StrukturwandelFrechener Zukunftsprojekt ist Vergangenheit

Lesezeit 4 Minuten
Das Foto zeigt das Gebiet, in dem die Handwerkstadt entstehen sollte.

Zwischen Düren und Frechener Straße sowie den Bahngleisen sollte die Handwerkstadt Frechen entstehen. Die Pläne werden nun ad acta gelegt.

Ein Handwerkerhof und ein Innovationszentrum waren seit 2019 in Grefrath geplant. Die Stadt findet keine neuen Partner.

„Wir beenden den Prozess, potenzielle Partner sind nicht in Sicht, auch wenn es toll wäre.“ Mit knappen Worten kommentiert Frechens Bürgermeisterin Susanne Stupp (CDU) das Ende eines hoffnungsvollen Zukunftsprojektes für den Strukturwandel in Frechen: Unter dem Titel „HANDwerkSTADT Frechen 4.0“ gab es seit 2019 Planungen für einen Handwerkerhof und ein Innovationszentrum, die auf einem ein Hektar großen Gelände der RWE-Hauptwerkstatt in Grefrath entstehen sollten. Die Stadt habe von der Kreishandwerkerschaft Rhein-Erft eine Anfrage nach einer Fläche für ein solches Vorhaben erhalten, so die Verwaltung damals.

Keine Möglichkeit, die Handwerkstadt Frechen weiterzuentwickeln

Dafür hatte die Stadt Frechen Fördermittel des Landes NRW beantragt und neben 20 weiteren Projekten den „ersten Stern“ der Zukunftsagentur Rheinisches Revier erhalten, es war damit in die engere Auswahl unter den eingereichten Vorschlägen gekommen.

Bürgermeisterin Susanne Stupp (CDU) sprach damals von einem „wichtigen Meilenstein“. Es zeige, dass die Stadt Frechen ein aussichtsreiches Projekt zur Bewältigung des Strukturwandels auf den Weg gebracht habe. Nun heißt es aber: „Die Verwaltung sieht aktuell keine Möglichkeit, die Projektskizze Handwerkstadt Frechen weiterzuentwickeln und das Projekt tatsächlich umzusetzen.“ Konsequenz ist, dass nun voraussichtlich bis Ende des Jahres 2023 der Förderantrag im Starterpaket Kernrevier zurückgezogen wird.

Alles zum Thema RWE

Frechens Bürgermeisterin Susanne Stupp lächelt in Richtung der Kamera.

Frechens Bürgermeisterin Susanne Stupp wünscht sich eine dritte Amtszeit, um weiterhin ihre Heimatstadt zu vertreten und voranzubringen.

Gründer- und Bildungscampus soll 14 Millionen Euro kosten

Grund für das jetzige Ende sei auch, dass die Kreishandwerkerschaft nun ihre Ressourcen in Erftstadt bündele, so Stupp. Im Januar gab es dort den Spatenstich für ein Gründer- und Bildungscampus für junge Handwerker im Wirtschaftspark Lechenich. Das Projekt dort auf fast 17000 Quadratmetern soll rund 14 Millionen Euro kosten.

Auch der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Peter Ropertz, bestätigt das Aus für die Pläne mit der Stadt Frechen: „Die damalige Entscheidung für Erftstadt war unter anderem darin begründet, dass Erftstadt die zeitliche Perspektive am besten abbilden konnte. Da die personellen und finanziellen Kapazitäten einer Kreishandwerkerschaft gegenüber denen einer Stadt deutlich begrenzt sind, können wir nicht zwei Projekte parallel durchführen.“ Dennoch sehe er weitere Gewerbeflächen für das Handwerk als dringend notwendig an.

Gewerbeflächen stehen in Frechen nicht zur Verfügung

Mit Bestürzung reagiert die Interessenvereinigung Frechener Unternehmen (IFU) auf das Aus der lange gehegten Pläne: „Die IFU bedauert es sehr, wenn der angedachte Handwerkerhof auf dem RWE Gelände tatsächlich und endgültig nicht zustande kommt. Die Überlegungen für die Errichtung des Handwerkerhofes in Erftstadt waren für die IFU bereits erste, sehr ernste Signale zu Lasten eines Standortes Frechen. Wir hätten uns hier ein deutliches Engagement auch seitens der Politik für den Standort Frechen gewünscht“, klagt der IFU-Vorsitzende, Prof. Dr. Jürgen Höser.

