Leerstehende Häuser in Kerpen-ManheimFlüchtlinge sollen in die Geisterstadt
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In Manheim-alt hat die Stadt sechs Einfamilienhäuser und eine Wohnung angemietet, um Flüchtlinge unterzubringen.
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Kerpen-Manheim – Asyl in einer Geisterstadt? So ganz trifft das auf Manheim-alt noch nicht zu, aber ein bisschen schon. Vor dem Umsiedlungsort stehen die Bagger, im Ort stehen Container voller Müll und all jenen Hinterlassenschaften der Manheimer, die nicht mit ins schmucke Eigenheim in Manheim-neu sollen. Das Dorf leert sich. Doch nun ziehen neue Menschen in die leerstehenden Häuser – jedenfalls auf Zeit. Die Stadt plant, in der kommenden Woche Asylbewerber und Flüchtlinge in den alten Manheimer Häusern unterzubringen, aus denen die ursprünglichen Bewohner bereits ausgezogen sind.
Der Umsiedlungsbeirat stimmte dem zu, und auch, wenn es einige kritische Stimmen aus dem Dorf gibt, ficht das den alten Bauern nicht an, der gerade noch einmal seinen Müllcontainer überprüft: „Dass Manheim umgesiedelt wird, wissen wir doch schon seit Jahrzehnten. Sollen sie doch die Menschen hier unterbringen. Das ist doch vernünftig.“
Sechs Einfamilienhäuser
Insgesamt wurden sechs Einfamilienhäuser und eine Wohnung von RWE Power angemietet, unter anderem an der Forsthausstraße. Diese Unterkünfte in Alt-Manheim seien ausschließlich für Familien reserviert, so der städtische Pressesprecher Erhard Nimtz: „Einzelpersonen können wir leichter in der Sammelunterkunft der Stadt unterbringen.“
Zurzeit beherberge die Kolpingstadt 277 Flüchtlinge, davon 122 in der Gemeinschaftsunterkunft an der Erftstraße zwischen Horrem und Sindorf. Die soll erweitert werden. Der Rat beschließt kommende Woche darüber, dort Modul-Anbauten zu errichten und weitere Container aufzustellen, um dann 200 Flüchtlingen aus den Krisengebieten ein Dach über dem Kopf geben zu können. 2012 habe das Land Kerpen 58 Flüchtlinge zugewiesen, 2013 waren es 57. „In diesem Jahr sind es bis jetzt schon 106 Flüchtlinge“, sagt Nimtz. „Wir leisten humanitäre Hilfe wie jede andere Stadt auch.“ Aus praktischen Erwägungen bieten sich die leerstehenden Häuser im alten Manheim an, andererseits gibt es kein einziges Geschäft im Ort, wie Ortsvorsteherin Lonie Lambertz berichtet. Die Kneipe hat zu, kein Bäcker, nichts. Einmal die Woche gastiere der mobile Wochenmarkt mit zwei Wagen von 14 bis 15 Uhr in dem sterbenden Dorf.
Einkaufen müssen die Flüchtlinge im gut zwei Kilometer entfernten Nachbardorf Buir. Die Busse würden regelmäßig verkehren, sagt Nimtz. Auch die Unterkunft an der Erftstraße zwischen Horrem und Sindorf liegt weit ab vom Schuss. Ständig sieht man die Menschen mit schweren Einkaufstüten von Horrem dorthinwandern. Allerdings haben Horrem und Sindorf lebendige Innenstädte, Manheim-alt dagegen ist still.
Auf jeden Fall würden die Kinder mit dem Bus in die Schulen gefahren. Eine Kindertagesstätte gebe es in Manheim-alt ja noch, sagt Nimtz: „Wir versuchen eben, die Menschen fair im Stadtgebiet zu verteilen.“
Dennoch gebe es Schwerpunkte. Von den 48 Wohnungen, in denen weitere Flüchtlinge untergebracht seien, seien die meisten in Horrem, dann folge Kerpen und dann erst der größte Stadtteil Sindorf, berichtet Nimtz weiter: „Wir richten uns da nach dem Angebot.“
Der Pressesprecher rechnet damit, dass die Zahl der Flüchtlinge weiter steigen wird. Deshalb sollen die Container noch bis zum Jahreswechsel an der Erftstraße aufgestellt werden. Auch die Modul-Anbauten sollen „relativ schnell“ bezugsfertig sein.
Dass die Flüchtlinge im ursprünglichen Manheim einmal die Mehrheit stellen werden, ist kurzfristig dennoch nicht zu erwarten. Ende September waren in Manheim-neu erst 328 Menschen angemeldet, im alten Ort noch 933.