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Geburtstag von Klaus LennartzPolitik bedeutet ihm alles

Lesezeit 4 Minuten

Der Hürther Klaus Lennartz ist 70 Jahre alt geworden und blickt stolz auf seine Karriere zurück. Als Landrat hätte er nie so viel erreichen können, ist er heute sicher.

Hürth – Klaus Lennartz sitzt am Esstisch seines großen Hauses und studiert sein iPad, das seit Langem schon sein ständiger Begleiter ist, neben ihm ein Stapel Akten. Am Morgen hat er sich noch die Klagen einer verärgerten Hürther Geschäftsfrau über einen falsch gesetzten Laternenmast angehört, jetzt beschäftigt ihn sein Kalender mit den Terminen für den nächsten Tag in Berlin. 70 Jahre ist der bekannte Hürther SPD-Politiker am Rosenmontag geworden, ein runder Geburtstag, den er abseits vom Karnevalstrubel mit seiner Frau in den österreichischen Alpen verbracht hat.

„Es geht mir hervorragend“, antwortet der hochgewachsene Mann auf die Frage nach seinem Befinden. Dreimal in der Woche joggt er zwischen 50 und 90 Minuten, und die tägliche Lektüre von Zeitungen und Büchern in aller Herrgottsfrühe („Ich brauche nur fünf Stunden Schlaf“) hält ihn geistig fit.

Ehemaliger Landrat des Erftkreises, 22 Jahre Bundestagsabgeordneter, Ehrenvorsitzender der SPD, Ehrenringträger des Kreises und der Stadt Hürth, ehemaliges Aufsichtsratsmitglied von RWE, Unternehmensberater und Lobbyist – auf Klaus Lennartz treffen all diese Bezeichnungen zu. Politik bedeute ihm alles, sagt der gelernte Kaufmann mit Nachdruck, und er lässt das „alles“ eine Weile im Raum stehen, ehe er es konkretisiert: „Es ist wunderbar, Menschen zu helfen, sich zu kümmern und zu gestalten.“

Gerade das Gestalten scheint es ihm angetan zu haben, denn noch immer sitzt der Mann, der stets überaus korrekt mit Weste, Krawatte und dunklem Anzug gekleidet ist, mehrmals im Monat frühmorgens im Flieger nach Berlin, um sich mit Menschen aus Politik und Wirtschaft zu treffen, um die zusammenzubringen, die sich seiner Meinung nach kennen müssen. Lennartz versteht sich als Mann der Wirtschaft. Gerne erzählt er von seinen Aktivitäten, beispielsweise in Sachen Energie und Medien. Er lässt wie selbstverständlich Begriffe wie „K.I.“ und „Web 2.0“ fallen, will seinem Gegenüber deutlich machen: „Ich kenne mich aus.“

„Ich bin immer ein unbequemer Mensch gewesen“, sagt er selbst, ein streitbarer, der aneckte, dazu. Seine Redebeiträge in Stadtrat und Kreistag fallen häufig lang, aber immer engagiert aus und sind bei vielen – selbst in den eigenen Reihen – gefürchtet. Einer, der des Öfteren in sein Schussfeld gerät, ist der Hürther Bürgermeister Walther Boecker, auch ein Sozialdemokrat. Nach 40 Jahren im Hürther Rat will Lennartz jetzt aber nur noch für den Kreistag antreten.

„Ich versuche, etwas ruhiger zu werden, meine Frau wäre die bessere Politikerin, sie ist verbindlicher als ich“, sagt Lennartz. Überhaupt ist Ehefrau Elke seine große Stütze, sie steht voll hinter ihm.

Sein schönstes Erlebnis? Lennartz nennt die Hungerhilfe für Nowgorod Anfang der 90er Jahre. Damals habe er „als Erster in Deutschland“ gemeinsam mit dem Malteser Hilfsdienst und dem Deutschen Roten Kreuz Hilfe für die Russen organisiert. Spenden im Millionenwert seien damals über zwei Jahre nach Russland gebracht worden. Lennartz war selbst dort, um bei der Verteilung dabei zu sein, und er habe während eines Gottesdienstes in einer orthodoxen Kirche eine kleine Rede halten dürfen. Das habe ihn menschlich zutiefst mitgenommen: „Das war für mich ein Stück Wiedergutmachung an den Menschen, die durch uns im Zweiten Weltkrieg so leiden mussten.“

Sein schlimmstes Erlebnis? Nein, Lennartz wertet auch seine Niederlage, als er von fünf Abweichlern in der SPD letztendlich als ehrenamtlicher Landrat zu Fall gebracht wurde, im Nachhinein als Glücksfall. „Das Glück zeigt sich manchmal in der Maske des Unglücks“, formuliert er. Er wäre als Landrat nie so weit über die Grenzen des Kreises hinausgekommen: „Ich berate heute zwei Weltmarktführer. Das hätte ich alles nie erreicht.“ Lennartz listet seine Erfolge auf. Die Ansiedlung des ersten Medienunternehmens in Hürth (die Magic Media Company), die Hochbegabten-Stiftung, die Ansiedlung der Medienschule – all dies seien Früchte seiner Arbeit, aber alles sei auch mit Kampf verbunden gewesen. Nicht zuletzt auch seine PR-Kampagne. An der Autobahn ließ er ein Schild aufstellen mit der Aufschrift: „Erftkreis, die Nummer 1 in Europa.“ Was so viel hieß wie: Die Nummer 1 bin ich. Klaus Lennartz.