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180-Grad-WendeKölner Stadtrat will Spielplätze nun wohl doch nicht umbenennen

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Ein Schild mit der Aufschrift Spielplatz ist auf dem Kinderspielplatz Münstereifeler

Ein Schild mit der Aufschrift „Spielplatz “auf dem Kinderspielplatz Münstereifeler Straße.

Die Entscheidung soll nach Willen von Oberbürgermeisterin Henriette Reker am 4. September noch vor der Kommunalwahl getroffen werden.

In der Posse um die Frage, ob in Köln Spielplätze künftig noch Spielplätze heißen oder es auf neuen Schildern künftig „Spiel- und Aktionsfläche“ heißen wird, hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Notbremse gezogen. Jetzt muss der Stadtrat in der Sitzung am 4. September darüber entscheiden, ob die Umbenennung, die der Jugendhilfeausschuss des Stadtrats im Jahr 2023 einstimmig beschlossen hatte, auch tatsächlich erfolgen soll. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Wie begründet die Oberbürgermeisterin das?

„Ich persönlich finde die Bezeichnung Spielplatz klar und verständlich und habe angesichts der Herausforderungen, vor denen Köln steht, kein Verständnis dafür, dass sich die Verwaltung mit der Neugestaltung von Spielplatzschildern beschäftigt“, sagte Reker. Der Antrag von CDU und Grünen, den der Jugendhilfeausschuss im Jahr 2023 einstimmig (also ohne Gegenstimmen und Enthaltungen) beschlossen hat, betreffe das Austauschen von rund 2000 Schildern auf mehr als 700 Spielplätzen, so Reker. Sie danke „insbesondere den Kindern und Jugendlichen, die sich so engagiert beteiligt haben. Die Tragweite dieser Änderung wurde jedoch allem Anschein nach nicht in ausreichendem Maße erkannt. Eine solche grundsätzliche Umbenennung ist kein einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung und sollte daher vom Rat entschieden werden.“ Da der Auftrag und der Wunsch für eine neue Bezeichnung von Spielplätzen explizit aus der Kölner Politik gekommen sei, solle die Politik nun auch über das Ergebnis entscheiden.

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Wie geht’s weiter?

Sollte es im Stadtrat eine Mehrheit für das neue Schild geben, werden die alten Schilder ersetzt, wenn sie erneuerungsbedürftig sind oder Sanierungsarbeiten anstehen. Bei neuen Anlagen werden sie sofort aufgestellt.

Wie werden sich die Fraktionen verhalten?

Legt man die politischen Äußerungen zugrunde, dürften CDU und SPD eine 180-Grad-Wende einlegen und der persönlichen Hlatung der Oberbürgermeisterin folgen. Und auch die Grünen haben am Mittwoch mitgeteilt, dass die Bezeichnung „unglücklich sein mag und überprüft gehört“. Das neue Schild dürfte somit im Stadtrat nicht mehrheitsfähig sein. So ist es kaum vorstellbar, dass die CDU-Fraktion wenige Tage vor der Kommunalwahl ihrem OB-Kandidaten Markus Greitemann in den Rücken fällt. Der Baudezernent hatte die Schilder-Posse als „ein Beispiel für fehlendes Gespür für Prioritäten in unserer Stadt“ bezeichnet und somit indirekt auch Kritik an der CDU-Fraktion geübt. Aus Sicht von FDP-Fraktionschef und OB-Kandidat Volker Görzel ist es unverantwortlich, dass „die Finanzierung der ganzen Posse noch auf Kosten von Jugendeinrichtungen stattfindet“. Gleichwohl hatte auch die FDP im Jugendhilfeausschuss dem Antrag von CDU und Grünen und somit auch genau dieser Finanzierung zugestimmt.

Wer genau hat die Stadtverwaltung damit beauftragt, ein neues Schild für die Spielplätze zu entwerfen?

