Jürgen LutschNotapotheke in Kall sichert die Grundversorgung nach der Flut

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In seinem Ladenlokal in der Bahnhofstraße hat Jürgen Lutsch (r.) mit seinem Team eine Notapotheke eingerichtet.

In seinem Ladenlokal in der Bahnhofstraße hat Jürgen Lutsch (r.) mit seinem Team eine Notapotheke eingerichtet.

Kall – Man hat das Gefühl einen Rohbau zu betreten. Der Boden besteht aus blankem Beton, an den Wänden fehlt die Tapete, und von der Decke hängen zahlreiche Kabel herunter. Nur die Schreibtische, Computer und der Kühlschrank, die in dem Großraumbüro herumstehen, passen nicht ins Bild.

Es ist halt alles noch provisorisch in der Notapotheke, die Jürgen Lutsch in enger Abstimmung mit dem Kreis Euskirchen in den noch vor gut zwei Wochen überfluteten Räumen in der Bahnhofstraße 16 in Kall am Montag eröffnet hat. Dort können Medikamente bestellt und abgeholt werden. Auch ein Lieferdienst wird angeboten. „Wir sind froh, dass wir wieder eröffnen können, und haben viele positive Rückmeldungen erhalten“, so der Apotheker.

Bestellungen

Medikamente und andere Artikel können vorübergehend nur persönlich oder per E-Mail  zwischen 9 und 14 Uhr  geordert werden. Alle bis 10.30 Uhr vorliegenden Bestellungen  können noch am gleichen Tag zwischen 13 und 14 Uhr in der Linda-Apotheke, Bahnhofstraße 16, abgeholt werden. Die späteren Bestellungen stehen   am nächsten Tag ab 9 Uhr zur Abholung bereit.  (wki) 

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„Zwei Meter stand das Wasser im Erdgeschoss. Vom Inventar der Apotheke haben wir nichts retten können“, berichtet Lutsch. Während der Flutkatastrophe sei er im Schwarzwald im Urlaub gewesen. „Als ich von meiner Mutter hörte, was los ist, wollte ich noch in der Nacht zu Donnerstag nach Hause fahren. Sie hat mir zum Glück davon abgeraten“, erinnert sich Lutsch.

Vor der Apotheke stehen noch Reste des alten Inventars. Die neue Einrichtung muss noch bestellt werden.

Vor der Apotheke stehen noch Reste des alten Inventars. Die neue Einrichtung muss noch bestellt werden.

Sieben Container seien getrennt nach Medikamenten, Technik und sonstigem Inventar beladen worden. Die komplette Belegschaft, zum Teil mit Angehörigen, und weitere freiwillige Helfer sowie der Bauhof seien im Einsatz gewesen. „Es gab eine wahnsinnige Unterstützung. Bis zu 40 Menschen haben geholfen“, so Lutsch.

Zerstörte Apotheke: Beton und Wände desinfiziert

Alle Böden und Zwischenwände seien herausgerissen, anschließend der Beton und die Wände desinfiziert worden. „Zwei Klimaanlagen und eine Lüftungsanlage sorgen derzeit für die Trocknung der Wände.“

Schon am Montag nach der Flut habe er in Abstimmung mit der Gemeinschaftspraxis für Familie und Gesundheit und der Gemeinde Kall eine Notapotheke im Pfarrheim eröffnet. „Das wurde uns aber noch am selben Tag vom Gesundheitsamt des Kreises untersagt, weil eine Notversorgung in dieser Form im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Da sollte sich die Politik mal drum kümmern“, schlägt Lutsch vor. Schließlich hätten viele bei der Katastrophe ihre Medikamente verloren und seien auf eine schnelle Versorgung angewiesen gewesen. Manche Ärzte hätten auch keinen Zugriff mehr auf ihre Daten gehabt. „Ich habe schon am Sonntag nach dem Hochwasser unsere Daten in Köln von einer Fachfirma wiederherstellen lassen und damit den Ärzten bei Fragen ausgeholfen“, berichtet Lutsch.

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In Absprache mit dem Gesundheitsamt sei es nun gelungen, eine Genehmigung für eine Notapotheke zu bekommen. „Die Eröffnung ist auch ein Zeichen dafür, dass es vorangeht in der Bahnhofstraße.“

Apotheke im Notbetrieb: Vollversorgung wieder sicherstellen

Nächstes Ziel sei, wieder eine Vollversorgung sicherzustellen. „Danach werden wir angesichts der für die Eröffnung einer Apotheke notwendigen hohen Investitionen von mehr als 100.000 Euro aber auch prüfen, ob das Gebäude beispielsweise durch Flutschotts gegen Hochwasser geschützt werden kann oder ob es einen Alternativstandort gibt“, erklärt Lutsch.

Dabei müsse auch über die Ziele der Gemeinde gesprochen werden. „Die Ereignisse häufen sich. 2007 stand das Wasser schon einmal am Haus.“

Das Gewerbegebiet kommt für Lutsch als Standort nicht in Frage: „Man kann Kunden mit Rollatoren nicht so weit laufen lassen. Das wäre keine wohnortnahe Versorgung mehr.“

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