Bilanz für 2022Mehr Umsatz und weniger Gewinn bei der Energieversorgung Leverkusen

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Fernblick auf die Kraftwerke Neurath und Frimmersdorf. Vorne das Opladener Windrad und Strommasten

Energiewende und -krise haben das Geschäft der EVL massiv beeinflusst. Vorn das Windrad bei Opladen, im Hintergrund die Braunkohle-Kraftwerke Neurath und Frimmersdorf.

Die Strom- und Gaspreiskrise hat den Umsatz um gut acht Prozent nach oben gedrückt. Der Überschuss liegt mit 8,4 Millionen rund 800.000 Euro über Plan. 

Strom sparen – das hat im ersten Jahr der Energiekrise nur in den Privathaushalten geklappt. Um knapp 6,8 Millionen Kilowattstunden ist der Verbrauch im Lauf des vorigen Jahres zurückgegangen. Das sind bei einer Gesamtabgabe an die Haushalte von knapp 244 Millionen Kilowattstunden 2,7 Prozent weniger. Insgesamt hat die EVL voriges Jahr allerdings 0,15 Prozent mehr Strom geliefert, nämlich gut 466 Millionen Kilowattstunden. Das liegt ausweislich der Bilanz, die am Montag den Stadtrat passierte, vor allem an den Großkunden. Deren Verbrauch stieg um sieben Millionen Kilowattstunden oder 3,4 Prozent.

Insgesamt habe es am Strommarkt „eine nie gekannte Knappheit“ gegeben, die zu „bis dahin unvorstellbaren Preisen“ geführt habe. In der Spitze sei er auf ein 25-Faches des sonst üblichen gestiegen. „Diese Entwicklung sorgte für extreme Verwerfungen in der ganzen Branche“, bilanzieren die Geschäftsführer Thomas Eimermacher und Ulrik Dietzler.

Gas ließ sich leichter sparen

Gas sparen war offenkundig besser möglich: Der Absatz sank 2022 um beinahe 19 Prozent oder knapp 169 Millionen auf gut 732 Millionen Kilowattstunden. Damit habe der Verkauf um 100 Millionen Kilowattstunden unter Plan gelegen. Gespart hätten Groß- wie auch Privat- und kleinere Gewerbekunden. Der Absatz bei den Großkunden sei um über 22, bei Privaten und Gewerbe um knapp 18 Prozent zurückgegangen. „Diese Entwicklung ist vor allem auf den warmen Winter und Frühling sowie auf das individuelle Einsparverhalten der Endkunden zurückzuführen“, analysiert die EVL.

Das günstige Wetter machte es auch leichter, Fernwärme zu sparen. In diesem Bereich ging der Absatz um gut 19 Millionen auf knapp 144 Millionen Kilowattstunden zurück. Das sind fast 12 Prozent weniger. Fernwärme ist am 1. April und am 1. Oktober 2022 teurer geworden. Im Frühjahr „nur“ um 9,5, im Herbst dann aber um bis dahin unvorstellbare 34,7 Prozent. Ein Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 15.000 Kilowattstunden zahlt damit rund 435 Euro mehr. Das ist ein Plus von über 32 Prozent. 

Mit den immensen Preiserhöhungen stieg auch der Umsatz, nämlich um 16,7 auf gut 221 Millionen Euro. Das sind 8,2 Prozent. Den größten Anteil daran hatte die Stromversorgung mit gut 43 Prozent; es folgte Gas mit 22,4, die Trinkwasserversorgung mit 8,7 und Fernwärme mit 6,3 Prozent. Der Strom-Umsatz erreichte mit 95,5 Millionen zwei Millionen Euro mehr als 2021, mit Gas setzte die EVL satte 49,6 Millionen Euro um. 2021 waren es noch 34,2 Millionen.   

Vier Millionen in die Stadtkasse

Beim Jahresüberschuss übertraf der Versorger den Plan um 800.000 Euro: 8,4 Millionen. Allerdings ist das Plus seit Jahren rückläufig.  2018 erwirtschaftete das Unternehmen noch ein Überschuss von 9,9 Millionen Euro, im Jahr danach sogar über 10 Millionen, 2020 dann mit über 12,5 Millionen einen Spitzenwert. Im Vergleich zu 2021 ist der Überschuss nun um knapp eine Million Euro zurückgegangen. Unterm Strich bedeutet das für die Stadt Leverkusen – sie hält ebenso 50 Prozent an der EVL wie auf der andern Seite die Rhein-Energie in Köln – in diesem Jahr eine Überweisung von vier Millionen Euro. 

Die Eigenkapitalquote der EVL liegt mit nunmehr 43 Prozent zwar einen Punkt niedriger als 2021. Bei Verbindlichkeiten von knapp 52 Millionen Euro – sie stiegen um 3,4 Millionen – muss sich aber niemand Sorgen machen. 

2022 war außerdem ein Jahr außergewöhnlich hoher Investitionen. Mit 20,5 lagen sie um fast 12,3 Millionen Euro höher als im Vorjahr. Das lag vor allem an der Sanierung des Wasserturms. Aber auch die Verlegung einer Hauptleitung in Lützenkirchen und Opladen hatten großen Anteil an der Investitionssumme von gut 4,6 Millionen Euro.

Etwas weniger Geld floss ins Stromnetz. Einen erklecklichen Anteil an den 3,2 Millionen Euro hatte die Modernisierung der Umspannanlage in Lützenkirchen. Bei den Investitionen ins Gasnetz (gut 2,8 Millionen Euro) hebt die EVL die neue Rheinbrücke hervor, außerdem Kanalbau in Opladen und die Erneuerung des Netzes in Bergisch Neukirchen und Alkenrath. Knapp 1,9 Millionen Euro hat die EVL in ihr Fernwärmenetz gesteckt. Das waren rund 800.000 Euro mehr als 2021. Das Geld wurde vor allem in die Erneuerung des Netzes in Manfort, Rheindorf und Wiesdorf gesteckt.


Ratsherr zweifelt an Geschäftsmodell

Wie zukunftsfähig ist das Geschäftsmodell der EVL? Die Frage stellte am Montagabend im Stadtrat Benedikt Rees. Der Vertreter der Klimaliste hält es für problematisch, dass der Versorger bisher selbst keinen Strom produziert, sondern nur mit Energie handelt. Auch die komplette Umstellung auf Ökostrom sei in der gewählten Form nicht zukunftssicher: Das Grünstrom-Etikett ist Ergebnis des Handels mit Zertifikaten. Zwar ist das Unternehmen, das je zur Hälfte der Stadt Leverkusen und der Kölner Rhein-Energie gehört, an Ökostrom-Projekten finanziell beteiligt. Rees aber wünscht sich, dass der Versorger eigene Projekte angeht und außerdem Programme für seine Kunden auflegt: beispielsweise für Balkon-Kraftwerke. (tk)


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