Leverkusen möchte an der Stadtgrenze in Rheindorf und Reusrath ein interkommunales Gewerbegebiet anlegen – gemeinsam mit Langenfeld.
DiskussionLeverkusen plant Gewerbegebiet – möglichst mit Langenfeld

Auf diesen Feldern an der Solinger Straße will die Stadtverwaltung ein Gewerbegebiet einrichten.
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Der Kauf von fast 9,5 Hektar (94.625 Quadratmeter) Land in Rheindorf durch die Stadt an der Grenze zu Langenfeld zwischen der Solinger Straße, der Bahnstrecke und dem Umspannwerk ging vor einem knappen Jahr über die Bühne. Viele werden die Gegend besonders wegen des manchmal heftigen Geruchs verorten: Am Rande des Grundstücks stellt ein landwirtschaftlicher Betrieb Substrat für die Pilzzucht her – unter Verwendung von Hühnermist.
Jetzt befasste sich der Stadtrat erstmals öffentlich mit den Feldern, die die Verwaltung kürzlich von Bayer gekauft hat, und fasste in der Sitzung am Montag einen Grundsatzbeschluss: Ein Gewerbegebiet (sieben Hektar) soll im nördlichen Rheindorf entstehen. Die Stadtverwaltung soll aktiv werden „zur Aufnahme weiterer Gespräche mit der Stadt Langenfeld zur potenziellen Entwicklung eines interkommunalen Gewerbegebiets“, so der Beschluss. Die Verwaltung soll Vorplanungen, Studien „zur Entwicklung der Fläche“ einleiten.
Problem: Kanal unter der Autobahn, der Wupper oder der Eisenbahn
Dazu muss man wissen, dass das Rheindorfer Land schon seit Jahrzehnten im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet eingetragen ist. Nur „entwickelt“, so nennen Investoren den Umwandlungsprozess von Grünland in Gewerbe, hat man es nie: Der Hauptgrund ist der fehlende Abwasserkanal. Man müsste die extrem langen Rohre und Leitungen entweder bis nach Opladen oder bis nach Rheindorf, alternativ bis zum Sammler an der Wupper verlegen.
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Alle drei Möglichkeiten sind schlecht, eigentlich kaum machbar: Der Kanal müsste entweder die Autobahn im Osten, der Eisenbahn im Westen oder die Wupper im Süden unterqueren. Das sind drei potenziell extrem teure Baustellen. Deshalb will man sich in der Sache nochmal mit Langenfeld zusammenschalten, die könnten dann das Abwasser der Leverkusener Betriebe übernehmen und an der Stadtgrenze auch Wiesen und Felder „entwickeln“. Ein Gespräch über ein solches interkommunales Gewerbegebiet jedenfalls hat es laut der jetzt vorliegenden Ratsunterlage zwischen führenden Mitarbeitern beider Verwaltungen schon Ende September 2022 gegeben.
In Langenfeld kein öffentliches Thema
Langenfelder Bürger wissen bisher nichts von diesen Gesprächen und dem Vorhaben. Ein Langenfelder Stadtsprecher beeilt sich, zu sagen, dass es in der Nachbarstadt bisher keine entsprechenden Beschlüsse gebe, auch nicht, wie groß das Gebiet in Langenfeld werden könnte: Das sei bisher kein Thema in der Stadt, man vermarkte gerade andere Gewerbeflächen. Große Stücke der Stadt Langenfeld sind mit Gewerbebetrieben bebaut. Langenfeld war (mit Monheim) eine der Städte, die schon früh andere Kommunen mit einer extrem niedrigen Gewerbesteuer unterboten: inzwischen liegt Leverkusen noch darunter.

Solinger Straße: Stichproben lieferten 2019 keine archäologischen Sensationen, die das Projekt gefährdet hätten.
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Im Leverkusener Rat wurde über die Sache heftig diskutiert: Ratsherr Markus Pott (Opladen Plus) bemerkte, anstatt frisches Land zu verbrauchen, solle man erstmal gebrauchtes Land verwerten: etwa das Opladener Gleisdreieck. Benedikt Rees (Klimaliste) sagte, der Plan sei rückwärtsgewandt, Klimaschutz und -anpassung spielten keine Rolle. Dem stimmte Keneth Dietrich von Die Linke zu; auch die Bürgerliste lehnt den Plan ab. Tatsächlich liegt das Gebiet genauso wie der in der Frischluftschneise für Rheindorf Nord.
Befürworter CDU, FDP, SPD und Grüne waren sich in der Zustimmung einig, die Grüne Roswitha Arnold rechtfertigte sich so: Geplant sei dort ein zeitgemäßes Gewerbegebiet.
Die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft des Landes scheiterte übrigens genauso wie der Bau einer neuen Feuerwache an der Geruchsbelästigung. Dieser Betrieb sollte sich also schonmal Sorgen um seine Existenz machen, wenn das Gewerbegebiet real wird.