Brandstiftung AugustastraßeStaatsanwältin fordert sechseinhalb Jahre – Anwalt Freispruch

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Brand nach Explosion Opladen feuerwehr löscht. Foto: Ralf Krieger

Kurz nach der Explosion im Haus Augustastraße in Opladen brannte die Wohnung.

Sechs Jahre und sechs Monate oder Freispruch – die Plädoyers im Fall der Explosion in der Augustastraße sind gehalten – Urteil nächste Woche.

Sechs Jahre und sechs Monate fordert die Staatsanwältin für Mohammad N. (Name geändert). Ihm wird vorgeworfen, erst Goldschmuck aus der Wohnung seiner Freundin an der Augustastraße gestohlen zu haben und dann einen Brand gelegt zu haben. Die Staatsanwältin sieht, dass seine Urheberschaft für die Tat hinreichend gut belegt sind.

Seine beiden Anwälte wollen, dass der Mann am besten sofort freigelassen werden soll: Sie fordern Freispruch. Das Urteil will die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Jan Orth am kommenden Freitag fällen.

„Sie zündeten den Otto-Kraftstoff an“, spricht die Staatsanwältin den Angeklagten in ihrem Schlussvortrag direkt an und er blickt zu ihr. Allerdings verliert der Mann mit der sportlichen Statur während ihrer Rede zunehmend seine Körperspannung und sitzt am Schluss des Plädoyers ziemlich zusammengesunken da. Das stärkste Argument: Mohammad N. ist kurz nach dem Brand von einem Zeugen in der Augustastraße gesehen worden.

Nahe Tannenbergstraße / Lötzener Straße unter der Stelze. Hier brannte das Auto des Tatverdächtigen, der in der Augustastraße eine Wohnung angezündet hat. Tatverdeckung, laut Anklage.

Nahe Tannenbergstraße / Lötzener Straße unter der Stelze. Hier brannte das Auto des Tatverdächtigen, der in der Augustastraße eine Wohnung angezündet hat. der Fleck ist noch heute zu sehen.

Die Staatsanwältin hält sich an die Ausführungen des Brandsachverständigen, der eine Gasexplosion für nicht plausibel hält, der ausgeschütteten und zum Teil verdampften Otto-Kraftstoff, also normales Benzin, als Ursache für die Explosion ausgemacht hatte. Eine Gasexplosion, die auch die Feuerwehr zuerst angenommen hatte, scheide aus: Unter anderem, weil Messungen der Feuerwehr kein Gas nachgewiesen hätten. „Die Explosion haben sie aber nicht geplant!“, sagt sie. Sonst hätte er sein Auto sicher nicht im Gefahrenbereich auf der Augustastraße direkt vor dem Haus geparkt, wo es von herabfallenden Trümmern beschädigt wurde.

Außer ihnen hatte niemand einen Anlass, ein Auto an einem Freitagvormittag um 11.25 Uhr unter der Stelze anzuzünden
die Staatsanwältin

Mohammad N. liefere keine passende Erklärung dafür, dass in seinem Auto unter der Stelze am selben Vormittag des 13. Mai 2022 im Kofferraum Feuer gelegt wurde. Das müsse er selbst getan haben. Denn es gebe keine andere schlüssige Darstellung dafür und dass am Wrack des Autos Stein- und Holzfragmente gefunden wurden, die nach Analysen ziemlich sicher vom Haus an der Augustastraße stammen. Die Staatsanwältin: „Außer ihnen hatte niemand einen Anlass, ein Auto an einem Freitagvormittag um 11.25 Uhr unter der Stelze anzuzünden.“

Die wahrscheinlich brüchigste Schwachstelle

Die Sache mit dem Auto unter der Stelze wiegt schwer in der Argumentation der Staatsanwältin und ist die wahrscheinlich brüchigste Schwachstelle in der Verteidigung. Für diese seltsame Geschichte gibt es so wenige Erklärungsmöglichkeiten, dass beide Anwälte in ihren Plädoyers einfach gar nicht darauf eingehen. Alleine der Angeklagte könnte alles aufklären, aber er schweigt.

Beide Verteidiger versuchen hauptsächlich, die Aussagen der Hauptzeugen über die ersten Minuten nach der Explosion für unzuverlässig zu erklären. Das Äußere und das Verhalten des Angeklagten wurde zum Beispiel nicht einheitlich beschrieben. Und sie beharren darauf, dass es doch eine Gasexplosion gewesen sein könne.

Dass es Schmuck in der Wohnung gegeben haben soll, zweifeln beide Verteidiger an. Die Staatsanwältin stützt sich auf Zeugenaussagen, die ihn am Tag vor der Tat gesehen haben. Bewiesen werden konnte der Diebstahl nicht, der Schmuck ist seit dem Brand aber verschwunden.

Gerade noch rechtzeitig vor den Plädoyers hatte die Kammer Post aus den Niederlanden bekommen. Ein Urteil aus dem Jahr 2012 wirft kein gutes Licht auf Mohammad N., der dort zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Er soll gemeinsam mit anderen eine Frau überfallen, sie mit einem Messer bedroht, ihr Handy und ihre Tasche mit den Tageseinnahmen eines Restaurants an sich genommen haben. Schwerer wiegt noch: Mit Klebeband geknebelt und gefesselt legten die Täter die Frau auf den Rücksitz ihres eigenen Autos und fuhren mit ihr weg.

Das letzte Wort in der Verhandlung gehört dem Angeklagten. Er ringt mit den Händen, kurz wirkt es, als würde er vielleicht gerne sprechen. Aber einer der Anwälte sagt hastig, dass sein Mandant nichts sage.

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