UrteilWarum die Richter einen Leverkusener nicht für einen Vergewaltiger halten

Lesezeit 3 Minuten
Stühle und Tische im Kölner Landgericht.

Die Aussage der Ex-Freundin reichte der 13. Großen Strafkammer nicht. Der heute 32 Jahre alte Manforter wurde freigesprochen.

Es gab nur die Aussage des Opfers, sonst nichts. Das reichte der Strafkammer am Ende nicht für eine Verurteilung des Manforters.

„Wir sind nicht überzeugt.“ Ausführlich legte Benjamin Roellenbleck am Donnerstagnachmittag dar, warum ein heute 32 Jahre alter Mann aus Manfort nicht wegen Vergewaltigung und Körperverletzung verurteilt wird – sondern freigesprochen. Der Vorsitzende Richter der 13. Großen Strafkammer stellte nach fünf Tagen Beweisaufnahme fest: „Wir sind ganz anders in die Hauptverhandlung reingegangen, als wir rausgehen.“

Sehr unterschiedliche Aussagen

Dass am Anfang ziemlich klar schien, dass der Angeklagte seine damalige Freundin kurz vor Weihnachten 2019 im Bad seiner Wohnung in Manfort zum Geschlechtsverkehr in einer Form zwang, die sie nicht wollte, erschien auch deshalb wahr, weil eine Psychologin das Opfer begutachtet und die Aussage der jungen Frau als glaubhaft bezeichnet hatte. Ihre „Lügenkompetenz“ sei nicht sonderlich groß; sie habe auch keinen Grund, den damaligen Freund anzuschwärzen.

Am letzten Tag der Beweisaufnahme vor knapp einer Woche allerdings hatte Richter Roellenbleck so viel gehört, dass er seinen Zweifeln am Gutachten deutlich Luft machte. Die Aussagen der jungen Frau seien oft „beliebig“, das zeige der Vergleich. Immerhin hatte sie ihren Freund zwei Mal angezeigt: Die erste zog sie zurück, eine zweite erfolgte ein halbes Jahr später, offenbar auf Druck ihrer Mutter. Vor Gericht gab es dann noch eine weitere Variante.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

Nicht gut war zudem, dass im Protokoll ihrer zweiten Aussage bei der Polizei nur allgemein von einer „Vergewaltigung“ die Rede gewesen war, von der genauen Sexualpraktik stand da nichts. Die Erklärung der jungen Frau, die – wie auch der unter anderem alkoholkranke Beschuldigte – große psychische Probleme hatte und hat, sie habe sich die Aussage „vielleicht nicht ordentlich durchgelesen“, habe ihn einfach nicht überzeugt, so der Richter.    

Kein Eintrag auf der „Trauma-Landkarte“

Auch, dass es in der Verhandlung hier und da Ergänzungen in der Beschreibung von Geschehnissen gab, die mittlerweile vier Jahre zurück liegen, habe ihm ein mulmiges Gefühl gemacht, so Roellenbleck: „Das sind so Alarmsignale.“ Besonders gravierend fand er, dass die junge Frau erst vor Gericht anführte, dass sie seit der Tat im Badezimmer unter permanenten Blutungen leide. Eine solche Nachwirkung hätte man doch sicher vorher schon erwähnt. 

Weitere Zweifel säte, dass die junge Frau die Vergewaltigung nicht auf der „Trauma-Landkarte“ vermerkt hatte, die sie bei ihrem Psychologen anfertigen musste. Auch andere Gewaltakte, wie Würgen und mindestens ein Flaschenwurf, die ebenfalls ihren Weg in die Anklageschrift gefunden hatten, kamen nicht vor. 

Roellenbleck verwies mehrmals darauf, wie zentral die Aussage des Opfers im Prozess gewesen sei. „Man hat sonst nichts in der Hand.“ Genau deshalb sei es so wichtig gewesen, deren Glaubhaftigkeit zu untersuchen. Das Ergebnis für ihn und die Kammer: „Man weiß nicht, was man glauben soll.“ So blieb ihm nichts anderes als ein Freispruch für den nun 32 Jahre alten Mann. Der will, wie er sagte, noch einmal versuchen, von seiner Alkoholsucht loszukommen und dann Fuß zu fassen in einem geregelten Leben. Eine Freundin habe er nicht – derzeit sei seine Hündin sein Ein und Alles.

KStA abonnieren