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Kritik der RechnungsprüferKölner Stadtrat soll ohne Beratung mehrere Millionen Euro freigeben

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Eine Sitzung des Rates der Stadt Köln im Ratssaal

Eine Sitzung des Rates der Stadt Köln im Ratssaal

Weil die Verwaltung eine ganze Reihe von Vorlagen sehr kurzfristig fertigstellte, fehlten den Prüfern wichtige Unterlagen.

Die Stadt Köln will in der Ratssitzung am kommenden Donnerstag (3. Juli) eine ganze Reihe an Beschlüssen einholen, bei denen das Rechnungsprüfungsamt (RPA) sich aufgrund der Kurzfristigkeit nicht dazu in der Lage sah, die Vorgänge genauer zu untersuchen und seinen Auftrag zu erfüllen, die Politik zu beraten. Die Ratsmitglieder sollen also letzten Endes über Millionenbeträge entscheiden, ohne ausreichend darüber informiert zu sein.

Stadt Köln plant eine europaweite Ausschreibung für 600.000 Euro

Das wohl prominenteste Beispiel stammt aus dem Kulturdezernat unter Leitung von Stefan Charles. Ein externes Unternehmen soll für die Stadt den technischen Gebäudebetrieb für das Museum Ludwig und die Philharmonie übernehmen. Der Stadtrat soll eine europaweite Ausschreibung beschließen, die 600.000 Euro kosten soll. 

Das Kulturdezernat argumentiert, dass sich die technischen Anlagen des Gebäudekomplexes in einem schlechten Zustand befinden. Aufwendige Instandhaltungsprojekte, die notwendig sind, um die Gebäude bis zu einer Generalsanierung betriebsfähig zu halten, könne das vorhandene Personal jedoch nicht sicherstellen. „Diese Beschreibung wird jedoch nicht durch eine Bedarfsplanung untermauert“, schreiben die Rechnungsprüfer. Die Bedarfsplanung definiert üblicherweise die genauen Projektziele und beschreibt, was gemacht werden soll. 

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Die in der Beschlussvorlage genannten Kosten würden außerdem nicht durch eine dokumentierte Kostenermittlung belegt. Es seien lediglich Pauschalen für Eigenkosten der Gebäudewirtschaft sowie begleitende Kosten für die Bestands- und Datenerfassung sowie Gutachten benannt worden. „Die Höhe der Kosten kann nicht nachvollzogen werden, da die Grundlagen nicht bekannt sind“, sagt das RPA. Deshalb lasse sich „keine Aussage zur Belastbarkeit der eingereichten Kosten“ tätigen.

Das Baudezernat unter Leitung von Markus Greitemann will für die katholische Grundschule an der Horststraße in Mülheim eine neue Turnhalle und eine Mensa bauen. Der Modulbau soll grob geschätzt 25,6 Millionen Euro kosten. Nicht darin enthalten sind die Kosten für den Abbruch der alten Turnhalle. Der Stadtrat soll nun einen Planungs- und einen Baubeschluss fassen.

Amt kann Verpflichtung zur Beratung der Kölner Politik nicht nachkommen

Das Rechnungsprüfungsamt merkt dazu an, dass für einen Baubeschluss üblicherweise eine Kostenberechnung vorliegen muss. Tatsächlich handele es sich bei den 25,6 Millionen Euro jedoch lediglich um einen groben Kostenrahmen. Das RPA empfiehlt der Politik daher, zunächst nur einen Planungsbeschluss zu fassen und nach Abschluss der Architektenplanung auf Grundlage der dann vorliegenden Kostenberechnung einen Baubeschluss zu fassen. 

„Aufgrund des Wunsches der Verwaltung, die Beschlussvorlage kurzfristig in die politischen Gremien einzubringen, konnten weitere Unterlagen nicht mehr angefragt beziehungsweise von der Fachdienststelle zur Verfügung gestellt werden“, schreibt das RPA. Eine Prüfung der Vorlage und Stellungnahme durch das Rechnungsprüfungsamt sei vor diesem Hintergrund nur eingeschränkt möglich. „Das Rechnungsprüfungsamt kann insoweit seiner Verpflichtung zur Beratung der Politik nicht nachkommen.“

Kölner Gebäudewirtschaft begründet Risikozuschlag von 25 Prozent nicht

Ähnlich verhält es sich beim Beschluss für die Planung der Generalinstandsetzung sowie Teilsanierung der Gemeinschaftsgrundschule Brüder Grimm in Rodenkirchen. Der Stadtrat soll dafür 315.000 Euro freigeben. Auch hier sah sich das RPA aufgrund der kurzfristig vom Baudezernat eingebrachten Vorlage nicht in der Lage, die Politik zu beraten, weil sich fehlende Unterlagen nicht mehr rechtzeitig beschaffen ließen.

Weitere 370.000 Euro will das Baudezernat für Planung der Errichtung eines zweiten Rettungsweges und die energetische Generalinstandsetzung der Grundschule im Süden in Immendorf haben. Das RPA schätzt die ihm von der städtischen Gebäudewirtschaft vorgelegten Unterlagen zwar im Wesentlichen als plausibel ein. Aufgrund pauschaler Ansätze und fehlender Mengenermittlungen ließen sich diese jedoch nicht im Detail nachvollziehen. Der eingerechnete Risikozuschlag in Höhe von 25 Prozent sei zudem weder beschrieben noch begründet worden, urteilt das RPA.

Ein weiteres Beispiel ist der Baubeschluss für die Dach- und Fassadensanierung inklusive Photovoltaikanlage und Begrünung am Heinrich-Mann-Gymnasium in Chorweiler. Die Dachsanierung soll 3,7 Millionen Euro kosten, die Fenster- und Fassadensanierung fünf bis neun Millionen Euro. Abgewickelt wird das Projekt über die Kölner Schulbaugesellschaft, die ebenfalls dem Baudezernenten untersteht.

Kölner Schulbaugesellschaft räumt Prüfern nur einen einzigen Tag ein

Diese Vorlage ging beim Rechnungsprüfungsamt mit Vorlauf von nur einem Tag ein. „Eine Prüfung der Vorlage und Stellungnahme durch das Rechnungsprüfungsamt ist innerhalb eines Tages nicht möglich. Das Rechnungsprüfungsamt kann insoweit seiner Verpflichtung zur Beratung der Politik nicht nachkommen“, schreibt das RPA.

Das Baudezernat verweist in allen Fällen darauf, dass die Entscheidungen dringlich seien und begründet die Kurzfristigkeit wahlweise mit „Verzögerungen im Mitzeichnungsverfahren“ beziehungsweise mit einem „intensiven Abstimmungsbedarf“ oder einem „internen Abstimmungsbedarf“.

Jörg Detjen (Linke), Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses, kritisiert den Umgang der Stadtverwaltung mit den Prüfern. „Wir entfernen uns immer weiter vom Grundsatz ‚Erst planen, dann bauen‘“, sagt er. Die aktuellen Kostensteigerungen bei Schulbauten und bei der Sanierung der Mülheimer Brücke sollte Stadtverwaltung und Politik seiner Ansicht nach nachdenklich und besonnener machen. „Ich muss jedoch das Gegenteil feststellen“, sagt Detjen. „Augen zu und durch“ sei kein transparenter und sorgsamer Umgang mit Steuergeldern.