Die Politik. CDU und Grüne hatten am 26. September 2023 im Jugendhilfeausschuss gemeinsam einen Dringlichkeitsantrag dazu gestellt. Darin heißt es, dass die oftmals veralteten Schilder auf den Spielplätzen in Köln suggerieren würden, dass es sich lediglich um „Kinderspielplätze“ handele, die nicht von Jugendlichen genutzt werden dürfen. Und weiter: „Die Verwaltung wird beauftragt, mit Kindern und Jugendlichen gemeinsam ein neues Spielplatzschild zu entwickeln und zu realisieren. Für diesen partizipativen Prozess werden 38.000 Euro zur Verfügung gestellt.“ Und sogar der städtische Haushalt wurde über einen politischen Veränderungsnachweis angepasst, um die Finanzierung sicherzustellen. Das heißt, das Geld musste an anderer Stelle eingespart werden. Unterzeichnet ist der Dringlichkeitsantrag von CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz und Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer. CDU-Ratspolitiker Helge Schlieben stellte ausweislich des Protokolls in der Ausschusssitzung klar, dass der partizipative Gedanke sowie der Prozess, gemäß dem die Jugendlichen mit einbezogen werden, im Vordergrund stehen. Der Ausschuss beschloss den Antrag einstimmig, das heißt mit den Stimmen von Grünen, CDU, SPD, FDP, Linke sowie des AWO-Kreisverbands Köln, des BDKJ Erzdiözese Köln, des Caritasverbands Köln und der Kreisgruppe Köln von Der Paritätische NRW.

Wie äußert sich die CDU aktuell zu dem Vorgang?

Die CDU urteilte am Mittwoch hart über den eigenen Antrag aus dem Jahr 2023 und veröffentlichte bei Facebook folgende Stellungnahme: „Für uns als CDU Köln ist klar: Spielplätze sind zum Spielen da – und nicht, um sinnlose Diskussionen über Beschilderung zu starten.“ Die Aktion sei ein Beispiel für fehlendes Gespür für Prioritäten in Köln. Kein Wort davon, dass es die CDU selbst war, die vor zwei Jahren ein neues Spielplatzschild in Auftrag gegeben hatte. CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz, der den Dringlichkeitsantrag 2023 persönlich unterzeichnet hatte, schiebt die Verantwortung auf die Stadtverwaltung, die den von ihm selbst eingebrachten politischen Auftrag umgesetzt hatte. „Das neue Spielplatzschild ist ein echter Schildbürgerstreich des Jugenddezernenten Robert Voigtsberger (SPD)“, lässt sich Kienitz in einer Pressemitteilung zitieren. Kienitz verwies auf Nachfrage darauf, dass es definitiv nicht darum gegangen sei, den Begriff „Spielplatz“ flächendeckend abzuschaffen. „Wir kritisieren das, was die Verwaltung aus dem Antrag gemacht hat, denn das ist absolut nicht tragbar und völlig fehlgeleitet“, sagt Kienitz.

Hat die Stadt Köln die neuen Schilder bereits produzieren lassen?

Nein, laut einer Stadtsprecherin existiert bislang keines der neuen Schilder mit der Aufschrift „Spiel- und Aktionsfläche“. Die Stadtverwaltung wollte diese erst ab dem Herbst nach der Kommunalwahl produzieren lassen und sie nach und nach bei der Sanierung vorhandener Spielplätze austauschen oder auf völlig neu gebauten Spielplätzen aufstellen.

Was kostet das Austauschen eines Schildes?

In dem konkreten Fall lässt sich das noch nicht sagen. Die Schilder für das Modellprojekt „Offene Schulhöfe“, das die Stadt im Januar wegen fehlender Gelder gestoppt hatte, schlugen mit 800 Euro pro Stück zu Buche. Weil die neuen Schilder für die Spielplätze nur gegen ein unleserliches oder kaputtes ausgetauscht werden, verursachen sie zumindest keine zusätzlichen Kosten.