Und fragt weiter: „Wo soll sich ein Handwerksbetrieb hier im Stadtgebiet ansiedeln oder expandieren? Denn Gewerbeflächen stehen faktisch nicht zur Verfügung. Aber gerade junge, innovative Handwerksbetriebe bilden die Bausteine für eine zukünftige ortsnahe Versorgung.“

Auf dem Foto ist Prof. Dr. Jürgen Höser von der Interessenvereinigung Frechener Unternehmen zu sehen.

Prof. Dr. Jürgen Höser (IFU) hätte sich mehr Engagement der Frechener Politik gewünscht.

Auch die Fraktionen reagierten enttäuscht. „Es macht mich fassungslos, dass wir diese Hängepartie jetzt mit diesem Ergebnis beenden, in Erftstadt geht es doch auch“, kommentierte Dieter Zander von der Perspektive Frechen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans Günter Eilenberger sieht es ähnlich: „Das ist sehr bedauerlich, wir müssen uns nun Sorgen machen, dass wir für die Zukunft nicht ins Hintertreffen geraten.“

Auch Thomas Okos (CDU) sprach von Bedauern, aber man müsse nun nach vorne schauen und andere Projekte planen. Klar formulierte Peter Singer von der Fraktion Die Linke den Auftrag für die Zukunft: „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Vielleicht gibt es nun Kapazitäten für Neues, die Zeit läuft uns davon.“

Wir fragen uns, ob der ehemalige Bürgermeister Hans-Willi Meier sich damit zufrieden gegeben hätte
Bernhard von Rothkirch

Der FDP-Fraktionsvorsitzende, Bernhard von Rothkirch, zeigt sich ebenso enttäuscht: „Wir bedauern das Scheitern der Handwerkerstadt und dass es nicht gelungen ist, die Kreishandwerkerschaft ins Boot zu holen. Dabei fragen wir uns, ob der ehemalige Bürgermeister Hans-Willi Meier sich damit zufrieden gegeben hätte.“

Klare Worte findet auch Birgit Vonester, Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen: „Wir finden es sehr bedauerlich, dass ein Projekt wie der Handwerkerhof jetzt nur nach Erftstadt geht, zumal die Kreishandwerkerschaft ihren Sitz in Frechen hat. Es war das einzige Strukturwandelprojekt, mit dem Frechen sich bislang um Fördergelder beworben hat. Insgesamt gehen die Bemühungen, sich dem Strukturwandel in Frechen zu stellen, nicht wirklich voran.“ Vonester bemängelt auch, dass die ausgeschriebene Stelle des Strukturwandelmanagers noch nicht besetzt worden sei.

Frechen sucht vergeblich einen Strukturwandel-Manager

Auch dazu hat die Verwaltung keine guten Neuigkeiten: „Die bisherigen Bewerbungsgespräche für beide ausgeschriebenen Stellen waren auch nach gut einem Jahr nicht erfolgreich. Dies lag zum einen an der ohnehin schwierigen Bewerberlage und auch an oftmals kurzfristigen Absagen von erfolgreich erscheinenden Bewerbern für eine andere auswärtige Stelle“, heißt es dazu aus der Verwaltung. Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat nun die Stornierung des Förderantrages der Stadt für die Strukturwandel-Manager nach einem Jahr ohne Mittelabruf angekündigt.

Laut BAFA sei es möglich, einen neuen Antrag mit zu stellen, es sei jedoch mit längeren Bearbeitungszeiten bis zu neun Monaten zu rechnen. „Sofern das BAFA den Antrag zurückstellt, werden die beiden Stellenausschreibungen zurückgezogen“ heißt es aus der Verwaltung, „die Bewerberlage sowie die neuen geplanten Fördermittelstrukturen sollen beobachtet werden, um die Chancen einer neuen Antragsstellung besser einschätzen zu können“.

KStA abonnieren