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Kommentar zur Landtagswahl-UmfrageDas Rennen um die Macht ist spannender als gedacht

Lesezeit 3 Minuten
Kraft und Laschet

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin, Hannelore Kraft (SPD), und der Vorsitzende und Spitzenkandidat der nordrhein-westfälischen CDU, Armin Laschet.

Köln – Umfragen sind Momentaufnahmen, das betonen im Wahlkampf alle Beteiligten. Auch in Nordrhein-Westfalen gilt zwei Wochen vor dem großen Wahltag: Nichts ist entschieden. Dennoch zeigt das letzte große Meinungsbild vor dem 14.  Mai im Auftrag von „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „Express“ wichtige Tendenzen auf. Die Forsa-Umfrage macht zudem deutlich, welche Sorgen die Menschen im Land tatsächlich haben.

Als die drei wichtigsten Problemfelder werden von den Bürgern die Schul- und Bildungspolitik, die marode Verkehrsinfrastruktur sowie die wachsende Gefahr durch Terroranschläge genannt. Genau hier liegt die Chance des CDU-Herausforderers Armin Laschet, einen fulminanten Schlussspurt hinzulegen: Es sind exakt die Themen, auf die er in seiner Wahlkampagne abzielt und bei denen er Rot-Grün in den vergangenen Wochen unentwegt attackiert. Plötzlich scheint der Trend Laschets Freund zu sein. Ein Zeichen dafür, dass der CDU-Kandidat als Wahlkämpfer an Statur gewonnen hat und die Regierungsbeteiligung seiner Partei einer zunehmenden Zahl von Bürgern als Alternative zu Rot-Grün erscheint.

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Laschets unverhoffte Aufholjagd scheint auch direkt mit dem Absturz der Grünen in Verbindung zu stehen. Die Öko-Partei mit ihrer Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann wird in den kommenden beiden Wochen um ihr parlamentarisches Überleben in NRW kämpfen müssen. Vor allem die für viele Bürger offenbar nicht nachvollziehbaren Wirren um die gymnasiale Schulzeit (Stichwort G8- oder G9-Abitur) machen Löhrmann als zuständiger Ministerin stark zu schaffen. Hinzu kommt der zunehmend aggressive Ton im Wahlkampf, dem die Grünen bislang mit einer gewissen Hilflosigkeit gegenüberstehen.

Alles zum Thema Armin Laschet

Nicht zuletzt hatte bereits Grünen-Chefin Simone Peter mit dem Rassismus-Vorwurf gegen die Polizei in der Kölner Silvesternacht 2016 eine Negativ-Spirale in Gang gesetzt, die ihre Partei in NRW nun gefährlich nahe an die Fünf-Prozent-Hürde bringt. Ob die Grünen klug beraten waren, ihr Schicksal an das der SPD zu ketten, wird sich zeigen.

Auch die Sozialdemokraten müssten die Umfrage mit zunehmender Unruhe betrachten. Noch liegen sie mit Hannelore Kraft deutlich vor deren Herausforderer Laschet. Doch der Vorsprung schrumpft. Krafts Pluspunkte sind ihr Amtsbonus, ihr klares Bekenntnis zu NRW und ihre – im Vergleich zu Laschet – immer noch hohen Beliebtheitswerte. Alarmieren sollte es sie aber, dass die Bürger mit der Arbeit ihrer Regierung deutlich unzufriedener sind als noch vor fünf Jahren. Ebenso bedenklich für die Amtsinhaberin: Der Schulz-Effekt, der ihre Partei im Februar und im März beflügelte, scheint in NRW ebenso verpufft zu sein wie zuvor im Saarland, wo zuletzt gewählt wurde.

Bildgewaltiger Wahlkampf der FDP

Fast schon sensationell ist dagegen der anhaltende Höhenflug der FDP. Oder soll man besser sagen: der Christian-Lindner-Partei? Der Liberale führt einen bildgewaltigen Wahlkampf, seine Plakate fallen auf. Sein Videoclip, in dem er sich als politischer Widerstandskämpfer inszeniert, ausgezogen bis aufs Unterhemd, wurde bereits hunderttausendfach geklickt. Lindner scheint mit seiner Ein-Mann-Kampagne den Nerv vieler Wähler zu treffen. Und das, obwohl er unbeirrt verkündet, nach der Bundestagswahl im Herbst nach Berlin wechseln zu wollen.

Mehr und mehr zeichnet sich ab, dass es in NRW ein „Weiter so“ für Rot-Grün nicht geben wird. Doch laut der aktuellen Umfrage, die AfD und Linke im Landtag sieht, reicht es auch für ein rot-gelbes Bündnis nicht. Mögliche Dreierbündnisse haben Grüne und FDP ausgeschlossen. Bleibt am Ende also doch nur die große Koalition aus SPD und CDU?

Wie gesagt: Noch ist nichts entschieden. Es werden zwei spannende Wochen. Und Überraschungen an Wahlabenden gab es zuletzt ja zur Genüge.

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