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TechnikzentrumMillionenbetrug bei RWE Power

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Alle drei Angeklagten arbeiteten in der früheren Hauptwerkstatt HW-Grefrath in Frechen (heute Technikzentrum) in leitenden Funktionen.

Frechen – Vor Gericht standen am Donnerstag drei ehemalige Mitarbeiter, die in der Zeit zwischen 1997 und 2004 durch die Vergabe von Aufträgen 1,7 Millionen Euro an Schmiergeld eingesteckt haben sollen. Dafür richteten sie Konten in der Schweiz ein oder kassierten das Geld in bar. Zwei der Männer waren bereits zu Bewährungsstrafen verurteilt worden und mussten als Zeugen gegen ihren ehemaligen Kollegen aussagen. Letzterer ist gestern zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Die Masche war simpel. Alle drei Männer arbeiteten in der früheren Hauptwerkstatt HW-Grefrath in Frechen (heute Technikzentrum) in leitenden Funktionen. Dabei nahmen sie laut Anklage entscheidenden Einfluss auf die Auftragsvergabe an zwei Unternehmen in der Schweiz und eine Firma aus Deutschland. Über die beiden Schweizer Firmen wurden Fremdarbeiter vermittelt und Instandhaltungsarbeiten durchgeführt. Als Gegenleistung für die zugeschusterten Aufträge kassierten das Trio Schmiergeld.

Bis 2001 flossen die „Provisionen“ auf ihre Konten. Dann wollten die Männer aus Frechen, Kerpen und Bedburg die Zahlungen in bar haben, um die Geldflüsse besser zu verschleiern. Mit dem Geschäftsführer der beiden Schweizer Firmen sowie mit einem Mitarbeiter eines Kranunternehmens vereinbarten sie schließlich die Erstellung von Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen, sogenannte Scheinrechnungen. Diese zeichneten die Männer ab, sodass Rheinbraun diese bezahlte. Das Geld teilten die Mitarbeiter auf.

Taten eingeräumt

Aufgrund der Verjährungsfrist konnten die Angeschuldigten strafrechtlich nur für die Taten ab 2001 belangt werden. In einem ersten Verfahren waren zwei der Angeklagten bereits wegen Betrugs, Untreue und Steuerhinterziehung zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Sie hatten die Taten eingeräumt und sich mit dem damaligen Arbeitgeber Rheinbraun über eine Rückzahlung geeinigt. Beide waren gestern als Zeugen geladen. Der Dritte aus dem Trio hatte in dem ersten Verfahren zwar auch den Empfang der Schmiergelder eingeräumt, aber nur bis zu seinem Ausscheiden im März 2001. Aufgrund der Verjährungsfrist sei er nur für wenige Taten zu bestrafen, so der Rechtsanwalt Dirk Graf. Im Zeugenstand stand den beiden heute 61- und 62-Jährigen ehemaligen Arbeitskollegen der Schweiß auf der Stirn. Zwar sind sie bereits verurteilt, aber sie hatten offenbar Angst, dass noch mehr über die Betrügereien vor der Verjährungsfrist herauskommen könnte. Denn im Zuschauerraum lauschten drei Mitarbeiter der Steuerfahndung. Steuerdelikte verjähren später. Außerdem blieb zu vermuten, dass die beiden Verurteilten beim Aufteilen des Geldes den gestern Angeklagten schon mal „vergessen“ hatten.

Das Gericht und der Staatsanwalt gaben sich mit den Aussagen der Zeugen lange Zeit nicht zufrieden. „Sie eiern hier ganz schön herum“, sagte der Staatsanwalt. Auch dem Richter platzte irgendwann der Kragen: „Sie vergessen immer alles, wenn es ernst wird.“ Beide Zeugen wirkten sehr unglaubwürdig. So berichteten sie im Detail, wie die Umschläge mit Bargeld im Büro übergeben wurden, konnten sich aber nicht mehr an die Höhe des Betrages erinnern.

Finanzieller Ruin

Am Ende konnte dem Angeklagten nur die Annahme von Schmiergeld in Höhe von 47 500 Euro nachgewiesen werden, die er im Jahr 2001 kassiert hatte. Empfindlicher trafen die drei ehemaligen Braunköhler die Forderungen der Finanzämter. Denn auch Schmiergeld unterliegt der Einkommenssteuerpflicht. Steuernachzahlungen von mehreren Hunderttausend Euro haben jeden der drei Männer in den finanziellen Ruin getrieben. Ans Licht kam der Fall, nachdem der Schweizer in Geldnöte geriet, zunächst den den Kopf des Trios erpresste, und dann vor Gericht von den Schmiergeldzahlungen an die Rheinbraun-Mitarbeiter erzählte.