement der jungen Generation in der Braunkohleregion.

Initiative lobt den Bischof

Bei der Initiative „Alle Dörfer bleiben“ stößt Bischof Dieser auf positive Resonanz. Priesterrat und Bischof „haben damit hier Ruhe reingebracht“, sagte Anselm Meyer-Antz dem „Domradio“. Es dürfe nicht „ohne Not“ entwidmet werden, „so lange noch Menschen im Dorf leben, solange da noch der Gottesdienst gefeiert werden kann“.

Damit kehre das Bistum Aachen zu seiner alten Praxis zurück. Das sei „eine großartige Stärkung für die Menschen, die noch für ihre Familien und ihre Häuser kämpfen“. Sollten die Dörfer erhalten bleiben, „dann wird das wieder ein Platz der Seelsorge, ein Platz der Liturgie werden.“

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